Mit SMS informiert: Purple setzt auf 90er-Technik statt Push-Nachrichten

Das Nachrichten-Startup Purple, das vor Kurzem eine Testphase hinter sich gebracht hat, richtet sich hauptsächlich an Journalisten, die bereits über eine große eigene Followerschaft in sozialen Netzwerken verfügen. Wie sich herausgestellt hat, eignet sich SMS-Messaging besser als der Facebook Messenger für die Art und Häufigkeit von Nachrichten und Informationen, wie sie Purple seinem handybewehrten Publikum liefern will.

Ich glaube, im Messenger-Ökosystem zu sein, macht es Leuten viel einfacher, Purple zu verbreiten. Hier können sie interessanten und wichtigen Content, über den wir [auf Purple] reden, mit ihren Freunden zu teilen”, sagte Rebecca Harris, Purple-Chefin und Mitbegründerin, im letzten Sommer gegenüber dem Lab. Der Dienst konnte einen beachtlichen Erfolg vorweisen: Sein Channel zur US-Wahlberichterstattung im November 2016, der von Harris verwaltet wurde, wuchs auf rund 18.000 Subscriber an, wenn man alle SMS-Messaging- und Facebook Messenger Distributionsoptionen zusammenzählt.

Jetzt lässt Purple sein Angebot für den Facebook Messenger zurück und konzentriert sich auf den Ausbau seiner SMS-Messaging-Plattform für einzelne Schöpfer. Hier können sie eine Gebühr für die Subscriber festsetzen – eine Art reduziertes, SMS-basiertes Patreon. Purple hatte sich dazu entschieden, aus finanziellen und technischen Gründen die Mehrheit seiner Dienste auf Facebook zu verschieben. Dann jedoch drohte der Messenger zu einem unüberschaubaren Ort zu werden, der nur so von Bots wimmelte.

„Facebook Messenger war in vielerlei Hinsicht toll. Er ist gratis – was ein großes Argument dafür ist. Das User Interface gibt einem mehr Flexibilität, man kann seine Buttons nutzen, es gibt mehr Funktionalität. Aber wir hörten wieder und wieder von Nutzern, dass er einfach nicht so persönlich ist“, sagt Harris. „Eine Person beschrieb ihn so: ‘Ich simse mit Freunden und Familie. Auf dem Facebook Messenger schreibe ich mit Leuten, mit denen ich nicht so gut bekannt bin, dass ich Ihnen tatsächlich meine Nummer geben würde.’ Ich denke, das fasst das Verhältnis vieler Menschen zum Messenger zusammen.

„Man ist auch mit dem Hindernis konfrontiert, sicherzustellen, dass Leute verstehen, dass man kein Bot ist, denn die Leute haben viele mittelmäßige bis schlechte Erfahrungen mit Facebook Messenger-Bots gemacht,” fügte sie hinzu. “Es braucht mehr Überzeugungsarbeit als wir uns wünschen würden, dass da wirklich ein echter Mensch auf der anderen Seite ist.“

Der neue Purple-Dienst, momentan in einer privaten Beta-Version erhältlich, richtet sich hauptsächlich an Journalisten, die bereits über eine große eigene Followerschaft in sozialen Netzwerken verfügen. Nach dem Beta-Test wird die Plattform jedem offenstehen, der Interesse am Erschaffen eines Kanals für zahlende Subscriber hat – Creators setzen ihre eigenen Preise fest, beginnend bei drei US-Dollar pro Monat – und Leser kommen zur Plattform, um nach Personen zu suchen, denen sie folgen und die sie finanziell unterstützen möchten. Ein Teil dieses potentiellen Einkommens fließt in die Abdeckung der Messaging-Kosten und die Gebühren für das Bezahlsystem Stripe, das Purple nutzt, um die Subscriptions zu verwalten. Den Autoren bleiben am Ende wahrscheinlich 60 bis 70 Prozent des Geldes, was ihre Leser zahlen, so Harris. Mitbegründer David Heinmann konstruierte den Rest der Plattform betriebsintern.

„Wir stellen uns vor, dass Purple in Zukunft ein Ort sein wird, wo man hingeht, um die besten Quellen zu finden und direkt zu jedem beliebigen Thema zu subscriben. Es soll ein Ort sein, der geschaffen wurde, um Leuten zu helfen, mit jeder individuellen Quelle weiter in die Tiefe zu gehen“, sagte Harris. „Ich glaube nicht, dass wir Mitglieder erleben werden, die mehr als eine Handvoll Purpler, so nennen wir die Content Creators, abonniert haben werden. Du abonnierst ein paar wenige. Das sind deine Experten, deine Personen der Wahl.“

Ein Kanal ist bereits gestartet: Ein News-Service für fünf Dollar im Monat, der von einigen Mitgliedern des Breaking News-Teams betrieben wird. Purple hatte Al Boe und sein Team angefragt, einen Kanal für Eilmeldungen zu starten, sagte Boe – außerdem war er bereits ein früher Purple Nutzer. Für diese Summe erhalten seine Subscriber um die fünf wichtigsten Kurzmeldungen, bald kommen noch Anpassungsoptionen und direkter Zugang zum Nachrichtendienstpersonal hinzu. Der Preis berechnet sich daraus, “was ich für einen Premiumdienst verlangt hatte, den ich über Patreon betrieben habe”, so Boe, und auch seine Patreon-Unterstützer hat er auf Purple verlagert.

„Wir ermuntern unsere Subscriber, uns alle Fragen oder Feedback zu schreiben und wir schreiben direkt zurück. Die Fragen müssen sich nicht einmal auf eine Geschichte beziehen, die wir behandelt haben“, schrieb Boe in einer Email. „Nachrichtenkonsum ist nicht länger einseitig und es bietet eine noch persönlichere Verbindung als eine, wie man sie auf einem Dienst wie Twitter haben könnte.“

Purples Plattform sammelt alle von Nutzern gesammelten Nachrichten und bildet sie in einem dezidierten Slack ab, in dem Creators alle eingehenden Fragen verfolgen und beantworten können. Die Plattform vollzieht auch Analyseparameter wie Churn, Verbleibquote, Klickraten von Links nach und wird mit Beta-Testern arbeiten, um herauszufinden, welche anderen Tools sie vielleicht gerne im Backend zur Verfügung hätten.

„Es gibt verschiedene Tools da draußen, die von Leuten benutzt werden, um Lösungen zusammenzubasteln“, sagte Harris, mit Blick auf die Newsletter von Jamelle Bouie und Sam Harris. „Wir haben den ganzen Zahlungsstrom für euch arrangiert. Wir geben euch eine Möglichkeit, eure Mitgliedschaften zu managen. Wir geben der Zielgruppe ein überzeugendes Nutzenversprechen, das letztlich auf exklusives Engagement durch Text hinausläuft.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf „NiemanLab“ unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image (adapted) „Should we call for help“ by Clem Onojeghuo (CC0 Public Domain)


ist Redakteurin des NiemanLab. Vorher arbeitete sie in der Redaktion der Harvard University Press und berichtete für Boston.com und das New England Center for Investigative Reporting.


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