Warum ich meine Genomsequenz für die Öffentlichkeit gespendet habe

Vor ein paar Jahren habe ich mein komplettes Genom sequenzieren lassen – alle sechs Milliarden Basenpaare. Und anstatt es für mich selbst zu behalten, habe ich es als erster Mensch weltweit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, indem ich es dem Personal Genome Project UK, einer von Forschern geleiteten Organisation, gespendet habe. Da jeder auf die Daten zugreifen kann, kann die Öffentlichkeit – in Zusammenarbeit mit professionellen Wissenschaftlern – einen Beitrag zur Datenanalyse leisten.

Meine Spende habe ich unter dem umstrittenen Prinzip der freiwilligen Zustimmung gemacht. Vier andere Leute haben dies seitdem getan. Das bedeutet, dass wir damit einverstanden sind, dass unsere personenbezogenen Daten für jedermann frei zugänglich sind und keinen Anspruch auf Privatsphäre erheben. Das Projekt hört nicht bei der Verbreitung persönlicher Genomsequenzen auf, sondern geht weit darüber hinaus, indem es die Daten mit persönlichen Gesundheitsdaten, Informationen über Merkmale und die Umweltexposition des Einzelnen verknüpft. Gerade diese reichhaltige Informationsvielfalt macht die Initiative zum persönlichen Genomprojekt einzigartig und mächtig.

Daten aufdecken

Die menschliche Genomsequenz kann auch als der ultimative digitale Identifikator angesehen werden – wir alle haben eine einzigartige Sequenz. Derzeit werden die meisten Humangenom-Daten anonym gehalten, und es ist nicht generell möglich, diese Daten mit den persönlichen Daten der Versuchspersonen zu verknüpfen. Aber das reduziert die potenzielle Nutzbarkeit erheblich.

Je mehr Genome wir mit zusätzlichen Informationen verknüpfen können, desto näher rücken wir an die Aufdeckung der genauen Merkmale und Bedingungen heran, die mit welchen Genen verbunden sind. Wenn wir das wissen, werden die Behandlungsmöglichkeiten enorm sein. Es wird eine echte, personalisierte medizinische Behandlung ermöglichen, in der wir Krankheiten vorhersagen können und genau wissen, auf welche Behandlungsmöglichkeiten jeder einzelne Mensch anspricht. Da die wissenschaftliche und medizinische Forschung solche Entdeckungen immer wieder macht, können diese in Zukunft durch aktualisierte Genomberichte mit den Teilnehmern der Projekte geteilt werden.

Viele führende Wissenschaftler sind der Meinung, dass es äußerst schwierig ist, genomische Daten anonym zu halten. Obwohl es Versuche gibt, die Methoden zu verbessern, gab es Fälle in denen anonyme Probanden in Forschungsarbeiten leicht identifiziert werden konnten. Oft anhand von Informationen wie Alter, Geschlecht und Postleitzahl. Vielleicht müssen wir also die Vorstellung aufgeben, dass Daten für alle Ewigkeit vollkommen anonymisiert werden können.

Es gibt Großartiges über den Beitritt zum persönlichen Genomprojekt zu berichten. Man erhält Zugang zu einem Team führender Genforscher und Bioinformatiker und bekommt detaillierte Infos über sein persönliches Genom. Ich fand meinen persönlichen Genombericht sehr hilfreich. Es hat mögliche Gesundheitsrisiken aufgezeigt, von denen ich einige mit meinem Hausarzt besprochen habe.

Eine weitere, sehr nützliche Erkenntnis ist, dass ich mehrere DNA-Varianten habe, die mich daran hindern, viele verschiedene verschreibungspflichtige Medikamente in meinem Körper abzubauen oder zu transportieren. Infolge dessen weiß ich auch, welche Stoffe bei mir funktionieren. Tatsächlich könnte möglicherweise sogar eine bestimmte Art Droge für mich tödlich sein. Gut, dass ich das weiß.

Ich möchte die Menschen auf jeden Fall ermutigen, an dem Programm teilzunehmen. Sobald Hunderttausende oder gar Millionen von Teilnehmern an der Konferenz beteiligt sind, wird das Wissen, das wir über die Auswirkungen unserer Genome auf unsere Gesundheit, unsere Eigenschaften und unser Verhalten gewinnen, einzigartig sein. Obwohl wir nicht genau vorhersagen können, was wir lernen werden, ist es wahrscheinlich, dass wir Einblicke in psychische Gesundheitsbedingungen, den Medikamenten-Stoffwechsel, persönliche menschliche Ernährung, unsere Allergien und Autoimmunerkrankungen gewinnen werden. Wir erfahren mehr über unsere Lebenserwartung, Diabetes, Herz-Kreislauf-Gesundheit und mögliche Krebserkrankungen.

Ein schwieriges Thema

Aber ich bin mir auch bewusst, dass es nicht für jeden infrage käme, sein persönliches Genom sequenziert zu bekommen. Manche Leute wollen es einfach nicht wissen und spüren, dass die Information für sie eine Menge Ängste auslösen könnte. Niemand sollte sich gezwungen fühlen, sein Genom sequenzieren zu lassen.

Ich fand heraus, dass bei meiner Sequenzierung meines Genoms ein erhöhtes Risiko für eine seltene, unangenehme Krankheit festgestellt wurde und begann sofort, Symptome zu entwickeln. Als medizinische Tests schließlich aufdeckten, dass ich nicht die notwendigen Bedingung erfüllte, verschwanden die Symptome. Das zeigt, dass solche Informationen psychosomatische Symptome verursachen können.

Eine weitere Frage, über die sich mancher vielleicht den Kopf zerbricht, ist, wie die Daten von privaten Unternehmen, einschließlich Arbeitgeber oder Versicherungen, genutzt werden können. Obwohl die Forscher sich nicht mit Genen beschäftigt haben, die mit kriminellen Aktivitäten in Verbindung stehen, sind die Rohdaten für jedermann zur Analyse da. Zwar dürfen Versicherungsunternehmen derzeit noch keine Entscheidungen auf der Grundlage genomischer Daten treffen, einige könnten jedoch befürchten, dass sich dies in Zukunft ändern könnte.

Die Familie ist ein weiterer wichtiger Faktor. Schließlich teilen wir unsere Geninformationen mit unseren Eltern und Kindern – und vielleicht möchten wir das Thema vor der Bekanntgabe unseres Genoms mit ihnen besprechen. Eine andere Sache, die man bei der genomischen Prüfung bedenken sollte, ist, dass man unter Umständen herausfinden könnte, dass die eigenen Elternteile vielleicht nicht die sind, mit denen wir aufgewachsen sind. Dies geschieht in bis zu zehn Prozent der Fälle.

Ich verstehe sehr wohl, dass diese Dinge für bestimmte Menschen von Bedeutung sein können. Ich habe sie alle in Betracht gezogen, aber ich habe beschlossen, dass letztendlich eine Vorbereitung auf das Schlimmste die beste Vorbereitung ist. Wenn man weiß, dass man ein erhöhtes Risiko für eine bestimmte Krankheit aufweisen könnte, kann man frühzeitig handeln – zum Beispiel durch eine Ernährungsumstellung oder durch medizinische Spezialbehandlungen. Neben der Spende meiner Gendaten für das Gemeinwohl war dies wohl das Wichtigste für mich.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation“ unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image (adapted) „DNA“ by PublicDomainPictures (CC0 Public Domain)


The Conversation

ist Professor für funktionelle Genomik an der Universität in Brighton. Genomik-Technologien stehen seit 15 Jahren im Mittelpunkt seiner Forschung und haben sich in einer Reihe von interdisziplinären nationalen und internationalen Kooperationen etabliert. Zudem untersucht er die Herstellung von Antibiotika durch Bakterien, den menschlichen Schlaf und die menschliche Ernährung.


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