Mediathekenumschau vom 29. September

In der Mediathekenumschau heute: Ein hervorragender Skaterfilm, die heute show, moderne Aufklärung und nichts weniger als die Zukunft des Fernsehens. // von Hannes Richter

This Ain't California - Foto: Harald Schmitt www.harald-schmitt.com

Es ist so eine Sache mit den Mediatheken: Für viele Digital Natives sind sie schon Fernsehersatz – alles ist überall abrufbar. Doch nur auf Zeit: Gerade die öffentlich-rechtlichen Programme sind oft nach einer Woche wieder offline. Verlängertes Fernsehen statt digitales Archiv. Bevor sie verschwinden, fischen wir die besten Perlen aus der TV-Flut.

TV DER ZUKUNFT: Der elektrische Reporter

ZDF info +++ Sendung vom 27. September: Die Zukunft des Fernsehens im Internet, die Vergangenheit als lineares Medium und seine zwittrige Gegenwart sind der Stein des Anstoßes dieser Rubrik. Der Themenbeitrag beim Elektrischen Reporter von zdf.info kommt zu einem ähnlichen Schluss: Die Verlagerung in die Mediatheken und die ständige Abrufbarkeit verändern die Fernsehlandschaft, wobei das vielleicht langsamer vor sich geht, als viele Digital Natives sich das wünschen. 

ABSOLUT EMPFEHLENSWERT: This ain’t California

arte +++ Sendung vom 25. September +++ nur noch bis 2. Oktober in der Mediathek +++ Wiederholung am 14. Oktober: Das Gesprächsthema der letzten Berlinale: Eine Dokumentation über Skater in der DDR. Ausgegrabene Super-8-Schnipsel und die Erinnerungen einer Gruppe von Zeitzeugen, die sich nach dem Tod eines Freundes wieder treffen, zeichnen das spannende Bild einer vom Staat gegängelten Subkultur. Aber wie schafften es die jungen Rebellen, sich trotz Überwachung und Schikane auf den Straßen Magdeburgs oder dem Alex in Berlin gegenseitig ihre Tricks zu zeigen? Jedenfalls nicht genau so, wie es der Film erzählt, denn einige Charaktere sind ausgedacht, manche Handlungsstränge lassen sich nicht nachprüfen und die Filmemacher schweigen zu Details. Oder doch so, weil Teile der verwackelten Super-8-Bilder historisch sind? Weil es ein Skatertreffen 1988 in Prag wohl wirklich gab, immerhin existieren zwei Youtube-Clips in 80er-TV-Mitschnitt-Qualität. Die Doku  ist so vor allem ein filmisches Meisterwerk zwischen Fiction und Zeitdokument. Autor und Regisseur Martin Persiel nennt das „eine dokumentarische Erzählung“, mit der ihm ein einzigartiges Porträt einer Jugend in der späten DDR gelingt. In den USA hatte „This ain’t California“ großen Erfolg auf Festivals und in einem Programmkino in New York. Auch die renommierte Filmzeitschrift Variety schrieb ausführlich über den Film. Bei arte +7 ist er noch bis Mittwoch zu sehen. Bei Titus gibt es aber auch die DVD.

MODERNE AUFKLÄRUNG: Scobel über „Riskanten Sex“

3Sat +++ Sendung vom 26. September: Es ist ein bisschen leiser geworden um die Geschlechtskrankheiten. Dabei steigen die Zahlen der Neuinfektionen und Verbreitung  weltweit. Ruhig und ohne Panikmache widmet scobel sich eine ganze Sendung lang dem Thema und klärt auf über Syphilis, Tripper, HIV und Co. Neben informierenden Beiträgen gibt es auch eine kundige Expertenrunde, bei deren Gesprächen noch ein zweites Thema durchschimmert, welches unmittelbar damit verbunden ist: Wie hat sich Sex verändert? Wieviel Moral darf sich eine Gesellschaft – je nach Sichtweise – erlauben oder selbst auferlegen, die frei und selbstbestimmt sein möchte? 

WEITER GEHT’S: heute show

ZDF +++ Sendung vom 27. August: Die heute show ist erst vor kurzem aus der Sommerpause zurückgekehrt und muss zur ersten Sendung nach der Wahl schon per Definition fulminant werden. Das gelingt nicht so ganz, hat sich die Sendung doch inzwischen schon zu lange auf ihrer Position als bestes und (irgendwie auch: weil) massentauglichstes Comedy-Format im deutschen Fernsehen ausgeruht. Die Mischung aus Daily-Show-Handwerk und TV-Kabarett droht langsam in die falsche Richtung zu kippen. Besonders die Einspieler und Kurzinterviews mit den Korrespondenten geraten im Gegensatz zum großen Vorbild Jon Stewart immer wieder eher mau. Trotzdem guckt sich auch diese Ausgabe wieder amüsant weg, was besonders an der Auswahl der Clips liegt. Köstlich: Merkel und die Fahne bei  1:47.


Teaser by Paulae (CC-BY-3.0)]


Image by Harald Schmitt

wanderte schon früh zwischen den Welten, on- und offline. Der studierte Kulturarbeiter arbeitete in der Redaktion eines schwulen Nachrichtenmagazins im Kabelfernsehen, produzierte Netzvideos und stellte eine Weile Produktionen im Cabaret-Theater Bar jeder Vernunft auf die Beine, bevor er als waschechter Berliner nach Wiesbaden zog, um dort am Staatstheater Erfahrungen im Kulturmarketing zu sammeln. Er baute später die Social-Media-Kanäle der Bayreuther Festspiele mit auf und schoss dabei das erste Instagram-Bild und verfasste den ersten Tweet des damals in der Online-Welt noch fremden Festivals. Seitdem arbeitete er als Online-Referent des Deutschen Bühnenvereins und in anderen Projekten an der Verbindung von Kultur und Netz. 


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