Collaboration – Brauchen wir noch einen festen Arbeitsplatz?

Disruptive Business-Ideen im WG-Zimmer zu entwickeln ist für Start-ups heute kein Problem mehr.

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Collaboration Tools, wie z.B. Dropbox oder Google Apps, die als Cloud-Lösungen die Kommunikation und den Datentransfer über weite Entfernungen ermöglichen, sind günstig und für alle kinderleicht zu nutzen. Der klassische Arbeitsplatz mit Desktop-Rechner und tonnenschweren Aktenordnern scheint nicht mehr zeitgemäß zu sein und will irgendwie nicht in das hippe Bild der Start-up-Szene passen. Auslaufmodell Arbeitsplatz? Oder trügt der schöne digitale Schein vielleicht doch?

Diesen Fragen geht die erste Folge „Backyard TV” zum Thema Collaboration auf den Grund. Die Initiative Hamburg@work macht mit diesem neuen Format auf die innovative Kraft der Hamburger Start-up- und Kreativszene aufmerksam und bereitet deren Akteuren eine mediale Bühne. Daher hat sie vier Hamburger Köpfe zu den Chancen und Risiken von Collaboration Tools befragt: Ali Jelveh, Mitgründer von Protonet, Fridtjof Detzner Mitgründer von Jimdo, Thilo Bendler, Direktor Knowledge Management bei der Otto Group und Sven Wiesner, Vorstand der beebop media AG.

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Vereinfachen Collaboration Tools das Gründen eines Start-ups? Welche Vorteile bieten Skype, Facebook und Co.? Welche Risiken birgt die Nutzung? Wie steht es um die Sicherheit der Daten in der Cloud? Die Gesprächspartner von Backyard TV stellten sich bereitwillig dem Wissensdurst:

Sven Wiesner, Co-Founder und Vorstand der Hamburger Social Media Schmiede beebop media AG vertritt die klare Meinung, dass Collaboration Tools in den meisten Fällen das Gründen erst möglich machen:

„Klassischerweise gründet man ja so, dass sich wenige Leute in einer WG zusammensetzen und dann loslegen. Da hat man kein Geld für kostspieliges Equipment. So kann man sich aus verschiedenen kostenlosen Tools aussuchen, was für einen am besten passt. Das ist wie gemacht für Start-ups.“

Jimdo Co-Founder Fridtjof Detzner, der mit seinen Partnern Matthias Henze und Christian Springub 2004 auf einem Bauernhof in der Nähe von Cuxhaven gegründet hat, ist da skeptischer:

„Auf jeden Fall erleichtern Collaboration Tools das Gründen, aber sie sind nicht der essentielle Teil. Essentiell ist die Leidenschaft für das Produkt und das, was ich verändern möchte. Diese Leidenschaft trägt die Vision dann weiter.“

Wie sieht es mit den Risiken von Kollaboration aus, die neben der „Always-on“-Problematik auch den Datenschutzaspekt betreffen? Ali Jelveh, Mitgründer von Protonet, ist Experte auf diesem Gebiet.

Das Hamburger Start-up produziert eine private Cloud-Server-Lösung, die in Form einer orangefarbenen Box Nutzern die Verfügungsgewalt über die eigenen Daten zurück gibt. Ali Jelvehs Antwort überrascht:

„Auf meiner Reise ins Valley hat sich herausgestellt, dass das überhaupt nicht zutrifft. Vor Ort hörte ich von der Research eines amerikanischen Instituts, das herausfand, dass 87 Prozent der Amerikaner sich derzeit darum kümmern, ihre Spuren im Netz zu verwischen. Da ist eine noch höhere Sensibilität vorhanden als bei uns.“

Ebenfalls interessant ist es, neben Hamburger Gründern auch etablierte Unternehmen unter die kollaborative Lupe zu nehmen: Thilo Bendler ist Vice President Knowledge Management der Otto Group. Seit acht Jahren ist es seine Aufgabe den internen Wissenstransfer des Handelsriesen zu optimieren. Das eigene Kollaborationssystem des Konzerns, das ottogroup.net, optimiert nicht nur die interne Kommunikation, sondern auch die mit dem Kunden:

„Collaboration ist für uns kein Selbstzweck, sondern wir wollen uns ja darin verbessern, unsere Kunden optimal zu betreuen. Wenn ein Kunde z. B. eine Frage hat, auf die der Callcenter-Agent keine sofortige Antwort findet, dann bietet unsere Collaboration-Plattform die Möglichkeit sehr schnell auf Wissen oder auf Personen zuzugreifen, die weiterhelfen können, z. B. über Blogs oder über unsere ‘Team-Räume’, in denen man auf bestimmte Experten-Themen zugreifen kann.“

Gibt es denn auch Grenzen für kollaboratives Arbeiten? Alle Gesprächspartner sind sich darüber einig, dass Collaboration Tools kein Allheilmittel sind. Ein gesunder Mix aus digitaler Kollaboration und menschlichem Miteinander ist der Weg zum Erfolg. Das weiß auch Jimdo-Kopf Fridtjof Detzner. Auf dem Weg vom Start-up zum mittelständischen Unternehmen mit Offices rund um den Globus, wurde den Gründern schnell klar, wie wichtig die persönliche Kommunikation im Unternehmen ist. Ihre Antwort: die ,Teamverlötung’.

„Um alle 180 Jimdo-Mitarbeiter auf Stand zu halten, treffen wir uns mit dem ganzen Team jeden Montag zur ,Teamverlötung’ bei uns in Hamburg und nehmen das dann auch mit einem Video auf, damit die anderen Offices es sehen können. Mitarbeiter präsentieren, was im vergangenen Monat passiert ist und was im Kommenden passieren wird. Hier werden neue Mitarbeiter vorgestellt und Ankündigungen gemacht“, meint Detzner.

Ist der feste Arbeitsplatz ein Auslaufmodell und arbeiten wir bald nur noch im Home-Office ohne einen offiziellen Feierabend? Wohl kaum! Der Backyard TV Film hat gezeigt, dass Collaboration Tools zwar das Gründungsklima positiv beeinflussen und innovative Idee fördern, die Face-to-Face-Kommunikation jedoch unersetzlich bleibt. Darin sind sich alle Gesprächspartner einig.

Man kann sich auf die weiteren Backyard TV Folgen freuen, die die Initiative Hamburg@work zu weiteren medialen Kernthemen in Kürze auf den Weg bringen wird.


Dieser Beitrag erschien zuerst bei nextmediablog.de. Autorin: Sina Gritzuhn


Teaser- & Artikelbild sind von nextmediablog.de.

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