Unabhängige Kommunikation ist schwerer als gedacht

Wie viele E-Mails gehen eigentlich wirklich an Datenkraken? Ein Web-Aktivist hat die Kommunikation nun einmal aufgeschlüsselt. Wie viel Sinn macht ein auf Privatsphäre und Sicherheit ausgelegter E-Mail-Anbieter, wenn Google und Co. trotzdem den Großteil der Kommunikation bekommen? Dieser Frage ist Benjamin Mako Hill, engagierter Web-Aktivist, in seinem Blog nachgegangen.

Ein Drittel der E-Mails kommen von Google

Darauf gekommen ist er eigenen Aussagen nach, als ihm Peter Eckersley, Chef der Technology Projects bei der Electronics Frontier Foundation (EFF), sagte, er sei bei Googlemail, weil Google ohnehin alle E-Mails hätte, wenn die Freunde ebenfalls Google nutzen. Die Logik ist klar: Schreibe ich mit meinem supersicheren, vielleicht auch teuren oder selbst konfigurierten E-Mail-Provider eine E-Mail an einen Freund, der Googlemail nutzt, hat Google diese E-Mail. Das an sich ist jetzt nicht gerade eine neue Information, eigentlich ist sie sogar ziemlich simpel zu begreifen.

Aber bislang hat sich noch kaum einer derart Mühe gemacht, mal wirklich konkret aufzuschlüsseln, um wie viele E-Mails es in dem konkreten Fall wirklich geht. Er spricht zwar immer nur von Google, aber natürlich sammeln auch viele andere Daten. Das bleibt leider außen vor. Immerhin: Ein Drittel seiner E-Mails stammen von Google. In der Statistik aber mit eingerechnet sind auch jegliche Newsletter und automatisierten E-Mails, sodass Hill von einem noch höheren Anteil an wirklich persönlichen E-Mails von Google ausgeht. Schließlich gibt es solche Mails von Google nicht.

Über die Hälfe der E-Mails gehen an Google

Eine Herausforderung sei gewesen, die E-Mails auch wirklich Google zuzuordnen. Schließlich verstecken einige Nutzer im „From“-Feld ihre @gmail.com-Adresse. Hill hat das Problem gelöst, in dem er alle Mails herausgefiltert hat, die über google.com, gmail.com und googlemail.com laufen. Am Ende hat er daraus eine mi­nu­ti­öse Statistik der letzten 10 Jahre (seit Beginn von Googlemail) erstellt. Das wären die E-Mails, die er von Google-Nutzern geschickt bekommen hat.

Nun hat er aber auch wissen wollen, wie viele E-Mails Google tatsächlich von ihm hat – wie viele er also an Googlemail-Adressen verschickt hat. Die Antwort überraschte ihn, so sein Blogpost, dann noch einmal: „Obwohl ich Hunderte von Dollar und Stunden Arbeit pro Jahr in einen eigenen E-Mail-Service investiere, hat Google ca. die Hälfte meiner E-Mails in der Inbox, auf die ich geantwortet habe„. Im letzten Jahr seien es 57 Prozent gewesen, mehr als ein Drittel in den Jahren seit 2006 und über die Hälfte seit 2010. Er könne aber einen Abwärtstrend erahnen: In diesem Jahr seien es erst 51 Prozent.

Höher als vorgestellt

Die Zahlen sind höher als ich mit vorgestellt habe„, schreibt Hill. Sie zeigen, so der Aktivist, wie schwierig es sei, über Privatsphäre und autonome Kommunikation nachzudenken. Er wissen außerdem nicht, was nun zu tun sei – außer eben andere davon zu überzeugen, nach den Snowden-Enthüllungen aufzuwachen. Es hilft alles nichts: Solange nicht alle mitziehen, auf sichere Anbieter umstellen, Verschlüsselungen anbieten und genügend Bewusstsein schaffen, wird sich nicht viel ändern.


Image (adapted) „Gmail en OME“ by Mario Antonio Pena Zapatería (CC BY-SA 2.0)


war von 2012 bis 2015 Autor der Netzpiloten. Seither arbeitet er als Geschäftsführer von BASIC thinking, schreibt Bücher und pflanzt dadurch Bäume. Zudem hat er das Online-Magazin Finanzentdecker.de gegründet. Am besten ist er über Facebook, Twitter und Instagram zu erreichen.


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , , ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert