In unseren Lesetipps geht es heute um die Vorratsdatenspeicherung, den Vinyl-Trend, Julian Assange, die Digitalisierung und einen Skandal im Schach. Ergänzungen erwünscht.
VORRATSDATENSPEICHERUNG Politik Digital: Aus #VDS wird Höchstspeicherfrist: Das Umbenennen von politischen Themen zur Eroberung der Deutungshoheit ist ein beliebtes Mittel in der Politik. Vor anderthalb Jahren wollte man die Netzpolitik der aktivistischen Szene entreißen und sprache nur noch von Digitapolitik, passend zur Digitalen Agenda. Ähnlich läuft es jetzt mit der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung, die jetzt als zwei Wochen kürzer ausfallende Höchstspeicherfrist wieder zurück ist, wie Julie Rothe auf Politik-Digital.de erklärt.
VINYL The Conversation: Back on record – the reasons behind vinyl’s unlikely comeback: Trotz engagierter Nutzung digitaler Fortschritte, kaufe ich immer noch Schallplatten. Angefangen hat das vor 12 Jahren mit einem geschenkten Schallplattenspieler, inzwischen scheine ich Teil einer globalen Trendwende zu sein, denn Vinyl ist wieder auf dem Vormarsch. Der Medienwissenschaftler Lee Barron von der Northumbria University in Newcastle erklärt das ungewöhnliche Comeback der Schallplatte.
JULIAN ASSANGE Berliner Morgenpost: Wikileaks-Gründer Julian Assange stellt sich der Staatsanwaltschaft: Seit drei Jahren sitzt Wikileaks-Gründer Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London, nach dem Schicksal von Edward Snowden beinahe schon vergessen. Die schwedische Staatsanwaltschaft hat ihn nicht vergessen, gibt aber jetzt ihren Widerstand auf, auf ein Verhör in Schweden zu bestehen, denn einige der Vorwürfe verjähren im August. Spannend, wie sich das entwickeln wird.
DIGITALISIERUNG FAZ: Leben und Arbeiten mit dem Internet in Deutschland: In der Frankfurter Allgemeine hat Prof. Dr. Renate Köcher vom Institut für Demoskopie Allensbach einen lesenswerten Denkanstoß über den digitalen Graben in unserer Gesellschaft gegeben. Dieser verläuft allerdings nicht zwischen verschiedenen Altersgruppen, sondern zwischen sozialen Schichten. Nicht alle Menschen profitieren von den durch das Internet ausgelösten gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungsprozessen.
SCHACH Techdirt: Chess Grandmaster Exposed As App-Using Cheat: Ich habe Ende der 90er Jahre, als sich auf einmal jeder ein Handy leisten konnte, angefangen Schach zu spielen. Das stellte sich, durch gewisse soziale Normen und kleineren Regeln, als keinerlei Bedrohung für die Integrität des Spiels heraus. Die Geräte verbanden zwar auch von unterwegs Menschen, sie waren aber alles andere als smart. Bei den heutigen Geräten, den Smartphones, sieht das natürlich anders aus und jetzt hat der Sport einen Skandal, der mit einer iPhone-App zu tun hat und gar nicht so klar ist, wie es vielleicht zuerst klingt.
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In unseren Lesetipps geht es heute um den Aufstieg von LinkedIn, die Veränderung unseres Gedächtnisses durch das Internet, die Startups Shopwings und Shopsters, die den Online-Lebensmitteleinkauf revolutionieren möchten, Samsungs neueste WLAN-Technologie sowie Wikileaks‘ jüngster Verbot von T-Shirts auf GetDigital. Ergänzungen erwünscht.
LINKEDIN Online Marketing Rockstars: USA: So ist LinkedIn neben Google und Facebook zum dritten massiven Traffic-Kanal für Publisher aufgestiegen: Längst ist die News-Plattform LinkedIn nicht mehr nur ein Karrierenetzwerk. Vor sieben Jahren beschloss das Online-Portal, die Verweildauer von Usern zu erhöhen, indem mehr interessante Inhalte angeboten werden. Nun mausert sich LinkedIn dank etwa 7.000 täglichen Fachartikeln zu einem wichtigen Portal für Wirtschaftsjournalismus. Auch die Darstellung personalisierter Links zu interessanten Artikeln wurde auf der Webseite eingeführt, die in einer Box namens LinkedIn News angezeigt werden. In Deutschland ist das Sozialnetzwerk zwar noch nicht gleichermaßen beliebt wie das deutsche Pendant Xing, aber die Mitgliederzahlen steigen rasant an. So ist LinkedIn dieses Jahr innerhalb von acht Monaten bereits um eine Million User gewachsen.
INTERNET Stuttgarter Zeitung: Wie das Internet unser Denken verändert: Die Zeiten, in denen sich Menschen alle möglichen Daten von Familie und Freunden wie Rufnummern gemerkt hatten, sind lange vorbei – oder zumindest weiterhin auf dem besten Wege zur Digitalisierung. Bei einer Befragung des Bundesverbands Digitale Wirtschaft musste die Hälfte der Handynutzer, die nach der Telefonnummer des Partners gefragt wurden, passen. Denn heutzutage ist das Wissen immer nur ein paar Klicks entfernt und muss nicht mehr im Gehirn gespeichert werden. Das Internet und deren Suchmaschinen übernehmen diese Arbeit. Dabei stellt sich schließlich auch die Frage, ob das Internet damit Freund oder Feind ist. Neurobiologin Hannah Monyer kritisiert „das Internet für das Gedächtnis“, warnt vor allem vor Oberflächlichkeit und meint damit die Speicherung im Gehirn.
STARTUPS Handelsblatt: Rocket-Investment Shopwings: Einkaufen für Fleißige und Faule: Deutsche Konsumenten kaufen ihre Lebensmittel bisher nur selten im Internet, laut Zahlen des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel fallen nur 2,1 Prozent der Bestellungen auf Lebensmittel. Aber das dürfte sich bald ändern: gleich zwei deutsche Startups wollen mit ihren Zustelldiensten Konsumenten dazu animieren, mehr Lebensmittel im Internet einzukaufen. Hinter Shopwings, das bereits am Montag in München gestartet ist, steckt der Inkubator Rocket Internet. Das andere Startup, Shopsters in Konstanz, ist privat finanziert und befindet sich noch in der Testphase. Die Zielgruppe dieses Konzepts sind stark eingebundene Berufstätige, Alleinerziehende, Familien und ältere Menschen. Aber auch jene, die schlichtweg zu faul zum Einkaufen sind. Beide Startups wollen allerdings erreichen, dass deren Zustelldienste auch für den Einzelhandel hilfreich sind, statt zu deren Konkurrenten zu mutieren.
WLAN-TECHNOLOGIE ZDNet: Samsung kündigt kommenden WLAN-Standard 802.11ad für 2015 an: Das Ziel des schnellen Internets scheint immer näher zu kommen, denn nun hat Samsung eine WLAN-Technologie für das 60-GHz-Band entwickelt, die Übertragungsraten von bis zu 4,6 GBit oder 575 MByte pro Sekunde erlauben soll. Laut Samsung bildet diese Technik die Grundlage für den kommenden WLAN-Standard 802.11ad und soll bereits Anfang nächsten Jahres kommerziell nutzbar sein. Im Gegensatz zu aktuellen Technologien soll die neue Technologie damit sogar bis zu zehnmal schneller werden – so würde beispielsweise die Übertragung eines 1 GB großen Filmes weniger als drei Sekunden dauern. Bislang konnte die Geschwindigkeit eigentlich nur auf kurzer Entfernung und bei störungsfreier Übertragung erzielt werden, aber nach eigenen Angaben hätte Samsung dieses Problem nun gelöst. Damit steht neuen und innovativen Veränderungen nichts mehr im Wege.
WIKILEAKS Süddeutsche: Wikileaks verbietet Get Digital Verkauf von T-Shirts: Schon seit vier Jahren verkauft die Webseite „Get Digital“, die als Gemischtwarenladen allerlei Gadgets für Nerds anbietet, auch T-Shirts von Wikileaks und spendet den Gewinn aus den Verkäufen fast zu 100 Prozent an die Plattform. So kamen bislang schon stolze 7500 Euro an Spenden zusammen. Doch nun trat etwas ein, womit man gerade bei der Whistleblower-Plattform Wikileaks nicht rechnen würde: die Bavaria Media GmbH, welche die Markenrechte vertritt, hat nun GetDigital in einer E-Mail rechtliche Schritte angedroht, sollte der Online-Shop nicht binnen 14 Tagen alle Produkte, die mit Wikileaks in Verbindung stehen, entfernen. Konkret heißt dies also, auf Druck von Wikileaks selbst soll der Verkauf von T-Shirts mit Wikileaks-Aufdrücken, dessen Erlös auch der Plattform zugute kam, eingestellt werden.
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In unseren Lesetipps geht es heute um Googles Entwicklungshilfe, falsche Twitter-Follower, E-Books als Chance für Autoren, Wikileaks gibt Einblick in die TTP-Verhandlungen und das Internet der Dinge. Ergänzungen erwünscht.
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In unseren Lesetipps geht es um nach Berlin geflüchtete Internetaktivisten, Springer will die VG Media das Leistungsschutzrecht wahrnehmen lassen, Kritik am Routerzwang, die Wiedereröffnung der Silk Road und Summly-Entwickler Nick D’Aloisio. Ergänzungen erwünscht.
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Wieder eine Woche vorbei und wieder gab es kleine, mittelgroße sowie besonders aufregende Highlights zu verzeichnen. So geschehen macht Facebook einen Schritt nach vorne und gibt die Timeline für Brands frei, Google hat die Einführung der neuen Datenschutzbestimmungen finalisiert und Windows hat seine neue Win 8 Beta-Version zum kostenlosen Download freigeben. Außerdem wurden weitere technische Neuigkeiten auf dem Mobile World Congress in Barcelona vorgestellt und es gab ein Wiedersehen der besonderen Art von Seiten WikiLeaks. Getreu dem Motto: „Totgeglaubte leben länger!“ begrüßen wir Assanges Whistleblower-Plattform wieder zurück mit der Veröffentlichung diskreditierender Stratfor-Mails.
Dass WikiLeaks aus Geldmangel gescheitert ist, macht mich persönlich sehr betroffen. Dass die Schließung eine vorübergehende Sache ist, hoffe ich dennoch. WikiLeaks galt lange Zeit als demokratischer, als die meisten Parlamente, die sich diesen Stempel aufsetzten. Chefredakteure der wichtigsten Zeitungen der Welt tummelten sich um Assange und sein Projekt. Regierungen kührten WikiLeaks und die Macher zum Staatsfeind Nr. 1. Das Projekt jedoch gab vielen Menschen die Hoffnung zurück, dass man nicht nur etwas von oben nach unten, sondern auch von unten nach oben verändern kann. Dass WikiLeaks in der Tat ein starkes Vermächtnis in den Gedanken der Menschen und im Umgang mit Demokratie hinterlassen hat, versuchen viele Kritiker und Realisten derzeit zu relativieren. Zum absoluten Bedauern meinerseits.
Diese 47-minütige Reportage, deren Link ich gestern mal wieder aus meinen Lesezeichen ausgegraben habe, spiegelt ganz gut die Geschichte Assanges und die von WikiLeaks von Beginn bis kurz vor Ende wider. Besonders schockierend ist dabei der Part des Colleteral Murder Videos, also die Aufnahmen des vorsätzlichen Mordes an Presseleuten und zivilen Bürgern, durch die Hand des amerikanischen Militärs. Die Veröffentlichung dieses Videos, dass einem jedes mal wieder einen Schauer über den Rücken laufen lässt, steht stellvertretend für sämtliche Missetaten, die durch WikiLeaks an die Oberfläche gebracht worden.
WikiLeaks hat viel erreicht und bedarf weiterer Unterstützung. Auch von euch!
Hr2 Kultur hat gestern einen Podcast heraus gegeben: „Für alle offen – nicht ganz dicht? WikiLeaks, Facebook und die totale Transparenz“ in dem mit den Gästen Jan Eggers, Markus Beckedahl, Dr. Peter Hoeres und David Schraven abwechselnd über die Transparenz im Netz gesprochen wird. Man beschäftigt sich mit der Kernfrage ob die umfassende Transparenz demokratisch und politisch wünschenswert ist und ob es bei dieser Frage nicht wie so oft auch zwei Seiten der Medaille gibt. Aus dem Vorwort:
Wenn es andere trifft, vor allem „Die da oben“, finden wir Transparenz erstmal gut, wenn aber Facebook alles über uns wissen und allen zugänglich machen will, finden wir das unheimlich. Wollen wir die totale Indiskretion? Und können wir sie überhaupt noch verhindern?
Das Vorwort alleine öffnet erstmal viel Raum zur Diskussion. Ich bin gespannt wie eure Meinung dazu ist, sobald Ihr den gesamten Podcast gehört habt. Übrigens zum Schluss gibt es auch noch was für die Lachmuskeln – man muss ja nicht immer alles nur trocken und humorlos verarbeiten.
Constanze Kurz (CCC) und Linus Neumann (netzpolitik.org) diskutieren das aktuelle Leaksgate rund um Das Passwort und die Cablegate-Depeschen sowie Lehren, die man daraus ziehen kann (Video): Weiterlesen »
WikiLeaks möchte hören was Ihr zu sagen habt und stellt auf deren YouTube-Channel wöchentlich Support-Videos online. Die Videos werden von Unterstützern selbst gedreht und zugeschickt. Hier ist das aktuellste Video (noch von letzter Woche)!
Das Video gibts nach dem Click!
Im internationalen Code für Bücher, den die Nationalbibliotheken der Länder nutzen – der Cataloging-in-Publication (CIP) – hatte die Library of Congress und die National Library Australias, Wikileaks, aufgrund der Kategorisierung einiger Bücher über die Whistleblower-Website, als „extremistische Website“ eingestuft. Die Library of Congress, mittlerweile aufgrund ihrer Bücher- und Medienbestände die bedeutendste Bibliothek der Welt, wurde – ebenso wie die Australier auf die seltsame Kategorisierung durch Hinweise einiger Twitter-User aufmerksam gemacht und beide machten diese Bezeichnung wieder rückgängig. Weiterlesen »
Ein gelungener Spot mit dem WikiLeaks auf sich und seine Gegenspieler aufmerksam machen will. MasterCard ist eines von fünf Unternehmen, das aufgrund von polititschen Druckes, Wikileaks in wirtschaftliche Bedrängnis bringen wollen.
Das Video gibts nach dem Click!
Wikileaks Dokumente zeigen unter welchen Einfluss der von Krisen erfasste Inselstaat Haiti tatsächlich steht. Aus den Akten ergibt sich, dass die USA mit aller Mühe versuchen die politische und wirtschaftliche Kontrolle über den Inselstaat zu erlangen. Dieser Al Jazeera Beitrag gibt Auskunft über die Geschehnisse!
Das Video gibts nach dem Klick!
Seit dem 26. Mai 2010 sitzt Bradley Manning ohne Prozess als angebliche WikiLeaks-Quelle in Gefangenschaft. Neun Monate davon hat er unter Einzelhaft-Bedingungen verbracht, die von Beobachtern als folterartig bezeichnet wurden. Die deutsche Unterstützer-Demo am Samstag fand an einem symbolträchtigen Tag statt, dem 50-jähriges Jubiläum von Amnesty International. Ein Blick auf einen unwürdigen Krimi mit drei ungleichen Beteiligten: Bradley Manning, Barack Obama und Julian Assange.
Im RT-Interview erklärt Julian Assange, was Facebook mit Geheimdiensten zu tun hat und was New York Times und Guardian beim Veröffentlichen der Wikileaks-Kabel so alles falsch gemacht hatte und was es zu seinem Fall Neues zu sagen gibt:
Daniel Domscheit-Berg, formerly known as Daniel Schmitt hatte uns Anfang letztes Jahr ein Interview in seiner alten Funktion bei wikileaks gegeben und einiges dazu erzählt, was wikileaks wie machen wolle, was nun offenbar bei seinem neuen Projekt openleaks realisiert werden soll.
Ab dem 27. 01.2011 wird das Buch von Domscheit-Berg unter dem Titel Inside WikiLeaks. Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt in den Läden zu finden sein und noch tiefer in die Thematik einsteigen.
Vor ein paar Tagen stieß ich bei rebelart auf einen kurzen Beitrag über das neue Onlinegame von Molleindustria: „Leaky World“, eine spielbare Version von Julian Assanges 2006er Essay „Conspiracy as Governance“, der seine Theorie der Verschwörung ausformulierte. Weiterlesen »
See and hear for yourself how and why Julian Assange is engaged in disclosing information (22.12.2010):
Gestern habe ich beim Presserat eine Beschwerde über die Zeitschrift „Der Spiegel“ eingereicht. Dabei geht es darum, dass „Der Spiegel“ in enger Kooperation mit Wikileaks über die Depeschen des US-Außenministeriums berichtet. Im Fall der Irakakten fand ich das noch nachvollziehbar. In diesem Fall jedoch finde ich das Vorgehen problematisch.
Es ist die schiere Masse an Information, die das „Cablegate“ so besonders und so schwierig macht:
Noch nie hat ein Whistleblower so viele als vertraulich eingestuften Dokumente an die Öffentlichkeit weitergegeben.
Noch nie wurde eine staatliche Organisation mit einer so schwerwiegenden und so offenkundigen IT-Sicherheitslücke konfrontiert. Noch nie hat eine Whistleblower-Plattform so viele Dokumente bearbeiten müssen – und wurde mit derart harten Sanktionen bedroht.
Noch nie mussten Redaktionen mit einer solchen Masse vertraulich umgehen können und sich dabei abstimmen. Die Masse verlangt ganz klar einen neuen Umgang mit den Informationen – von allen Beteiligten…
Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hatte sich in den letzten Jahren im Kreis von Medienjournalisten und Webexperten eine Diskussion um die Vierte Gewalt im Staat verselbstständigt. In einer frühen Phasen entwickelten sich einige Fachblogs zu Quellen aus denen sich seriöse Journalisten gerne und fast immer ohne Angabe von Quellen bedienten. Als die Leserschaft diese Aktionen bemerkte, schwenkte die Wertung gegenüber Blogs um. Die Reichweitenbeschaffer alias Leser, die Verlage an ihre Anzeigenkunden verkaufen, schauten nun immer öfter selber nach, was fefes blog, Don Alphonso, netzpolitik.org oder Bildblog sich ausdachten oder recherchierten bzw. zugetragen bekamen.
Das war schmerzlich, weil die Verlage eine Deutungshoheit beanspruchen, die sie mit dem Begriff Qualitätsjournalismus gegenüber diesen Emporkömmlingen abgrenzen wollten und wollen. Das größte Problem waren die Diskussionen im Web rund um Artikel, die nicht selten lawinenartig neue Artikel auslösten. Neben der Deutungshoheit verloren die klassischen Medien also auch noch ihre Funktion des Agendasettings, die sie gekonnt im Umgang mit Politikern und PR-Agenturen einzusetzen gewöhnt sind. Einige Verlage haben sich schon verdächtig nahe an die PR-Ausbildung herangerobbt wie die FAZ mit dem FAZ Institut beweist oder arbeiten auf halbseidenen Wegen mit Detektiven, um Fakten, Fakten und Fakten zu schaffen, wo vorher keine waren oder die Privatsphäre einen Schirm aufspannte. Der Begriff Qualitätsjournalismus ist also eher ein Potemkinsches Dorf hinter dem man gegenüber Politikern einen enormen Aufwand (trotz radikaler Entlassungen) als Medienapparat im Dienste der Demokratie verkaufen kann. Im Grunde geht es dabei um ein Ringen nach Subventionen, oder präziser einem Beamtenstatus für alles, was man selbst so qualifiziert. Was nicht Qualitätsjournalismus ist (und das definieren immer die Verlagsvertreter!) – zum Beispiel die Blogger und selbsternannten Journalisten im Web – muss nicht staatlich geschützt werden, weil es keine zwölfstöckigen Denkmäler für die Vierte Gewalt erbaut und außerdem auch noch die hoheitliche Aufgabe der Qualitätsjournalisten vermissen lässt: Man entwertet diese Onlineschreiberlinge mit dem Hinweis darauf, dass sie nicht Agenturmeldungen filtern und umschreiben, dass sie kein Fact-Checking betreiben (wie viele deutsche Verlage auch) und dass sie ja immer nur Meinungen verbreiten…
Und dann kam wikileaks….
Es dürfte inzwischen jedem mehr oder minder eifrigen Nachrichtenrezipienten nicht entgangen sein, dass das aktuelle Schreckgespenst der US-amerikanischen Aussen- und Informationspolitik einen prominenten Namen trägt: WIKILEAKS.
Den einen mag die Plattform als gekonnte Umsetzung des Robin Hood‘schen Prinzips der strategischen Umverteilung machtrelevanter Werkzeuge (früher: Besitz, jetzt: Information) erscheinen. Für die anderen ist es schlicht ein erschreckend unreflektiertes, politisch kurzsichtiges Portal, dass jedem ernstzunehmenden Versuch von investigativem Journalismus die Schamesröte ins Gesicht treiben muss.
Seit Tagen nun rauscht Wikileaks also im Dokumentengewand durch die Schlossruine der US-Diplomatie. Und offenbart der Weltöffentlichkeit, was hinter dem aussenpolitischem Verhandlungsgeschick der United States of America tatsächlich verborgen liegt: nämlich dass der nette Onkel USA in seiner politischen Gesamtheit ein hinterhältiger Heuchler ist. Aha…
Markus von netzpolitik.org hat Daniel Schmitt (Domscheit-Berg) interviewt. Sehr hörenswert. Man erfährt viel über seine Motive und die Situation des Projekts sowie die Situation der whistleblower in Deutschland. Wäre auch eine Diskussion für die Verfechter des Qualitätsjournalismus. Bitte hier klicken!
Eine schöne Visualisierung der Wikileaks-Daten von Afghanistan hat Mike Dewar erstellt:
Visualisation of Activity in Afghanistan using the Wikileaks data from Mike Dewar on Vimeo.
1 Stunde und 10 Minuten Video des Panels zum Themenfeld Zukunft des Journalismus mit Birgitta Jonsdottir, Julian Assange, Lowell Bergman, Charles Lewis, Gavin MacFadyen und Jonathan Weber – also die crème de la crème rund um das Thema Moderner Journalismus, Pressefreiheit, Island als journalistischer Freihafen und investigativer Journalismus. Logan Symposium (Berkeley Graduate School of Journalism): The New Initiatives.
UPDATE:
Offenbar ist die Whistleblower-Seite wikileaks vorerst gerettet:
Achieved min. funraising goal. ($200k/600k); we’re back fighting for another year, even if we have to eat rice to do it.
verkündete das Projekt via Twitter. Weiterlesen »
Jede Krise eine Chance: Die Whistleblower-Seite wikileaks.org hat eine Idee für Island. Und die geht so: Wegen der Finanzkrise ist das Land so gut wie pleite. Viel Grund zum Jammern — oder aber Grund genug, mal etwas Neues auszuprobieren, dachten sich die Macher von wikileaks – und schlugen vor, in Island einen Datenfreihafen zu schaffen. Also ein Äquivalent zu dem, was die Schweiz für die Finanzmärkte darstellt. Das alles erläuterte wikileaks-Mitarbeiter Daniel Schmitt auf dem Chaos Computer Club-Kongress 26C3 in Berlin. Weiterlesen »
Beim Inhaber der Domain wikileaks.de wurde ine Hausdurchsuchung durchgeführt. Wikileaks ist eine weltweite Vereinigung von Transparency-Gruppen und Journalisten, die sich gegen Unterdrückung und für Meinungsfreiheit weltweit einsetzen. Die Tatsache, dass der Betreiber der deutschen Domain in das Fadenkreuz der Ermittlungsbehörden gerückt ist beschäftigt die Blogosphäre. Hintergründe und Meinungen haben wir für euch in der folgenden Link- und Leseliste zusammengestellt.