Dringend gesucht: Ein neues Material für Touchscreens

Touchscreens sind für unsere heutigen Endgeräte ein entscheidendes Element, weshalb alternative Materialien zur Produktion immer wichtiger werden.

Touchscreens sind ein Bestandteil von fast allen neuen technischen Geräten, von Smartphones über Tablets und persönlichen technischen Spielereien bis hin zu Flachbildfernsehern und Haushaltsgeräten. Dieser plötzliche Zuwachs an Technik ist von einem Schlüsselelement abhängig: Ein Display, das sowohl transparent als auch fähig ist, elektrische Ladung zu leiten.

Da die Menge an Geräten stetig zunimmt, ist die Zukunft dieser Technologien mit erheblichen Hürden konfrontiert – Materialverfügbarkeit und steigenden Kosten. Das am häufigsten eingesetzte transparente leitende Material kommt aus begrenzten Bodenschätzen, und trotz fast einem Jahrzehnt an Forschung gibt es keinen eindeutigen Ersatz.

Zu den Alternativen, die an Zug gewinnen, gehören silberne Nanodrähte, Kohlenstoffnanoröhren, Graphen und leitende Polymere.

Die ursprüngliche transparente Elektrode

Die traditionell am häufigsten benutzten transparenten leitenden Materialien sind dotierte Metalloxide. Indiumzinnoxid (ITO vom Englischen indium Tin Oxide) ist in diesem Bereich seit Jahrzehnten der Marktführer.

Aber die Menge an Indium in der Erdkruste ist relativ gering (etwa 0,000016 Prozent oder 160ppb, also Milliardstel des Gewichts). Bei der Geschwindigkeit, mit der Bergbau und Metallerzgewinnung vonstattengehen, ist der Preis für pures Indium auf 900 US-Dollar pro Kilogramm angestiegen.

ITO ist nur transparent, wenn das Gerät sehr dünn damit beschichtet wird. Das ist zwar praktisch, indem es Gewicht und Platz auf kleinen Geräten spart, doch es wird viel Energie benötigt, um eine solche Schicht mit einer Technik namens physikalische Gasphasenabscheidung aufzutragen.

Trotz der Nachteile sind die wünschenswerten Eigenschaften von ITO, wie die optische Transparenz, Leitfähigkeit und Stabilität, kaum zu übertreffen. Andere Metalloxidleiter wie etwa Fluor-dotiertes Zinnoxid und Aluminium-dotiertes Zinkoxid können einen angemessenen Ersatz darstellen, der fast an die Eigenschaften von ITO herankommt.

Obwohl die Nutzung dieser Oxide die Kosten der Rohmaterialien reduzieren würde, gibt es keine Verbesserung der Technik mit neuen Eigenschaften. Wie auch ITO, sind diese Beschichtungen spröde und benötigen einen erheblichen Energieaufwand, um sie auf einen Untergrund aufzutragen.

Diese Probleme haben Forscher dazu bewogen, an anderer Stelle nach möglichem Ersatz zu suchen, der nicht nur viel billiger, sondern auch nachhaltiger ist, bessere Leistung zeigt und auf biegsame Untergründe aufgetragen werden kann.

Nanodrähte und Nanoröhren

Der Beginn der Nanopartikel-Forschung stellt Techniken und Werkzeuge bereit, um die Anordnung von Objekten auf der atomaren Ebene zu kontrollieren.

Nanodrähte aus Metall – nur Zehntel Nanometer im Durchschnitt und Mikrometer in der Länge – weisen eine hohe Leitfähigkeit auf. Da diese Metall-Nanodrähte in einer Flüssigkeit gelöst sind, können sie auf fast jede Oberfläche, sowohl steif als auch biegsam, aufgesprüht oder gestrichen werden.

Indem die Dicke der Schicht angepasst wird, können diese Nanoröhren der Leistung des ITO gleichkommen. Weil aber Silber das Metall der Wahl in diesen Nanodraht-Systemen ist, kann es sein, dass es an dieser Stelle keine Kostenvorteile gibt.

Abgesehen davon, dass sie für die Herstellung künstlicher Muskeln benutzt werden, werden Kohlenstoffnanoröhren für ihre leitenden und halbleitenden Eigenschaften gepriesen.

Diese zylindrischen Nanostrukturen bestehen ausschließlich aus Kohlenstoffatomen, wodurch die Kosten, Nanoröhrenschichten herzustellen, recht gering sind. Ihre Leistung als transparentes leitendes Material ist gegenwärtig nicht immer zuverlässig, da die Leitfähigkeit abhängig von der Nanoröhrendichte und den Verbindungen zwischen den Nanoröhren stark schwanken kann.

Das neue Aushängeschild für die Nanorevolution, und ein enger Verwandter von Kohlenstoffnanoröhren, ist Graphen. Graphenplatten sind zweidimensionale Kohlenstoffstrukturen (eine Schicht Graphit), die geladene Elektronen mit sehr hohen Geschwindigkeiten leiten können.

Graphenbasierte Elektroden haben das Potential, echte kostengünstige Alternativen zu ITO zu werden. Aber obwohl ihr Nutzen in der Forschung gezeigt wurde, bleiben noch einige Fragen zur Qualität und Reproduzierbarkeit von Graphenmaterialien unbeantwortet.

Da die Produktion von Graphen immer noch nicht sehr einheitlich ist, werden oft Mängel festgestellt, die zu einer suboptimalen Elektrodenleistung führen.

Umstieg auf organische Materialien

Transparente Elektroden werden nicht nur gebraucht, um hochauflösende Bilder darzustellen, sondern sie spielen auch eine wesentliche Rolle bei der Solarenergie.

In der Photovoltaik, mit der Licht in Elektrizität umgewandelt wird, ist eine transparente leitende Elektrode erforderlich, um den Durchgang des Lichts durch das Material zu ermöglichen und den erzeugten Strom zu sammeln.

Um in Konkurrenz mit fossilen Brennstoffen und anderen erneuerbaren Energieressourcen einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, ist es unabdingbar, eine günstigere Alternative zu großangelegten Solarzelltechnologien zu finden.

Leitende Polymere könnten genau das richtige Material sein, um diese Nische zu füllen. Da die Kohlenstoffatome das Polymer-Rückgrat bilden, hängt die Leitfähigkeit solcher Materialien davon ab, wie frei sich die Ladung bewegen kann und wie die Leitfähigkeit der anderen verarbeiteten Materialien ist.

Genauso wie organische Materialien, können leitende Polymere einfach verarbeitet werden. Forscher haben es geschafft, diese Schichten in großem Umfang bei relativ geringen Kosten zu drucken.

Während die erstrebenswerten Eigenschaften der optischen Durchlässigkeit und Leitfähigkeit mit strukturellen Anpassungen eingestellt werden können, ist die Stabilität dieser organischen Materialien geringer als die des ITO.

Eines der am häufigsten genutzten leitenden polymeren Materialien ist das sogenannte Poly (3,4-ethylendioxythiophen)/ Polystyrolsulfonat, kurz PEDOT:PSS, welches wechselnde Bestandteile hat, die sowohl positiv als auch negativ geladen sind.

Es gibt auch eine bedeutende Menge an Forschung, die sich mit Mischformen oder Verbundstrukturen der oben genannten Materialien befasst.

Das endgültige Ziel ist es, die wünschenswertesten Eigenschaften zu kombinieren, um ein Material mit hoher Leitfähigkeit und optischer Transparenz zu schaffen, das zu geringen Kosten produziert und verarbeitet werden kann.

Angesichts der Vielfalt neuer leitender Elektroden, die untersucht werden, bestehen kaum Zweifel, dass eine Alternative zu ITO in naher Zukunft gefunden wird.

Dieser Artikel erschien zuerst auf “The Conversation” unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image (adapted) “ICT Congress in Brussels – Day II” by cea + (CC BY 2.0)


 

ist zurzeit Forschungsstipendiat an der Universität in Melbourne. Die letzten acht Jahre hat er im Bereich der organischen Elektronik, mit besonderem Fokus auf organische Solarzellen, gearbeitet.


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