Erfolgreich und engagiert: Das neue Geschäftsmodell junger Startups

Die Generation Y erobert mit ihren Startups die Onlinewelt. Ihr Erfolgsmodell: Umsatz machen mit Umweltbewusstsein. Während Entrepreneure vor 30 Jahren vor allem wirtschaftlich erfolgreich sein wollten, geht es den Jungunternehmern der Generation Y um vieles mehr. Mit ihren kreativen Geschäftsmodellen erobern sie derzeit den Onlinemarkt – mit großem finanziellen Erfolg. Doch den jungen Unternehmern geht es dabei nicht nur ums Geldverdienen, sie wollen mit ihren Businessmodellen die Welt verbessern.

Sie sind jung, sie sind idealistisch und sie sind erfolgreiche Unternehmer. Wohin man in Deutschland auch auf den Start-up Markt schaut, findet man Geschäftsmodelle, die sich kein geringeres Ziel gesetzt haben als die Welt zu verbessern – und damit Geld verdienen.

Gerade Online-Unternehmen begnügen sich nicht mehr damit “nur” eine kreative Businessidee zu haben, sie verfolgen gleichzeitig einen ökologischen und sozialen Ansatz. Dabei sehen die online Startups den Umweltaspekt und das soziale Engagement nicht nur als netten Nebengedanken, den man aus PR-Gründen noch vermarkten kann, er bildet die Grundlage der Geschäftsidee.

Leben aus dem Pappkarton

So verkaufen Gerald Dissen, Lionel Palm und Christian Hilse seit April 2013 Pappmöbel. “Room in a Box” haben sie ihr Unternehmen getauft und der Name ist Programm. Sie versenden über ihre Webseite tatsächlich Möbel aus umweltfreundlicher Wellpappe. Die Pappe besteht aus 85 Prozent recycelten Fasern, die wiederum zu 100% wiederverwertet werden.

Zum Room in a Box Standard-Repertoire gehören Betten, Regale, Tische und Stühle – also im Prinzip alles, was man so für eine Wohnung braucht. Der Clou dabei: Die Möbel sind nicht nur aus Pappe, sie lassen sich auch handlich wie Kartons zusammenfalten, wiegen damit kaum etwas und sind so auch sehr einfach zu transportieren. Sie halten darüber hinaus ein Gewicht von 1,5 Tonnen aus und sind angeblich auch kinderleicht zusammenzubauen.

Praktischer geht’s kaum noch: Anstatt beim nächsten Umzug die Möbel aufwändig per LKW von einem Ort zum nächsten zu karren, schickt man sein Bett-Paket dann einfach per Post an die neue Wohnungsadresse.

Diese kreative Idee kam Gerald Dissen auf einer Messe, als er in einem sehr stabilen Sessel aus Wellpappe saß und sich, ganz der Wirtschaftswissenschaftler, der er ist, dachte: “Das müssen ja unglaublich günstige Produktionskosten sein – so etwas möchte ich auch entwickeln.” Aus dieser ersten Idee wurde schließlich ein Unternehmen, das nicht nur sehr erfolgreich ist, sondern seine umweltfreundlichen Produkte mit großer Leidenschaft entwickelt.

 

Das individuellste Bio-Müsli aller Zeiten

Auch mymuesli entstand aus einer spontanen Idee. Auf einer Autofahrt hörten ein paar Studienfreunde einen Müsli-Radiospot. Schnell waren sie sich einig: Sie könnten nicht nur einen interessanteren Spot, sondern auch viel besseres Müsli produzieren.

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mymuesli2go, a tv commercial – filmed and edited on an iPhone 4 from Max Wittrock on Vimeo.

Auf der Webseite von mymuesli können User sich seit 2007 ihr ganz individuelles Müsli mischen lassen – ohne Zuckerzusätze und aus rein ökologischen Zutaten vom regionalen Biobauern. Damit hatten die Gründer das wohl individuellste Bio-Müsli aller Zeiten erfunden, wofür sie unter anderem 2007 zum Startup des Jahres gewählt wurden und den Gründerpreis der Financial Times Deutschland erhielten. Interessanterweise ist mymuesli nicht in Berlin, der Metropole aller deutschen Start-ups, ansässig, sondern in Passau. Die Gründer Hubertus Bessau, Philipp Kraiss und Max Wittrock haben sich diesen Ort ganz bewusst ausgesucht, nicht nur weil dies ihr gemeinsamer Studienort war, sondern auch, weil sie die Nähe zu den lokalen Bauern und Behörden schätzen. Mittlerweile gibt es mymuesli nicht nur online, sondern auch in Geschäften an verschiedenen Standorten in Deutschland. Neben Müsli haben die Gründer mittlerweile weitere Portale für Kaffee, Orangensaft und Tee gegründet. Mymuesli ist ein weiteres Beispiel dafür, dass ökologische Ideen von jungen Unternehmen in der Onlinewelt nicht nur gut ankommen, sondern auch wirtschaftlich sehr erfolgreich sein können.

Die Suchmaschine, die Bäume pflanzt

Während Room in a Box und mymuesli noch sehr praktische Ideen im Netz verbreiten, müssen bei Ecosia sehr gesellschaftsbewusste Nerds am Werk gewesen sein. Ecosia verbindet Technologie mit Umweltschutz und gesellschaftlichem Engagement in einer Suchmaschine. Auch bei dieser sehr ambitionierten Suchmaschine stehen Ökologie und soziales Engagement an oberster Stelle, denn mit jeder Suchanfrage über Ecosia werden Bäume gepflanzt.

Das Prinzip dahinter klingt einfach: Nutzer durchsuchen das Web mit Ecosia. Damit werden Werbeeinnahmen generiert. Diese werden dann wiederum zum größten Teil (laut Aussage des Unternehmens 80 Prozent des Gewinns) dafür genutzt, um über ihren Partner WeForest in Burkina Faso Bäume zu pflanzen. Ecosia betont dabei, dass Bäume pflanzen das erste Glied in einer Kette für positive gesellschaftliche Entwicklung ist. Ihr Projekt hilft nicht nur dabei, einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt zu erzeugen, durch die gepflanzten Bäume können auch andere Nutzpflanzen wachsen. Das hilft dabei, die Luft zu filtern, weniger Krankheiten werden verbreitet und es kann mehr und gesündere Nahrung produziert werden. All diese Faktoren tragen letztendlich dazu bei, dass die Menschen in Burkina Faso bessere Einnahmequellen bekommen und es sich auch leisten können, ihre Kinder zur Schule zu schicken.

Ecosias Suchergebnisse werden mittlerweile vorwiegend über Bing generiert, Nutzer können sich aber auch Google-Ergebnisse anzeigen lassen. Neben der eigentlichen Suchmaschine kann man Ecosia auch als Add-on für Firefox oder Chrome hinzufügen. Jede Suchanfrage generiert dabei im Schnitt eine Spende von 0,4 Cent (Stand: September 2014). Als User bekommt man dabei auch gleich mit jeder Suchanfrage angezeigt, wie viele Bäume durch die eigene Nutzung von Ecosia gepflanzt wurden.

Ecosia wurde 2009 zur Klimakonferenz in Kopenhagen von Christian Kroll ins Leben gerufen. Nach einer Weltreise war Kroll bewusst geworden, wie stark unser Planet bedroht ist, und beschloss daher, seine Idee einer ökologisch bewussten Suchmaschine endlich in die Tat umzusetzen. Seitdem hat Ecosia dazu beigetragen, über 3 Millionen Bäume zu pflanzen. Erklärtes Ziel ist es, bis 2020 die 1 Milliarden-Grenze zu knacken.

Eine neue Generation von Weltverbesserern

Es ist sicher kein Zufall, dass die Gründer all dieser Unternehmen der Generation Y angehören. Diese junge Generation, die mit Internet und Smartphones aufgewachsen ist, protestiert nicht mehr wie die 68er gegen die Gesellschaft, sie versucht stattdessen die Gesellschaft aktiv zu verbessern. Die Webseite Generation Y charakterisiert sie als erfinderischer Macher, als Menschen, die es satt haben, in etablierten Unternehmen zu arbeiten. Sie wollen für progressive Firmen arbeiten, wo sich der Job nicht nur ums Geld dreht, sondern um eine mitreißende Idee. Wirtschaftlich erfolgreich sein UND sich für Umwelt und Gesellschaft einsetzen sind dabei kein Gegensatz mehr, sondern der neue Anspruch an die Arbeitssituation. Weil sich solche Stellen aber nur selten auf dem traditionellen Arbeitsmarkt finden, gründet die Generation Y eben ihre eigenen Startups und zwar genau in dem Bereich, den sie wie keine andere Generation dominiert: im Internet.


Teaser & Image “Vision”(adapted) by Unsplash (CC0 Public Domain)


begann ihren journalistischen Werdegang bei kleinen Lokalzeitungen und arbeitete dann während ihres Studiums als Reporterin für den Universitätsradiosender. Ihr Volontariat machte sie bei Radio Jade in Wilhelmshaven. Seit 2010 hat sie ihren Rucksack gepackt und bereist seitdem rastlos die Welt – und berichtet als freie Journalistin darüber. Über alle „inoffiziellen“ Geschichten schreibt sie in ihrem eigenen Blog fest. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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