Cloud-Geschäft wird für Google wichtiger als Werbung

Während sich immer mehr Bezahl-Dienste ins Google-Portfolio mischen, setzt man im Hintergrund vor allem aufs B2B-Geschäft.

Urs Hölzle, als Senior Vice President bei Google für die technische Infrastruktur zuständig, hat im Rahmen der Konferenz “Structure” einen spannenden Einblick in die geschäftliche Zukunft von Google, demnach wie vor führenden Werbekonzern im Internet gegeben: Ab 2020 will man mehr Geld mit Cloud-Diensten verdienen als mit Online-Ads.

Unser Ziel ist es, dass wir von einer Cloud-Firma reden, wenn wir 2020 über Google sprechen”, sagt Hölzle, der als achter Mitarbeiter sehr früh bei Google angefangen hat und heute die Cloud-Dienste über hat. In fünf Jahren, glaubt Hölzle, könnte Google mehr Geld mit der Google Cloud Platform verdienen als mit AdWords und Co. Dabei handelt es sich nicht etwa um einen simplen Online-Speicher, in dem Nutzer ihre Fotos ablegen. Vielmehr ist die Google Cloud eine Möglichkeit, ganze Internetfirmen zu betreiben, weil sie dort Rechenpower, Speicherplatz, Big-Data-Dienste und API-Services buchen können. Auf den Google-Servern laufen etwa Snapchat, Khan Academy oder die Games von Rovio.

Wenn Hölzles Vorhersagen stimmen, dann wäre die Cloud für Google ein riesiges Geschäft. 2014 hat der Internetkonzern etwa 66 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht, etwa 90 Prozent davon stammen aus dem Werbegeschäft (v.a. AdWords-Anzeigen in den Suchergebnissen). 2015 wird es noch mehr Geld sein, dass Google mit digitaler Werbung verdient, doch ob dieser Trend anhalten wird, ist ungewiss. Auf mobilen Geräten, wo bereits mehr als 50 Prozent der Suchanfragen stattfinden, verdient der Internetkonzern aus Mountain View nicht so viel wie auf Desktop-Computern, zudem erstarken Konkurrenten, allen voran Facebook, bei der mobilen Werbung und machen Google die Werbebudgets streitig. Das hat bereits einen kleinen Switch in der Strategie ausgelöst: Schon heute bietet Google, das hauptverantwortlich fürs Gratis-Internet ist, bereits zahlreiche Dienste an, die dem Nutzer etwas kosten – etwa YouTube Red, Google Play Music oder Google Drive.

Im Cloud-Geschäft steckt für Google, das dort überraschenderweise eine eher kleine Nummer ist, viel Wachstum. Der Synergy Research Group zufolge waren die Amazon Web Services (AWS) im 2. Quartal 2015 mit 29 Prozent mit Abstand Marktführer, gefolgt von Microsoft (12 Prozent), IBM (7 Prozent) und Google (6 Prozent). Vor allem der Google-Rivale Amazon ist eine Macht, auf Basis seiner AWS laufen unzählige Internet-Dienste wie Spotify, Netflix, Slack, Airbnb, Foursquare, Shazam, Soundcloud oder Yelp. Kein Wunder, liefern sich Amazon und Google doch ständig einen Preiskampf, um mehr Businesskunden auf ihre Server zu holen.

Dass Google sich in den nächsten Jahren nicht aufs Werbegeschäft verlassen will, zeigt auch die Gründung der übergeordneten Holding Alphabet im Sommer. Seit Mitte August ist Google (und seinerseits die Tochter YouTube) “nur” mehr eine Tochter von Alphabet – allerdings eine, die mit ihren Werbe-Dollars bis auf weiteres das Kronjuwel in der Alphabet-Sammlung bleiben wird. Daneben allerdings versuchen Larry Page und Sergey Brin Geschäftsmodelle abseits der Online-Werbung aufzubauen – etwa Smart-Home-Geräte mit Nest, Medizinprodukte in den Life Sciences, selbstfahrende Autos oder Internetangebote mit Fiber. Gilt Google heute vor allem als Werberiese, könnten die Cloud-Dienste und die neuen Produkte aus der Alphabet-Holding ein ganz anderes Bild des Konzerns zeichnen. Eines wird aber wohl immer gleich bleiben: die Datensammelei.


Image (adapted) “cloud-computing (1)” by George Thomas (CC BY 2.0)


 

ist seit 2006 publizistisch auf Papier und Pixel tätig. Er arbeitet in Österreich als Journalist und hat die beiden Sachbücher "Phänomen Facebook - Wie eine Webseite unser Leben auf den Kopf stellt" (2010) und "Digitaler Frühling - Wer das Netz hat, hat die Macht?" (2012) veröffentlicht. In seinem Blog “Jakkse.com” und in Vorträgen schreibt und spricht er gerne über die Menschen und ihr Internet – von Social Media über Mobile Business und Netzpolitik bis zu Start-ups.


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