#rp14: Isabella David über Lokales und Geld im Journalismus

Im Interview spricht Mittendrin-Mitgründerin Isabella David über Finanzierungsmöglichkeiten von Blogs und ihre Ablehnung von Paid Content. // von Gina Schad

rp14-Talk über Lokaljournalismus (Bild: Tobias Schwarz, CC BY 4.0)

Im Gedächtnis blieb ihre radikale Ablehnung von Paid Content: Isabella David, Mitbegründerin des Hamburger Blogs Mittendrin, hat im Mai auf der re:publica mit anderen Bloggerinnen und Journalistinnen über mögliche Finanzierungsmöglichkeiten für Online-Medien diskutiert. Für ihren eigenes Medium lehnt sie Paid Content weiter konsequent ab. Sie sieht jedoch keinen Widerspruch darin, Kooperationen mit anderen Online-Nachrichtenmagazinen einzugehen.

Gina Schad: Aus welchen Gründen hast du angefangen über Lokales zu bloggen?

Isabella David: Ich wusste schon lange, dass ich Journalistin werden möchte. Mittendrin ist vor allem aus der Unzufriedenheit mit der Berichterstattung anderer Medien entstanden. Insbesondere über den Hamburger Osten war in den großen Zeitungen oft nicht mehr als die Kriminalstatistik zu lesen, das hat uns geärgert. Wir haben dann einfach angefangen, Onlinejournalismus für den Bezirk Mitte zu machen. Das Projekt hat schnell eine ziemliche Eigendynamik entwickelt. Wir hätten im September 2012 jedenfalls nicht gedacht, dass wir mal in unseren eigenen Redaktionsräumen sitzen werden.

Warum ergibt es für euch keinen Sinn, länger von zuhause aus zu arbeiten?

Zum einen ist unser Redaktions-Team größer geworden. Man kann viele Dinge natürlich auch online klären. Die Strukturen wachsen aber doch besser, wenn man sich öfter persönlich sieht und gemeinsam Ideen entwickeln kann. Für die langfristige Weiterentwicklung der Redaktion und des Magazins war dieser Schritt für uns unabdingbar. Für den eigenen Ruhepuls ist es außerdem auch besser, wenn man Zuhause mal wirklich abschalten kann.

Bei der re:publica-Session „Gefahrengebiet Lokaljournalismus“ wurde unter anderem über die Finanzierung von Blogs diskutiert. Du lehnst Paid Content weiterhin ab. Warum?

Auf unsere Seite gibt es unterschiedliche Möglichkeiten freiwillig für unsere Artikel zu bezahlen. Eine Paywall davor zu schalten, halten wir jedoch nicht für die Lösung, um Journalismus generell in Zukunft zu Finanzieren. Wir möchten, dass unsere Informationen auch weiterhin frei verfügbar sind und setzten darauf, dass LeserInnen bereit sind für unabhängigen Journalismus, der für sie relevant ist, auch zu bezahlen. Viele LeserInnen überweisen uns bereits jeden Monat etwas. Grundsätzlich gilt aus meiner Sicht: Die Bezahlmöglichkeiten für Journalismus im Internet müssen möglichst einfach und flexibel sein. Es darf nicht mehr als einen Klick erfordern, um für einzelne Artikel zu bezahlen. Leider sind die unterschiedlichsten Bezahlmöglichkeiten in diesem Bereich bisher eher ein komplizierter Flickenteppich für die NutzerInnen.

Außerdem sollte man reflektieren, was man selbst gerne lesen möchte und was nicht. PR-Artikel über Restaurants oder Brautmodenläden gehören für mich jedenfalls nicht dazu. Deshalb möchte ich unseren LeserInnen solche Texte auch gar nicht erst vorsetzen. Zum anderen verschwimmen Grenzen zwischen redaktionellen Inhalten und PR, oder Werbung in diesem Bereich einfach zu oft. Klar, man hat die Möglichkeit bei uns auf der Seite Werbung zu schalten, aber sogenannte „Partnerartikel“ aus Unternehmens- oder Agenturfedern kommen für uns nicht infrage. Es muss klar sein – unser Herzstück ist Journalismus.

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Ihr schreibt auch für andere Medien und verdient damit euer Geld. Wird Mittendrin letztendlich nicht genau dadurch finanziert?

Ich finde der Vergleich hinkt. Wir verkaufen Artikel an andere Medien, darunter die taz und Zeit Online Einige Stücke werden von unseren AutorInnen für die anderen Medien produziert, kommentieren dann aber Ereignisse, über die wir als Mittendrin schon berichtet haben oder sind – im Falle der taz – für das Printformat entsprechend kürzer und knackiger. Auch gibt es den Fall, dass Texte von uns bei den anderen als Zweitverwertung laufen. Klar muss sein: Wir verändern unseren Stil nicht, wenn wir für ein anderes Medium etwas schreiben. Auch in der Themensetzung für unser Magazin lassen wir uns durch die Zusammenarbeit nicht beeinflussen. Ich sehe keinerlei Widerspruch darin, Kooperationen einzugehen, aber Paid Content für Geschäfte und Unternehmen auf unserer Seite abzulehnen.

Zu welchen Kooperationen wärst du für Mittendrin bereit?

Wir haben eine Reihe von Kooperationen, darunter wie beschrieben mit der taz und Zeit Online. Wir sind natürlich grundsätzlich immer offen für unterschiedliche Arten der Zusammenarbeit, vor allem um gemeinsam auch neue Ideen zu entwickeln. Wichtig ist aber vor allem auch, dass wir unsere Strukturen weiterentwickeln und unser eigenes Magazin auf lange Sicht voran bringen.

Deine Arbeit wird oftmals als Vorzeigebeispiel für Lokaljournalismus genannt. Wie sehr hilft dir das, um dich langfristig als Journalistin zu etablieren?

Es freut mich natürlich sehr, wenn unsere Arbeit als „Vorzeigebeispiel“ für Lokaljournalismus genannt wird. Ich weiß aber auch, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, gerade auch im finanziellen Bereich. Mein Hauptziel ist es zum aktuellen Zeitpunkt mit all meiner Energie, Mittendrin voran zu bringen. Viele Menschen stecken ihre Kraft darin, unsere Ideen für Lokaljournalismus in Hamburg-Mitte umzusetzen. Das Ziel ist es nicht meinen Namen etablieren, sondern unser Magazin. Es geht um die Sache und nicht um den Erfolg Einzelner.


Teaser & Image by Tobias Schwarz/Netzpiloten (CC BY 4.0)


hat Medienwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin studiert. Ihre Masterarbeit hat sie zum Thema „Risiken und Chancen der Digitalisierung für Gesellschaft und Kultur“ verfasst. Derzeit forscht sie weiter zu den Themen Privatsphäre und Öffentlichkeit in der Digitalen Welt. Auf ihrem Blog medienfische bloggt sie über Menschen, Ideen und Netzkulturdings. Privat schreibt sie mit einem Stift auf Blätter, bei Twitter ist sie unter @achwieschade zu finden. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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