In-Game Käufe – warum geben wir so viel Geld in Spielen aus?

Die Art, in der wir Videospiele konsumieren, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. „Früher“ haben wir uns ein Spiel gekauft und es gespielt. Ganz vielleicht gab es irgendwann mal ein Addon und das haben wir uns dann auch gekauft und gespielt. Fertig. Mittlerweile gehören Microtransactions und In-Game Käufe gerade zu vielen Spielen dazu und schaffen es, ganze Titel zu finanzieren, die eigentlich kostenlos sind. Spieler geben dabei teilweise Unmengen an Geld aus. Häufig sogar nur für Gegenstände, die rein kosmetischer Natur sind und das Spiel als solches gar nicht erweitern.

Kosmetische Gegenstände – Seltenheit und Ansehen

Die Battle Royale Spiele Apex Legends und Fortnite beweisen momentan eindrucksvoll, wie sich Free-to-Play Spiele über In-Game Käufe finanzieren können. Aber auch ältere Spiele wie League of Legends bieten die Möglichkeit, kosmetische Gegenstände für die eigenen Avatare zu kaufen. In der Regel läuft das über eine In-Game Währung, die sich Spieler zwar auch erspielen können, was in der Realität aber meistens nahezu utopisch ist. Der einfachere Weg besteht darin, die In-Game Währung für Echtgeld zu kaufen und sich damit Skins, Emotes, Tänze oder andere Gegenstände zu kaufen.

Neben derartigen Möglichkeit gibt es in Fortnite und seit dem 19. März auch in Apex Legends einen Battle Pass. Dieser Battle Pass verspricht mit jeder Stufe kosmetische Belohnungen. Die Stufen schalten Spieler frei, indem sie viel spielen und in den einzelnen Runden Aufgaben à la „Erledige vier Gegner mit einer Handfeuerwaffe“ erledigen. Somit werden natürlich die höheren Gegenstände immer seltener und begehrter. Die Battle Passes selbst können dabei auch nur durch In-Game Käufe erworben werden und stehen nicht etwa kostenlos zur Verfügung.

Die Seltenheit der kosmetischen Gegenstände steigert außerdem das damit verbundene Prestige. Ein Spieler, der in Fortnite mit dem höchsten Battle Pass-Skin der aktuellen Season rumläuft, vermittelt automatisch den Eindruck, erfahren zu sein. Tatsächlich lassen sich die Battle Pass Stufen aber auch käuflich erwerben, ohne dafür zu spielen. Der Antrieb, sich mit kosmetischen Gegenständen Prestige zu erkaufen, scheint dabei groß zu sein. Einer Umfrage der Seite LendEDU nach zu urteilen, geben Spieler im Schnitt etwa 85 US-Dollar in Fortnite aus. Von den 1000 Befragten gaben beinahe 69 Prozent der regelmäßigen Spieler an, in Fortnite Geld ausgegeben zu haben. Laut der Seite Techcrunch hat Fortnite 2018 in etwa drei Milliarden US-Dollar Gewinn erwirtschaftet. Zur Erinnerung: Fortinte Battle Royale kann komplett kostenlos gespielt werden.

Die genannten Spiele sind aber bei weitem nicht die einzigen Spiele, in denen Spieler Echtgeld loswerden können. Es gibt etliche weitere. Von Candy Crush über Counter Strike: Global Offensive bis hin zu Blizzards Overwatch – In allen Spielen lassen sich Inhalte mit Echtgeld kaufen.

Ist das Glücksspiel?

In FIFA 19 und auch in dessen Vorgänger können sich Nutzer außerdem Spielerpacks für den Modus FIFA Ultimate Team kaufen. Die darin enthaltenen Spieler werden dann für das eigene Team verwendet. Besonders begehrt sind die Ikonen. Bekannte Spieler, die bedeutend besser und dabei extrem selten sind. Auch hier können die Packs durch eine erspielte Währung gekauft werden. Deutlich schneller kommt man in dem kompetitiven Online-Modus aber voran, indem echtes Geld investiert wird. So besteht auch hier die Möglichkeit, die nötige Währung durch In-Game Käufe zu erhalten.

Der einzige Unterschied: In diesem Fall bringen die Spieler aus den Packs mit Glück sogar einen aktiven Spielvorteil. Zusammenfassend kann man also sagen, Spieler geben hier Geld aus und erhoffen sich einen begehrten Gewinn. Die Wahrscheinlichkeit an diesen Gewinn zu kommen ist dabei wahnsinnig gering. Eine weltweite Debatte darüber, ob Lootboxen als Glücksspiel zu werten seien, hatte das Spiel Star Wars Battlefront 2 Ende 2017 ins Rollen gebracht. In Belgien beispielsweise gelten die Lootboxen einiger Spiele als Glücksspiel und sind damit nicht erlaubt. Der rechtliche Status der Boxen ist in vielen Ländern allerdings noch nicht geklärt.

Auf der Seite fifarosters gibt es sogar ein Tool, mit dem Nutzer die Packs aus Fifa öffnen können, ohne dafür Geld zu bezahlen oder die Spieler in FIFA nutzen zu können. Lediglich das beliebte Gefühl beim Öffnen eines Packs lässt sich hier erzeugen. Die Idee ist skurril aber irgendwie auch wieder genial.

Handyspiele, Belohnungen und Wartezeiten

Auch diverse Mobile-Games bieten die Möglichkeit, echtes Geld loszuwerden. Das Prinzip ist dabei häufig ähnlich. So gibt es gerade in Aufbauspielen die Möglichkeit, die Wartezeiten auf den nächsten Fortschritt durch eine besondere Währung zu verkürzen. Das perfide dabei ist, diese Wartezeit werden immer größer, je weiter fortgeschritten Spieler sind. Zu Beginn können beispielsweise Gebäude sofort gebaut werden und die damit verbundene Belohnung für den Spieler erfolgt sofort. Mit jedem weiteren Ausbau des Gebäudes verlängert sich allerdings das Warten auf den Abschluss des Gebäudebaus und die damit verbundenen Belohnung.

Über eine spezielle Währung lässt sich diese Wartezeit nun verkürzen. Häufig bekommen Spieler zu Beginn des Spiels eine geringe Menge dieser Währung. Ist diese aufgebraucht, heißt es warten oder ein paar Euro bezahlen, um weiterzukommen und die nächste Belohnung zu erhalten. Gerade anfällige Spieler können durch die anfängliche Belohnungsflut so angefixt werden, dass sie später eher bereit sind, Geld zu investieren.

Konditionierung!

Eine wichtige Rolle bei dem Erhalten eines Gegenstandes oder bei dem Erreichen eines Fortschritts, spielen auch die audiovisuellen Eindrücke, die dabei auf uns einwirken. Wer jetzt an den Pawlowschen Hund denkt, der denkt in die richtige Richtung. Der Wissenschaftler hat bei jeder Fütterung seines Hundes mit einer Glocke geläutet. Irgendwann brauchte er nur noch die Glocke zu läuten und der Hund kam trotzdem angerannt. Ähnlich konditionieren uns auch die Geräusche und Animationen beim Öffnen einer Lootbox. Zudem verstärkt sich durch die eingehenden Reize unser Belohnungsempfinden.

Twitch, YouTube und Co.

Viele Streamer und YouTuber spielen die besagten Spiele ebenfalls und kaufen natürlich auch die kosmetischen Gegenstände. Dabei wird das Öffnen von Packs und Lootboxen teilweise vor der Kamera zelebriert und als etwas extrem besonderes dargestellt. Auch das macht es gerade für jüngere Zuschauer noch attraktiver, dieselben Skins und Gegenstände zu besitzen, wie die Streamer, die oft eine Vorbildfunktion für ihre Zuschauer innehaben.

In-Game Käufe und Mikrotransaktionen können(!) süchtig machen

Beispiele wie das eines 19-jährigen aus den USA, der laut eigener Angabe um die 10.000 Dollar in In-Game Käufe steckte, zeigen, dass Mikrotransaktionen durchaus einiges an Suchtpotential bieten. Nichts liegt mir ferner, als den Entwicklern solcher Spiele pauschal zu unterstellen ihre Spieler in die Abhängigkeit zu treiben! Auch ist es zu einfach gedacht, die Spiele alleine für eine Sucht verantwortlich zu machen und noch weniger ist das Beispiel eines Betroffenen repräsentativ. Prinzipiell ist der Gedanke, in kostenlosen Spielen über andere Wege Geld zu verdienen ja auch verständlich.

Aktuelle Beispiele vermitteln jedoch manchmal den Eindruck, ganz gezielt Mechanismen anzusprechen, die gerade jüngere und damit beeinflussbare Spieler dazu verleiten sollen, ihr Geld In-Game auszugeben. Zu denken könnte einem auch geben, dass es für Nutzer, die große Mengen Geld in ein Spiel versenken, sogar einen extra Begriff gibt. Die nennt man „Whales“. Wie vertretbar solche Geschäftsmodelle sind, sollte man zumindest hinterfragen und bei der Alterseinstufung solche Gefahren noch etwas stärker miteinbeziehen.

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Image by Sergey Nivens via adobe.stock.com

liebt seit jeher Sprache, Kommunikation und Mathematik. Heute ist er Software-Entwickler für Mixed Reality und moderiert den Netzpiloten-Podcast Tech und Trara. Die (digitale) Welt ist für ihn ein Ort voller Möglichkeiten und spannender Technologien, die man ausprobieren, bearbeiten und hinterfragen kann.


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