Tor Messenger: Ein weiterer Schritt hin zu privater IM-Kommunikation

Das Tor-Projekt veröffentlichte kürzlich eine erste Beta-Version eines verschlüsselten, anonymisierten Instant Messengers, den auch Anfänger bedienen können. Die Entwickler des Tor-Projekts, das private, anonyme Kommunikation (insbesondere, aber nicht ausschließlich, für Menschen in repressiven Staaten) bieten will, stellten vor Kurzem eine neue App vor. Diese ermöglicht es, anonymisiert und verschlüsselt über populäre Instant Messenger zu chatten. Noch ist die App in der Beta-Phase, aber auf lange Sicht bietet sie das Potenzial, auch wenig technik-affinen Menschen eine einigermaßen sichere Kommunikation im Internet zu ermöglichen. Dazu müssten allerdings weitere Plattformen in das Projekt einbezogen werden.

Die neueste App des Tor-Projekts

Das Tor-Projekt ist Menschen, die sich mit IT-Sicherheit oder Netzaktivismus befassen, seit Jahren ein Begriff. Es hat sich zum Ziel gesetzt, anonymisierte Kommunikation zu ermöglichen. Damit sollen Zensurmaßnahmen (wie etwa die berüchtigte „Große Firewall von China“) umgangen sowie Aktivisten und Whistleblower vor Repression geschützt werden.

Vor Kurzem kündigten die Tor-Entwickler eine neue App an: den Tor Messenger. Dieser, so wird versprochen, soll einfaches und sicheres Chatten über gängige Instant-Messaging-Dienste ermöglichen.

Derzeit befindet sich der Tor Messenger noch in der Beta-Phase, das heißt, die Software ist unter Umständen noch nicht ausgereift, kann aber von Interessierten bereits getestet werden.

Was bietet der Tor Messenger?

Der neue Tor-Messenger bietet die Möglichkeit, anonymisiert und verschlüsselt über gängige Messaging-Dienste (darunter Jabber (XMPP), IRC, Google Talk, Facebook Chat, Twitter und Yahoo) zu chatten. Zur Verschlüsselung der Konversationen wird das populäre und unter Fachleuten als zuverlässig geltende „Off the Record Messaging“ (OTR) verwendet. Die Anonymisierung erfolgt über das von Tor erprobte Verfahren hintereinander geschalteter (kaskadierter) Anonymisierungs-Server. Allerdings weisen die Entwickler darauf hin, dass bei Client-Server-Chats nach wie vor Metadaten, insbesondere über das Verhältnis der Kontakte zueinander geloggt werden können. Dies kann Tor Messenger nicht verhindern. Er kann aber den Weg der Daten zum Server verschleiern und so den Standort der Chat-Partner verbergen.

Einfache Zugänglichkeit als großes Plus

Die Nutzung des Tor-Messengers ist überzeugend einfach. Der Nutzer muss die Software lediglich installieren, seine Chat-Konten hinzufügen und anschließend fast wie gewohnt chatten. Die technische, sicherheitsrelevante Seite wird von der Software im Hintergrund erledigt. Dadurch ist der Tor Messenger nicht schwieriger zu bedienen als andere Chat-Clients. Im Netz gibt es zudem mittlerweile Tutorials zur Nutzung des Tor Messenger.

Ein weiteres Plus gerade für Anfänger in Sachen sicheres Chatten ist, dass Nutzer weiterhin ihre gewohnten Chat-Dienste verwenden können. So müssen sie ihre Kontakte nicht davon überzeugen, sich komplett neue Konten auf einem neuen, sicheren Messaging-Dienst zuzulegen. In den Genuss von Verschlüsselung kommen die Nutzer allerdings nur, wenn beide Gesprächspartner über einen entsprechend ausgestatteten Messenger verfügen. Neben dem Tor Messenger bieten dieses Feature unter anderem Adium (Mac) , Miranda (Windows) und Pidgin (Multi-Plattform). Diese ermöglichen allerdings im Gegensatz zum Tor Messenger dem Nutzer keine Anonymität.

Bislang nur Desktop-Plattformen

Das wohl größte Manko des Tor Messenger ist, dass er derzeit zwar für alle gängigen Desktop-Plattformen (Linux, Mac OS X, Windows) verfügbar ist, Mobilgeräte aber nicht abgedeckt werden. In den letzten Jahren haben Smartphones, Tablets und andere Mobile Devices extrem an Bedeutung gewonnen und ein Großteil unserer Kommunikation findet über diese statt. Das gilt noch stärker in weniger reichen, hochentwickelten Ländern, wo viele Menschen zwar ein einfaches Smartphone, aber keinen Computer besitzen (aber womöglich aufgrund der politischen Situation dringend auf sichere Kommunikationsmittel angewiesen sind).

Ein Client für Mobilgeräte (wenigstens für die verbreitetste Plattform Android) wäre daher äußerst wünschenswert. Für diejenigen, die lediglich verschlüsselt chatten wollen, gibt es empfehlenswerte Alternativen wie Signal (ehemals TextSecure). Für diejenigen, die auch eine Anonymisierung benötigen, wäre der Tor Messenger für’s Smartphone aber ein wichtiger Schritt hin zu mehr Sicherheit ohne aufwändige Vorbereitung und komplizierte Einarbeitung.

Fazit: Ein weiterer Schritt auf einem langen Weg

Der Tor Messenger ist eine gelungene App und ein weiterer Schritt auf dem Weg hin zu sichererer Kommunikation für alle Internet-Nutzer. Durch seine leichte Zugänglichkeit – und die Tatsache, dass er, im Einklang mit dem aktivistischen Ansatz des Tor-Projekts, kostenlos angeboten wird – steht er auch denjenigen zur Verfügung, die sich weniger mit IT-Sicherheit auskennen. Die zusätzliche Anonymisierung ist ein sinnvolles zusätzliches Sicherheitsfeature.

All das ist wichtig, denn das Internet ist kein sicherer Ort. Nicht nur Kriminelle bedrohen unsere privaten oder geschäftlichen Daten. Auch viele Regierungen verhalten sich im Netz kaum besser als Kriminelle und sind in großem Stil hinter unseren Daten und unserer Kommunikation her. Bis diese Probleme gelöst sind, bleibt nur die digitale Selbstverteidigung – und für diese ist Verschlüsselung eines der wichtigsten Werkzeuge. Sie hilft uns nicht nur gegen Überwachung, sondern auch gegen Zensur. Die Entwickler des Tor-Projekts haben das erkannt und stellen daher gute und praktische Werkzeuge zur digitalen Selbstverteidigung zur Verfügung. Der Tor Messenger ist dafür ein neues, ausgezeichnetes Beispiel.

Um so wünschenswerter ist es, dass der Tor Messenger künftig auch Smartphone-Nutzern zur Verfügung gestellt wird, findet doch unsere Online-Kommunikation zunehmend über Mobilgeräte statt über den heimischen Computer statt. Hier nachzulegen, könnte die Reichweite und somit die politische und gesellschaftliche Relevanz der App noch einmal maßgeblich erhöhen.


Image (adapted) “crazy blur” by lecates (CC BY-SA 2.0)


 

schreibt regelmäßig über Netzpolitik und Netzaktivismus. Sie interessiert sich nicht nur für die Technik als solche, sondern vor allem dafür, wie diese genutzt wird und wie sie sich auf die Gesellschaft auswirkt.


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