Der eigene URL-Shortener: Sinn oder Unsinn?

Links bestimmen unser digitales Leben. Wer keinen Link hat, hat meist nichts zu teilen. Denn hinter all den schönen Sachen in diesem Internet steht immer auch ein Link, so wie hinter diesem Artikel auch. Weil diese aber immer komplizierter, länger und kryptischer werden, boomen seit einiger Zeit so genannte Link- oder URL-Shortener. So wird aus einem ellenlangen Buchstaben-, Zahlen- und Zeichensalat ein kurzer, handlicher Link.

Besonders beliebt sind hier bit.ly oder goo.gl. Finde ich gut, wollte ich auch haben. Allerdings nicht von bit.ly und Co.: Wenn ich so etwas mache, dann möchte ich es auf meinem Server und unter meiner Kontrolle haben. Und so habe ich mich auf die Suche nach einem Tool gemacht, um mir etwas Ähnliches einzurichten. Zunächst einmal musste eine kurze URL her. Idealerweise eine, die was mit mir zu tun hat und den Link auch tatsächlich einfacher macht.

Ich entschied mich für tobgil.de, also die ersten drei Buchstaben von Vor- und Nachname. Anschließend musste das Paket von yourls.org auf den Server geladen und installiert werden. Das war zwar komplizierter als gedacht, irgendwann aber war es dann doch geschafft. Seither kann ich Links über ein mehr oder weniger schickes Backend kürzen.

Eine erste Kritik

Einer der Hauptgründe dafür – neben der puren Neugier, es einfach mal einzurichten – war, dass ich gerne ein bisschen den Überblick über die Links behalten wollte, die ich tagtäglich so durch die Netzwerke jage. Die Grundfrage: Welcher Tweet oder Post kommt wie gut an. Und: Warum eigentlich? Über das Backend von yourls.com kann man dem mit kleinen Statistiken und Grafiken zumindest annähernd ein wenig nachgehen.

Doch schon nach dem ersten Test erreichte mich ein Tweet einer Nutzerin, die eben dieses Tracking nicht sonderlich erstrebenswert hielt und sich vor dem Klick auf einen privat gekürzten Link zwei Mal überlege, ob sie die Seite öffne. Zudem wisse sie ja nicht, was sie sich einfange, wenn sie auf den Link klicke.

Guter Punkt, zugegeben. Und genau darum möchte ich diese Fragen an dieser Stelle diskutieren. Klar, in Zeiten von automatischer Link-Kürzung durch Twitter ist ein URL-Shortener nicht mehr zwingend nötig. Im Gegensatz zu bit.ly oder ähnlichen Kandidaten aber bleiben die (anonymen) Statistiken nur bei mir und laufen über deutsche Server. Bei bit.ly ist das anders, schon allein dadurch, dass .ly die lybische Domainendung ist.

Zudem finde ich einen privater Link-Shortener fast noch vertrauenswürdiger als einen externen. Als Beispiel lässt sich hier etwa Richard Gutjahr anbringen, der seine Links über gutja.de kürzt. Bei diesem Link-Syntax regt sich bei mir alles andere als Misstrauen. Aber na klar: Ein URL-Kürzer verschleiert die wahre Internetadresse. Allerdings weiß man auch bei einer unveränderten Adresse nicht immer, was man sich auf der Seite einfängt. Das beweist unter anderem die jüngste Sicherheitslücke bei Yahoo.

Ich sehe ein: Ein Link-Shortener hat seine Vor-, aber auch seine Nachteile. Mich persönlich hat es gereizt, ein bisschen damit herumzuspielen und ihn erst einmal nur einzurichten. Ob und wie ich ihn aber weiter verwenden werde, hängt nun von der Resonanz der Nutzer ab – die bis auf den einen Tweet weitgehend neutral ist. Außerdem hat sich das Klick-Verhalten durch meine eigene URL bislang nicht negativ verändert, eher gegenteilig. Ein Fazit meiner digitalen Neuerrungenschaft kann ich bislang aber noch nicht ziehen, dafür reichen wenige Test-Tage einfach nicht aus.

Wie sehr ihr das? Macht ein eigener URL-Shortener Sinn? Löst er bei euch Misstrauen aus oder vertraut ihr eigens gekürzten Links eher?


Image (adapted) “macro pixels url cliche“ by cubosh (CC BY 2.0)


 

war von 2012 bis 2015 Autor der Netzpiloten. Seither arbeitet er als Geschäftsführer von BASIC thinking, schreibt Bücher und pflanzt dadurch Bäume. Zudem hat er das Online-Magazin Finanzentdecker.de gegründet. Am besten ist er über Facebook, Twitter und Instagram zu erreichen.


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9 comments

  1. Du hast es selbst geschrieben: Für Twitter ist ein URL-Shortener nicht mehr notwendig. Wer eine Website betreibt, hat in der Regel auch ein Webanalyse-Tool, mit dem er Zugriffe auf seine Site auswertet – inkl. Referern von social networks. Der einzige Grund für mich als Site- oder Blogbetreiber, einen Shortener zu nutzen, ist wenn ich eine unattraktive oder nicht zu meinem Angebot gehörende URL kaschieren möchte. Als User habe ich den Kurzlinks immer schon skeptisch gegenübergestanden, weil ich nicht ersehen konnte, auf welchen Server er führt. Da ist ein eigener Shortener natürlich vertrauenswürdiger.

  2. Hallo,

    seit einiger Zet denke ich auch über einen eigenen Shortener nach. Besonders wichtig meiner Meinung nach, wenn man auf facebook, Google+ etc. in den Post URLs inkl. Tracking-Parametern bzw. sehr lange Deeplinks verwenden muss, kommt man an einem Shortener nicht vorbei.

    Bei fremden Anbietern habe ich oft das Gefühl, dass es einige Leute doch davon abhält, auf den Link zu klicken. Eine URL wie z.B. http://www.marke.de/xyz dürfte doch höhere CTRs haben als eine URL wie http://www.bit.ly/xyz...

    Die nächste Frage, die ich für wichtig halte: Wie stabil bzw. performant sind diese kostenlosen Dienste? Wenn ich mal angenommen innerhalb einer kurzen Zeit sehr viele Klicks auf einen bit.ly Link habe, muss ich dann Ausfälle befürchten?

    Beste Grüße
    Erkan

  3. Neben bit.ly sind neben diesen Custom Short Domains ja auch noch bitly.com oder j.mp als default short domains verfügbar – es braucht also nicht zwingend eine .ly Endung.

    Ich persönlich bin mit dem bit.ly Tool immer gut gefahren, insbesondere da man damit ja eben auch eine Custom Short Domain einrichten kann. Die URL sieht dann aus wie http://www.marke.Endung/Text und ist damit ausreichend vertrauenswürdig.

    Techcrunch beispielsweise nutzt „tcrn.ch“ – eine Kurz-URL die den Markennamen ideal abkürzt auch gesprochen funktioniert, die Webrepublic ihrerseits nutzt beispielsweise wbrp.li für ihre Links.

    Wie zuverlässig die Statistiken von bit.ly auch immer sein mögen – diese kann man jedoch auch mit Hilfe von anderen Tools tracken.

  4. Hallo Tobias,

    generell halte ich URL-Shortener für eine gute Sache. Wollen wir doch mal ehrlich sein. Kaum einer würde

    auf einen (offensichtlichen) Affiliate Link klicken, der sich noch dazu vielleicht über zwei, drei Zeilen
    oder mehr verteilt, wie man es immer wieder in diversen Newslettern, Foren usw.sieht. Und zwar aus wenigstens zwei Gründen.

    Zum einen wirken Sie nicht besonders Seriös, und dazu, wie Du schon richtig bemerkt hast, haben viele, so auch ich früher, Angst sie zu klicken, weil sich nicht einmal erahnen lässt, was sich tatsächlich hinter solch einen Link verbergen könnte.
    Ein weiterer Grund wäre da noch der Neid. Es gibt eine Menge Menschen da draußen, die den Affiliates die Provision einfach

    nicht gönnen, wohl in dem Wissen, dass es sich um einen Affiliate Link handelt. Traurig.

    Kurz und gut, auch ich halte nicht sehr viel von diesen populären Shortenern wie bit.ly & Co. Alleine schon wegen des Risikos, die
    Kontrolle über die Statistiken zu verlieren. Aus diesen und diversen anderen Gründen nutze ich ebenfalls Yourls. Er liegt bei mir direkt auf der Hauptdomain, ohne www. Keine Subdomain und auch kein Unterordner.

    So sehen meine Abonnenten gleich, dass die Empfehlung direkt von mir kommt, die mir ja eh schon vertrauen.

    Wäre dies nicht der Fall, würden sie sich aus meinen Verteiler austragen.

    In diesem Sinne
    Alles Gute Tobias für Deine weiteren Vorhaben

    Wünscht Dir
    Siegfried Kühnl

  5. Was Statistiken angeht bin ich den Weg der kompletten Transparenz gegangen. Mein Shortener ( http://hurz.me ) trackt nicht, zählt aber. Technologiebedingt ist das nicht sehr genau (ohne Tracking/Ip-Speicherung/Cookies kann man eben keine Duplikate erkennen).
    Die Statistiken pro Zugriff kann jeder Aufrufen, sowohl der Ersteller, als auch jeder andere (Hier wieder, weil ich bewusst auf das Sammeln von Daten verzichtet habe, und dadurch natürlich auch keine Authentifizierung machen kann).
    Das Wichtigste sieht man so, aber keine kritischen Benutzerbezogenen Informationen