Ärgernis Autoplay: Social Networks drängen in den Videomarkt

Nach Facebook hat nun auch Twitter in seinem Stream automatisch abspielende Clips, die viele Nutzer ärgern. Gut sein soll es das für das Werbegeschäft. Beim Scrollen durch den News Feed oder die Timeline fällt in letzter Zeit auf, dass Videos automatisch zu spielen beginnen. Facebook und Twitter behaupten zwar, dass das im Sinne der Nutzer ist und ihnen ein flüssigeres Nutzungserlebnis bietet – doch ans Werbegeschäft haben sie natürlich auch gedacht.


Warum ist das wichtig? Facebook und Twitter kämpfen um die immer größer werdenden Budgets für Werbevideos. Autoplay ist ein Mittel, um die View-Zahlen zu erhöhen.

  • Facebook und Twitter geht es vor allem darum, mit werbetauglichen Features auf dem Milliarden schweren Videomarkt aufzutreten.

  • Für die mobile Nutzung sind die Autoplay-Videos nicht unbedingt nutzerfreundlich, weil sie viele Daten verbrauchen.

  • Die Social Networks bieten den Nutzern immerhin die Möglichkeit, Autoplay abzudrehen.


Es geht darum, wie der Feed designt ist, eben als sequentielle Abfolge von Stories, und die hauptsächlich auf Mobile, täglich von 800 Millionen Menschen, angesehen werden. Wir starten die Videos automatisch, um die Experience zu bereichern. Es ist sehr nutzerfreundlich, wenn man nicht klicken muss, weil auf Mobile-Displays das zielgenaue Klicken schwierig ist. Das Feeback zeigt: Die Leute lieben es.

So hat kürzlich Clive Ryan, Sales Director bei Facebook in Europa, die automatisch abspielenden Videos in einem Interview argumentiert, die seit Ende 2013 in dem Social Network zu sehen sind. Dass Facebook seinen Nutzern mit der Autoplay-Funktion die Arbeit abnimmt, hat sich ausgezahlt. Täglich kommt das Social Network eigenen Angaben zufolge auf satte vier Milliarden Video-Views.

Wichtig ist diese Zahl vor allem für die Werbekunden von Facebook, denen man gerne teurere Videowerbung verkaufen möchte. Autoplay hilft dabei, dass die Werbeclips von den Nutzern gesehen werden, weil kaum jemand von sich aus auf Play drücken würde, nur um eine Bewegtbildreklame etwa für ein billiges Smartphone-Game zu sehen. Bei der Konkurrenz von Facebook war man bis vor kurzem eigentlich noch überzeugt davon, dass Autoplay keine gute Idee ist. “Die User müssen bei Twitter-Videos selbst auf ‚Play‘ drücken, es gibt kein Autoplay. Aus Sicht des Werbers ist das ein wertvollerer View, als wenn jemand einen Pre-Roll auf einer anderen Plattform sieht“, so Twitter-Manager Niall Horgan in einem Interview. Dieser Meinung hat man sich allerdings schnell entledigt – nur wenige Wochen später startete Twitter ebenfalls mit Autoplay. Die Betreiber argumentieren, dass die Nutzer Autoplay zweieinhalb Mal lieber hätten als andere Formen wie “Click to play“ oder Vorschaubilder haben. Wenn Werber die so genannten “Promoted Videos“ buchen, zahlen sie nur dann, wenn Nutzer mindestens drei Sekunden von dem Spot gesehen haben.

Dass Facebook und Twitter so stark ins Werbevideogeschäft vordringen, hat seinen guten Grund: Laut Marktforscher eMarketer soll der Markt für Online-Werbeclips von sechs Milliarden US-Dollar 2014 auf 7,7 Milliarden US-Dollar wachsen.

Für Nutzer können die Autoplay-Videos nicht nur störend sein, sondern auch teuer – nämlich dann, wenn sie das mobile Datenpaket sprengen (Videos brauchen vergleichsweise viele Daten). Facebook bietet seinen Nutzern deswegen an, Autoplay abzudrehen – eine Anleitung für Desktop, iOS und Android findet sich hier. Twitter bietet ebenfalls die Option an, Autoplay zu beschränken (Anleitung hier). Wer sich dieser Funktionen bedient, hat wieder Ruhe im News Feed bzw. in der Timeline.


Teaser & Image “iPhone“ by jeshoots (CC0 Public Domain)


ist seit 2006 publizistisch auf Papier und Pixel tätig. Er arbeitet in Österreich als Journalist und hat die beiden Sachbücher "Phänomen Facebook - Wie eine Webseite unser Leben auf den Kopf stellt" (2010) und "Digitaler Frühling - Wer das Netz hat, hat die Macht?" (2012) veröffentlicht. In seinem Blog “Jakkse.com” und in Vorträgen schreibt und spricht er gerne über die Menschen und ihr Internet – von Social Media über Mobile Business und Netzpolitik bis zu Start-ups.


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