E-Commerce: Online-Marketing ist gut, Vertrauen ist besser

Warum Unternehmen im E-Commerce trotz Banner, Re-targeting und SEO auf TV-Werbung setzen? Es geht um Vertrauen. Wer kennt MyMüsli?”, fragt Max Wittrock, Mitgründer des Müsli-Startups. So gut wie alle Studenten in Regensburg heben ihre Hände. Ein paar Wochen später fragt Lars Jankowfsky, Mitgründer der Flugsuchmaschine Swoodoo: “Wer hat schon mal eine Swoodoo-Werbung im Fernsehen gesehen?” Das gleiche Bild: Fast jeder meldet sich. Wieder Zeitsprung, zwei Wochen später: “Wer kennt Zalando nicht?” Es ist eine rhetorische Frage, die Oliver Roskopf, Head of Online Marketing des Versandhändlers, stellt – keine Überraschung, niemand meldet sich.

TV-Werbung ist wichtig für die Markenbildung

Interessant – drei Referenten bei einer Ringvorlesung über E-Commerce an der Uni Regensburg testen auf eine nicht ganz kreative, aber immerhin effektive Weise die Bekanntheit unter den Zuhörern: Männer und Frauen in ihren Zwanzigern, bestes Zielgruppenalter und nach den Studium wahrscheinlich auch in der richtigen Einkommensklasse.

Alle drei Männer betonen, wie wichtig TV für die Markenbildung ist. Doch so richtig passt das nicht zu hippen E-Commerce-Startups. Denn die Menschen im Internet sind sich ja schon seit Jahren einig: Fernsehen ist tot, lineares Programm schon halb verwest und riecht nach Vergangenheit.

Dennoch behaupten die Drei unabhängig voneinander, dass es ohne Fernsehen nicht geht, zeigen stolz die Spitzen in den Zugriffszahlen kurz nachdem ein Spot lief. Also: Kann man noch so viel Online-Marketing, Re-targeting und SEO machen – ohne Fernsehen geht’s trotzdem nicht?

Die Antwort ist simpel, banal und nichts, was man nicht schon gehört hätte. Trotzdem ist sie es wert, wiederholt zu werden, denn sie ist das Herzstück eines jeden Unternehmens: “TV schafft unglaublich viel Vertrauen”, sagt Jankowfsky, der Swoodoo-Gründer, der heute bei Yatego arbeitet.

E-Commerce-Unternehmen sind auf Vertrauen angewiesen

Und das Vertrauen in Werbung ist dann am höchsten, wenn Reklame im Fernsehen oder in der Zeitung erscheint, glaubt man einer 2013 unter europäischen Konsumenten durchgeführten Umfrage des Marktforschungsunternehmens Nielsen.

Zugegeben, das Vertrauen in beide Medien ist mit 46 Prozent nicht besonders überwältigend, aber immer noch höher als bei Online-Marketingformaten, denen höchstens 35 Prozent der Befragten trauen.

Das Medienbeobachtungsunternehmen XAD beziffert den Anteil von TV-Spots im ersten Halbjahr 2013, die auf E-Commerce zielen, auf 14 Prozent. Das Bruttomedia-Volumen beläuft sich auf 670 Millionen Euro. Jeder siebte Spot, so die Botschaft, ist auf Verkauf im E-Commerce gerichtet. Bezieht man aber mit ein, dass XAD nicht nur reine E-Commerce-Unternehmen gezählt hat, sondern auch “klassische Unternehmen, die ihre Produkte über einen Onlineshop anbieten”, fällt die Bilanz schon weniger rosig aus. Es zählt also beispielsweise nicht nur die Werbung von Zalando, sondern auch von Media Markt oder seinem Schwesterunternehmen Saturn. Denn diese Firmen verkaufen ihre Produkte nicht nur im stationären Handel, sondern auch über Webshops – ergo: E-Commerce.

Neben Vertrauen soll die Werbung auch Aufmerksamkeit verursachen

Ein differenziertes Bild ergibt sich durch die Kosten: 1000 Euro pro Spot müssen die werbenden Unternehmen durchschnittlich einplanen, so XAD. Allerdings sind nur zehn Unternehmen für ein Drittel aller Spots verantwortlich. Und diese Zehn zahlen deutlich mehr: 2.900 Euro im Schnitt für eine Ausstrahlung. Das spricht dafür, dass die bereits etablierten Unternehmen bei den großen Sendern Werbeplätze kaufen, kleinere Firmen dagegen erstmal mit wesentlich niedrigeren Summen bei Nischensendern werben.

Warum ausgerechnet beim E-Commerce die Vertrauensbildung durch das Fernsehen so hoch im Kurs steht, liegt auch in der Natur der Sache: Die Händler haben immer einen Informationsvorsprung. Ich kann mir die Kleidung nicht ansehen, bevor ich ich sie bei Zalando bestelle. Die Qualität eines Müslis kann ich erst testen, wenn ich es bekommen und gegessen habe. Noch komplexer wird es bei Swoodoo und der Vielzahl an Flügen: Ob es wirklich der günstigste ist, den mir die Seite angibt, kann ich als Kunde kaum gegenprüfen. Es bleibt mir nur übrig, der Plattform zu vertrauen.

Doch Vertrauen ist nur der erste Schritt. Nachdem MyMüsli-Mitgründer Max Wittrock fragte, wer seine Firma kennt, stellte er eine Anschlussfrage: “Und wer hat schon mal gekauft?” Fast niemand meldet sich.


Image (adapted) „Sitting In Boxes and Watching TV“ by Davidd (CC BY 2.0)


studiert Volkswirtschaftslehre in Regensburg und will Journalistin werden. Sie beschäftigt sich digitalem Journalismus, insbesondere der technischen Umsetzung. Ihr Blog heißt Schafott. Auf Twitter ist sie mit @cutterkom unter einem weniger martialischen Namen unterwegs. | Kontakt


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3 comments

  1. Hallo, ich finde es wichtig, dass man auch bei dem Shop anrufen kann und das man sich um einen kümmert und nicht nur eine Kundenummer. Habe bei http://www.trendgarne.de was bestellt per Telefon. Dort wurde sich rührend um mich gekümmert. Das finde ich wichtiger als jede Werbung.
    LG

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