Was Sie schon immer über Tischtennis wissen wollten… Hier steht es!

Ping Pong, Wiff Waff oder Flim Flam – Tischtennis hatte schon viele Namen, aber die Sportart trug zur Beliebtheit des Spiels bei. Zumindest heutzutage, wie ein Blick in die Geschichte des Sports zeigt.

Die Sportart stammt aus der viktorianischen Zeit und wurde mit Vorliebe in den Gesellschaftsräumen der Herrenhäuser gespielt – und zwar immer dann, wenn es regnete und man nicht draußen auf dem Platz wie gewohnt Tennis (oder auch unmissverständlicher: Lawn Tennis) spielen konnte. Zwar belegen meteorologische Untersuchungen, dass es wohl wirklich nicht öfter in England regnet als anderswo, doch wenn die Briten selbst ebenfalls den Eindruck haben, dass dem so wäre, und dementsprechend eine Indoor-Version eines ihrer Lieblingsspiele erfinden, will das auch schon etwas heißen.

War man nun schon einmal im Haus, machte man sich die Einrichtung zunutze: der Tisch stellte das Spielfeld dar, eine Schnur war das Netz, und wenn die Schläger nicht ausreichten, nahm man einfach Bratpfannen, Bücher oder was man sonst so fand, um spielen zu können. Das Spiel selbst wurde dann konsequenterweise in Room Tennis umbenannt.

Doch wer jetzt eine herrschaftliche Kulisse wie bei Downton Abbey im Kopf hat, bei der sich Reifrock tragende elegante Ladies graziös und anmutig den Ball zustupsen, der lasse sich gesagt sein: auch damals trieb man gern schnellen und harten Sport, und Tischtennis gehört, wenn man es richtig spielt, durchaus zu den schweißtreibenderen Sportarten, der zudem die Hand-Augen-Koordination schulte.

Ein Spiel erobert die Welt

Im Jahr 1875 brachte der englische Ingenieur und begeisterter Sportler James Gibb das erste Regelwerk für Room Tennis heraus. Er war auch derjenige, der den ersten leichten Ball aus Zelluloid erfunden hatte. Zuvor spielte man mit Kork oder Gummibällen aus Kautschuk. Wie viele Scheiben oder Vasen dabei zu Bruch gegangen sein mögen, ist uns heute leider nicht bekannt, aber sicherlich trug die Entwicklung eines leichteren Balls zu seiner Beliebtheit bei.

Gibb gilt auch als Erfinder des lautmalerischen Namens Ping Pong. Ob dies jedoch der Wahrheit entspricht, ist zu bezweiflen. Der Tischtennis-Trend griff damals rasant um sich, und viele Hersteller versuchten, ihren eigenen Namenserfindungen durchzusetzen. So konnte man jemanden zu einer Partie Ping Pong, Wiff Waff oder Flim Flam einladen. Der Einfachheit halber setzte sich schließlich trotzdem das pragmatische Tischtennis durch.

Das Spiel ging wie ein Lauffeuer um die Welt: bereits 1897 veranstaltete Ungarn seine erste Meisterschaft, im Jahr 1899 gründete sich der erste Berliner Verein, die Berliner Tennis- und Ping-Pong-Gesellschaft, die noch heute Drittligaerfolge als Fussball-Lokallegende Tennis Borussia Berlin feiert. Das erste internationale Tischtennisturnier fand im März 1902 in Wien statt. Hier gab es sogar ein Damenspielfeld, das ein wenig kleiner war als das genormte Herrenfeld.

Nach Asien gelangte der Sport auch erst Anfang des 20. Jahrhunderts, auch wenn viele das Spiel wohl direkt mit China assoziieren würden – kein Wunder, denn mehr als 300 Millionen Chinesen greifen leidenschaftlich gern nach der schwarz-roten Kelle. So ist es auch wenig überraschend, dass es in China mit Abstand die meisten Goldmedaillengewinner gibt, sogar mehr als alle anderen Gewinner zusammen. In der ehemaligen Sowjetunion wurde der Sport von 1930 bis 1950 sogar verboten. Man nahm an, dass die schnellen Ballwechsel den Augen und dem Hirn schaden könnten.

Eine Partie Tischtennis in einem chinesischen Dorf (Image: ???, CC BY 2.5 CN)
Eine Partie Tischtennis in einem chinesischen Dorf (Image: ???, CC BY 2.5 CN)

 

Tischtennis und Politik

Auch auf die Politik nahm der Sport Einfluss: bei der Weltmeisterschaft im Jahr 1934 wurde den deutschen Herren eine Teilnahme untersagt, weil man fürchtete, dass die Spieler womöglich gegen sogenannte „minderwertige Völker“ verlieren könnten. Nur zwei Jahre später hingegen sandte man seine deutschen Mannen gerne aus, um für die olympischen Spiele in Berlin zu werben – so konnte sich das Blatt wenden.

Auch in der Nachkriegszeit spielt die Politik eine Rolle im Sport: Sowohl die Mannschaften der DDR als auch die der BRD stellten im Jahr 1950 jeweils einen Antrag auf Aufnahme in die International Table Tennis Foundation. Beide bekamen jedoch eine Absage, mit der Begründung, man solle sich intern erst einmal einig werden. Das geschah dann auch, und zwar rascher, als gedacht: bereits 1951 bewarb man sich als „gesamtdeutsche“ Mannschaft erfolgreich. Eine kleine Wiedervereinigung gab es hier also schon im Vorhinein – zumindest bis zum Jahr 1958 sollte diese provisorische Einigkeit bestehen, bevor auch hier der Eiserne Vorhang die beiden Welten vorerst wieder trennte.

Zwischen China und den USA lief das Ganze schon etwas diplomatischer ab. Unter dem Schlagwort Ping-Pong-Diplomatie baute man nach einigen Jahren des Schweigens wieder eine politische Beziehung auf, angefangen mit der Tischtennismeisterschaft im Jahr 1971 und gefolgt von diversen Besuchen Nixons in China. Da behaupte noch einer, Tischtennis sei nur etwas für langweilige Regentage!


Image “Tischtennis Wien 1902” (CC0 Public Domain)


ist freischaffende Autorin und Redakteurin bei den Netzpiloten. Sie ist Historikerin, Anglistin, Kinonerd, Podcasterin und Hörspielsprecherin. Seit das erste Modem ins Elternhaus einzog, treibt sie sich in allen möglichen Ecken des Internets herum. Sie twittert als @keksmadam und bloggt bei Die Gretchenfrage. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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