Die dritte hy! Berlin will Europa digitalisieren

Vom 2. bis 4. Juni 2013 findet in Berlin das dritte hy!-Event statt und in diesem Jahr dreht sich die Start-up-Konferenz um die Digitalisierung der europäischen Wirtschaft, denn hier gibt es noch viel Nachholbedarf.

130602_hyBerlin_hHans Raffauf_Aydogan_Ali_ Schosswald_Foto_Christoph_Heinrich

Berlin ist nicht arm an Konferenzen oder Veranstaltungen und so kann die Veranstaltungsserie des Start-up hy! als eines der mutigsten Projekte in letzter Zeit bezeichnet werden, allerdings eines mit Erfolg. Aydogan Ali Schosswald und Hans Raffauf ist es mit nur zwei Anläufen gelungen, einen selbst getauften Gipfel der europäischen Kreativszene zu etablieren. Bis Dienstag kommen 150 von Schosswald handverlesene Gäste zusammen, um Idee zu entwickeln, die die gesamte europäische Wirtschaft digitalisieren sollen.

Das Silicon Valley an der Spree?

Gestern Abend begann die hy! und mehr als 150 Gäste aus über 14 Ländern folgten der Einladung des Berliner Eventstartup hyvent, dass die Veranstaltung in diesem Jahr zum dritten Mal organisiert. Die invitation-only Konferenz öffnete sich gestern für das Publikum und wird bis Dienstag ein vielfältiges Programmangebot auffahren. Der erste Abend zeichnete sich schon durch abwechslungsreiche Podiumsdiskussionen aus und interessanten Gesprächsgelegenheiten im Berliner Radialsystem V. Diese werden die eingeladenen Gäste heute und morgen im geschlossenen Summit vertiefen können. Doch schon der erste Abend war voll von Neuigkeiten, wie sie die eingeladene Presse liebt.

Mit dem Wiener Start-up „locca!“ konnte ein strahlender Sieger der Start-up-Competition vorgestellt werden. Zusätzlich wurde die Bühne genutzt, um so manche Meldung zu verbreiten: „Get Your Guide„-CEO Johannes Reck stellte nach der Übernahme des Berliner Start-up Gidsy das beendete Re-Design vor, EyeEm gab bekannt, dass sie 180.000 Downloads pro Tag haben sowie auf dem zweiten Platz des App Stores sind, RTL2-CFO Julia Reuter gab die Beteiligung des Senders am „Media for Equity Fund“ bekannt und das betahaus, hy! und das „Hardware Berlin Meetup“ stellten gemeinsam ihr 8-wöchiges Accelarator-Programm „Berlin Hardware Accelerator“ für Hardware & High-Tech Start-ups vor, dass im September und Oktober Premiere feiern wird.

Schmelztiegel von Innovation

Die hy! ist inzwischen mehr als nur ein Treffen von Menschen mit Ideen, wenn diese auch bei Gästen wie Charles Adler von Kickstarter, YouTube-Gründer Jawed Karim oder Renaud Visage von Eventbrite, Travis Kalanick von Uber, Ijad Madisch von Researchgate, Chris Barton von Shazam und Francis Pedraza von Everest reichhaltig vorhanden sind. Vieles dreht sich inzwischen um das Business, wenn auch nicht immer as usual. Den Veranstaltern ist es gelungen, eine lockere Atmosphäre zu schaffen, in dem sich die Gäste gegenseitig kennenlernen konnten. In solchen Biotopen entsteht Innovation. Das wissen auch die Telekom und die Axel Springer AG, die unübersehbar die Veranstaltung fördern. Seit Januar 2013 ist die Axel Springer AG sogar an der Veranstalterfirma hyvent GmbH beteiligt.

Springer-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner machte es sich auch gestern Abend neben vielen Gründern mit Ideen auf dem Podium bequem um erzählte über den Medienwandel aus Sicht des größten Medienhaus Europas. „Der digitale Journalismus hat das Potenzial der bessere Journalismus zu werden„, sagt Döpfner (wieder einmal) und meint einen Journalismus, gut versteckt hinter einer Paywall, der kostenlosen Zugang zu Informationen verhindert, sich gerne aber den kostenlosen Quellen Dank Social Media bedient und dort noch ungenutzte Möglichkeiten sieht. Doch bei so viel Unterstützung durch das vom Silicon Valley gebräunten Medienunternehmens, klatschte das Publikum gerne die Geister, die es rief, von der Bühne, auch wenn es zwischen den hier anwesenden Medien und den hier anwesenden Start-ups kaum Gemeinsamkeiten gab.

Die hy! am Scheideweg

Es ist verständlich, dass eine wachsende Veranstaltung neue Kooperationen sucht und sich andere Wege und Möglichkeiten erschließt und das Sponsoren sich stets einen besonderen Platz am Tisch sichern, ist nicht neu. Das offensive Auftreten von Telekoms viel gelobtem Inkubator hub:raum und von Springer, die den Gipfel auch mit einer beachtlichen Berichterstattung durch die Berliner Morgenpost und der BILD-„Zeitung“ begleiten, zeigt aber ein wachsendes Problem in der Berliner Start-up-Szene: die Konzentration auf das Geld. Springer und Telekom fördern ein Start-up nach dem anderen, sichern sich Anteile und werden zu den wichtigsten Geldquellen für Jungunternehmer. Die interessantesten Start-Ups im Bereich Journalismus oder Internetversorgung sind sie aber nicht. Sie sind Geldgeber und durch ihr Sponsoring mit einem großen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Zugleich verschmelzen diese beiden Informations- und Telekommunikationsanbieter mit Webdiensten und Serviceanbietern, eine für die Gesellschaft noch nicht abzuschätzende Entwicklung.

Auf der hy! geht es nicht mehr ausschließlich um die Verdichtung von innovativen Ideen und kreativen Menschen, der eigentliche Grund für die Popularität des selbsternannten Digitalgipfels. Die von Schosswald ausgesuchten Gäste stellen einen der spannendsten Ideenpools dar, die es zur Zeit in Europa gibt. Sich dann noch mit der Digitalisierung der auf diesem Gebiet hinkenden europäischen Wirtschaft zu beschäftigen, zieht natürlich Interessen und Geld, besonders von zwei in Europa führenden Unternehmen wie die Telekom und die Springer AG. Ob aber am Ende wirklich Europa von dem interessanten Konzept der hy! profitiert und nicht nur die Wirtschaft, die Zugang bekommen hat, bleibt offen.


Teaserimage & Image by Christoph Heinrich (Pressebilder)


ist Coworking Manager des St. Oberholz und als Editor-at-Large für Netzpiloten.de tätig. Von 2013 bis 2016 leitete er Netzpiloten.de und unternahm verschiedene Blogger-Reisen. Zusammen mit Ansgar Oberholz hat er den Think Tank "Institut für Neue Arbeit" gegründet und berät Unternehmen zu Fragen der Transformation von Arbeit. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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