Mit Social Media aus dem (Anzeigen-)Blätterdickicht

Totgesagte leben bekanntlich länger. Wie Social Media-Kanäle den kränkelnden Print-Markt wiederbeleben können. Die Printmedien haben die letzten Jahre stark an Einfluss und Vitalität verloren. Die riesige Konkurrenz aus dem Netz und eine veränderte Einstellung der Leserschaft zur Informationsbeschaffung ließen viele bekannte Titel aus den Zeitungsregalen verschwinden. Während die großen Verlage durch ihre Produktvielfalt, Zusammenlegung von Redaktionen und finanziellen Rücklagen leichter auf veränderte Marktbedingungen reagieren können, bedeutet die neue Situation für kleine Gratiszeitungen und Anzeigenblätter oft ein Kampf ums Überleben. Die Flink&Partner Social Media Observation Group (SMOG) und Socialbreakers haben in einer Studie den Einfluss dominanter Social Media-Kanäle auf die Reichweite ausgewählter Anzeigenblätter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht.

Print und Social Media – Eine Vernunftehe

Als Basis für die Untersuchung dienten von Socialbreaker erhobene Daten aus der Betrachtungszeit Januar bis Juni 2014. Facebook und Twitter stellen wie erwartet die relevantesten Social Media-Plattformen dar. Bis Ende Juni konnten 624.794 Nutzer gezählt werden, was 14,13 Prozent der Druckauflage der betrachten Blätter ausmacht. Davon entfallen 9,76 Prozent auf Facebook und 4,37 Prozent auf den Twitter-Dienst.

Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die Social Media-Nutzerzahlen bereits im Januar 2014 um über 100 Prozent gewachsen sind, wird schnell klar, dass insbesondere die kleineren Gratiszeitungen und Anzeigenblätter von einem geschickten Einsatz der Social Media-Kanäle profitieren können.

Ganz spannend wir es, wenn man auch noch die aktiven Interaktionen (z.B. Facebook Likes, Kommentare, Shares und Tweets) zusammen zählt: eine stolze Summe von 1,5 Millionen steht dann 10.000 redaktionellen Posts gegenüber. Dieses Potenzial sollte man nicht ungenutzt lassen.

Tausche Content gegen Reichweite

Besonderes Augenmerk sollten die zukünftigen Social Media-Redaktionen auf die Lesegewohnheiten ihrer Community legen – und ebenso wichtig – einen stetigen Austausch mit ihnen betreiben. Sicherlich ist der Social Media-Bereich hochdynamisch, was man vor allem an der unausgewogenen Verteilung von Facebook- und Twitter-Nutzer bei einigen Blättern beobachten kann. Wachstumsspitzen und erhöhte Posts geben jedoch Aufschluss über bevorzugte Inhalte oder zeitliche, bzw. blattspezifische Ereignisse, was wiederum Möglichkeiten zur kurzfristigen redaktionellen Ausrichtung von Print-, wie auch Online-Inhalten gibt. Im Rückkehrschluss eröffnen die Social Media-Kanäle den Lesern auch eine unmittelbare Teilnahme am Redaktionsgeschehen. Dadurch wird eine aktive Leserbindung gefördert. Mit Facebook, Twitter & Co. haben die Verlage und Redaktionen ein ungeahnt mächtiges Tool zur Trendanalyse an der Hand, welches auch für das kleinste Anzeigenblatt kostengünstig zur Verfügung steht. Es ist verwunderlich, dass dieser offensichtliche Vorteil von der breiten Masse von Verlagen noch nicht erkannt wurde.

Viele Redaktionen behandeln Ihre Social Media-Accounts noch sehr stiefmütterlich. Eine sehr kurzsichtige Einstellung. In der Tat bedeutet eine professionelle Betreuung des Social Media-Accounts einen enormen Mehraufwand, sowohl zeitlich als auch finanziell. Und nicht nur das: Es müssen auch neue Kommunikationsstrategien innerhalb des Verlages gefunden werden, schließlich müssen Print-, Online- und die neue Social Media-Redaktion ihre Inhalte abstimmen und zudem noch in der Lage sein, auf die eben erwähnten Trends der Leserschaft zu reagieren. Ein Aufwand, der sich aber mittelfristig lohnen kann. Die Studie zeigt auf, sobald die Fan-Base etabliert ist, folgen erhöhte Reichweite, Wachstum und aller Wahrscheinlichkeit nach auch Blatt-Treue.

Kann aus Vernunft am Ende sogar Liebe werden?

Wer dachte, Happy Ends gibt es nur in Filmen, könnte durch Verbindung von Print und Social-Media noch überrascht werden. Sollte es den den Verlagen wie auch den Anzeigenblättern gelingen, ihre Social Media-Nutzer professionell, intensiv und zeitnah mit aktuellen Content zu versorgen und die Print- mit den Online-Inhalten effektiv abzustimmen, könnte sich dies als gute Investition in den klassischen Printsektor erweisen. Es ist anzunehmen, dass sich aus einem treuen Online-Nutzer auch ein regelmäßiger Offline-Leser generieren lässt, der sich mit seiner Community identifiziert und am Ende für die Verbreitung des Printprodukts sorgt. Zudem könnten sich die Anzeigenblätter den typischen Lokalpatriotismus mit ihrem Social Media-Auftritt verstärkt zu Nutze machen. Daraus folgen Anzeigenkunden, Kapital für redaktionelle Qualität und sichere Arbeitsplätze. Der Print-Journalismus kann also durchaus optimistisch in die Zukunft sehen. Wir wünschen es ihm sehr.

Wer noch tiefer in Studie einsteigen möchte, kann sich das Whitepaper „Social-Media-Nutzung bei Gratiszeitungen und Anzeigenblätternhier kostenlos downloaden.


Image (adapted) „paper boy“ by olle svensson (CC BY 2.0)


genoss eine klassische Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann bevor er im Jahre 2000 in die Welt der Media Agenturen wechselte. Als Einkäufer lernte er dabei vor allem die kaufmännische Seite der Werbewirtschaft kennen. 2014 erkundete der waschechte Hamburger nun seine kreative Seite, indem er seine ersten Sporen als Redakteur bei den Netzpiloten verdiente.


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