Produktmanagement ist der neue Journalismus

Das Gestalten von Medienprodukten ist grundlegend für die journalistische Arbeit. Leider wird das bisher nicht von allen als Journalismus angesehen. Im Jahr 2016 werden Medienunternehmen und Journalistenschulen anfangen, Produktmanagement zu verstehen, zu definieren und es als maßgeblichen Karriereweg zu akzeptieren, der durchaus Kritik beinhaltet. Sollten Leute in dieser Funktion nicht darauf trainiert werden, die erzählerische, ethische und juristische Denkweise eines Medienschaffenden anzunehmen?

Im Journalismus sind neue Rollen entstanden, die die digitalen Produkte unterstützen und Daten und Verbindlichkeiten integrieren soll. Jeder, der sich mit Internet- und Mobilentwicklung auskennt, wurde aufgerufen, sich an der Gestaltung von besonderen Projektseiten, Appentwicklung und der Weiterentwicklung von interaktiven Benutzeroberflächen zu beteiligen.

Die meisten Gestalter dieser Medienprodukte wurden bisher nicht als Journalisten angesehen und wurden größtenteils von der Fachwelt und der Forschung ignoriert. Diese Stellen im Produktmanagement werden oft einfach als technischer Support betrachtet, und nicht als grundlegend für die journalistische Arbeit, die daraus entsteht. Doch diese öffentlich zugänglichen Produkte helfen dabei, neue Zielgruppen zu erschließen und bieten Möglichkeiten der Teilnahme, Mitwirkung und Interaktion mit den Medien.

Das publikumsnahe Wesen dieser technischen Produkte macht sie genauso zu einer Art ‘Journalismus’ wie traditionelle Artikel. Und jene, die in den Teams arbeiten, die diese Produkte entwickeln, fällen oft redaktionelle Urteile und Entscheidungen. Im Jahr 2016 werden Medienunternehmen und Journalistenschulen anfangen, Produktmanagement zu verstehen, zu definieren und es als maßgeblichen Karriereweg zu akzeptieren, der durchaus Kritik beinhaltet.

Sollten Leute in dieser Funktion nicht darauf trainiert werden, die erzählerische, ethische und juristische Denkweise eines Medienschaffenden anzunehmen? Wie sieht der Markt für Personen aus, die sehr technisch versiert und medienverständig sind? Wie können wir diese Denkweise in den journalistischen Lehrplan integrieren?

Nehmen wir beispielsweise den Fall, dass man Sharing-Icons für Social Media auf seine Webseite integriert. Dieser Umstand erfordert jemanden, der die spezielle Funktionalität versteht, der entscheiden kann, welche Seiten repräsentiert werden sollen, und der weiß, was der Nutzer auf der jeweiligen Seite tun und die Interaktion zwischen dem Unternehmen und dem Inhalt planen kann. Die Daten, die mit dieser Funktion verknüpft sind, müssen gesammelt und verstanden werden, und der Stellenwert dieser Tätigkeit muss in die allgemeine Social-Media-Strategie des Unternehmens eingegliedert werden.

Hier ist noch ein weiteres Beispiel: Bei der Entwicklung von datengesteuerten Nachrichten-Applikationen müssen Entscheidungen darüber getroffen werden, wie die App genutzt wird, wie der Nutzer die Präsentation individuell anpassen kann und welche Daten und Inhalte dargestellt werden. Diese Aufgaben gehen weit darüber hinaus, einfach nur eine Webseite zu programmieren. Werden diese Entscheidungen immer von Personen getroffen, die die journalistische Mission und Ethik verstehen? Oder lagern Nachrichtenportale diese Aufgaben oft aus und hoffen schlichtweg das Beste?

Es ist offensichtlich, dass die Funktion des Produktmanagement durch die Ausbreitung von technischen Produkten der Nachrichtenunternehmen erfüllt wird. Aber die speziellen Elemente dieser Aufgaben sind unklar und nur schwammig definiert. Die Kombination aus Strategie, Führungsqualitäten, Kommunikation und Technologie wird eine begehrte Kompetenz werden.

Im kommenden Jahr werden Medienunternehmen versuchen, diese entstehenden Aufgaben besser zu verstehen und die journalistischen Fähigkeiten berücksichtigen, die bei Entscheidungen bezüglich technischer Produkte eine Rolle spielen sollten, insbesondere in Bezug auf die bürgerliche und demokratische Teilnahme der Leserschaft.

Journalistische Ausbilder sollten also anfangen, Themen zum Management von Medienprodukten und Medienbindung in ihre Kurse aufzunehmen. Sie sollten auch über eine mögliche Lehrplanänderung und die fakultätsinterne Einstellung nachdenken, die wichtig für die Unterstützung der Vorbereitung dieser Aufgaben ist.

Dieser Artikel erschien zuerst auf “Nieman Journalism Lab” unter CC BY-NC-SA 3.0 US. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image (adapted) “Pulse” by Johan Larsson (CC BY 2.0)


 

ist Junior-Professorin an der Fakultät für Journalismus und Massenkommunikation an der Texas State Universität. Dort machte Sie auch ihren Doktor der Philosophie in Publizistik und Massenkommunikation im Mai 2005 und konzentrierte sich vor allem auf die Auswirkungen des Internets auf die Kommunikation und Kultur.


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