Mobile Payment hat es schwer in Deutschland

Mobile Payment ist weltweit im Kommen. In Deutschland schreitet die Entwicklung nur langsam voran. Zu viel Alleingang seitens der Anbieter, zu wenige Vorteile für die Nutzer. Sind wir noch nicht reif für diese Art von Bezahlsystem? Beim Thema Mobile Payment blickt kaum noch jemand durch: zu viele Anbieter, zu viele verschiedene Methoden, einfach kein einheitliches Bild. Die Marktakzeptanz ist hierzulande deutlich geringer als in anderen Staaten, was dazu führt, dass Anbieter Deutschland nicht als geeigneten Markt sehen und sich hier mit Innovationen eher zurück halten. Die Bürger sind verunsichert – kaum einer ist über die Möglichkeiten informiert und die Vorteile der vorhandenen Angebote überzeugen nur die wenigsten.

Technologien in Deutschland noch nicht ganz etabliert

Die Möglichkeiten im Mobile Payment sind ganz unterschiedlich. Die Funktechnologie „Near Field Communication“ (NFC) identifiziert den Handynutzer, indem der NFC-Sticker am Handy den passenden Terminal registriert und so die Transaktion startet. Diese Übertragungsmethode ist mittlerweile an über 70 000 Kassenterminals in Deutschland möglich – setzt allerdings ein NFC-fähiges Handy sowie die passende SIM-Karte mit dem hinterlegten Secure Element vom Mobilfunkbetreiber voraus. Um NFC anbieten zu können, müssen die Händler ein entsprechendes Kartenlesegerät nutzen, das gewisse Investitionen bedarf. Für größere Ladenketten wie Douglas, Christ oder Thalia ist die Anschaffung kein Problem, doch kleine Einzelhändler trauen sich oftmals nicht, in diese Technologie zu investieren. Das will der Anbieter Payleven mit seinem neuen Chip-&-Pin-Kartenlesegerät ändern: voraussichtlich soll dieses ab Herbst diesen Jahres zu vergleichsweise niedrigen Preisen angeboten werden. NFC kommt beim Bezahlen ganz ohne App aus – ein Vorteil gegenüber anderen Mobile Payment Varianten.
Es geht aber noch innovativer: die Bluetooth-Low-Energie-Technologie (BLE) basiert auf dem Sender-Empfänger-Prinzip. Dabei senden die sogenannten Beacons (abgeleitet vom Wort „Leuchtfeuer“) Signale, die schon aus wenigen Metern Entfernung vom Empfänger-Smartphone erkannt werden können. Die Reichweite liegt hier bei bis zu 30 Metern – zum Vergleich: bei der NFC Variante können die Daten per Funktechnik nur über wenige Zentimeter hinweg erkannt werden. Ein komplett anderes System also, was unterschiedliche Vor- und Nachteile mit sich bringt. Anders als bei NFC ist bei BLE eine App erforderlich, die mit den Beacons kommunizieren kann. Die statischen Beacons gibt es in Deutschland noch fast nirgends, Yapital und Valuephone haben allerdings schon angekündigt, mehr in diese Entwicklung zu investieren.

Bezahl-Apps sind den Usern oft zu aufwändig

Im vergangenen Jahr hat sich in Deutschland einiges getan. Große Unternehmen wie Netto, Rewe und Edeka sind auf den Mobile-Payment-Zug aufgesprungen und haben Apps eingeführt, womit man per Smartphone bezahlen kann. Rewe setzt dabei auf den Anbieter Yapital: der Kunde bezahlt durch das Fotografieren eines sogenannten QR-Codes direkt mit der Yapital-App, eine extra Rewe-App ist dabei nicht nötig. Das hat den Vorteil, dass der User nicht für jeden einzelnen Laden eine eigene App braucht, sondern für alle Läden, die Yapital nutzen, damit auch bezahlen kann. Anders ist es bei Netto und Edeka: diese haben eigene Apps zum bezahlen. Beide Unternehmen bedienen sich zwar der Whitelabel-Lösung von Valuephone – die Apps sind somit untereinander kompatibel – was der Kunde allerdings oft nicht weiß.
Grundsätzlich schneiden Bezahl-Apps im Punkt Usability eher schlecht ab: die Registrierung ist vielen oft zu mühsam und zum Bezahlen muss immer ein Internetzugang vorhanden sein. Es mangelt also insgesamt an Mehrwert aus Sicht der Nutzer. Ob dieser in Zukunft erkannt wird, bleibt fraglich.

Attraktivere Märkte für Anbieter im Ausland

Trotz oft vergleichbarer Infrastruktur ist die Marktakzeptanz für Mobile Payment-Lösungen im europäischen Ausland höher. Laut dem Blog regital.de gibt es dafür einige Beispiele: die Telekom führte seinen Mobile-Wallet erst in Polen ein, da dort die Smartphone-Nutzung insgesamt höher ist und in Österreich haben alle Spar-Supermärkte bereits NFC-Terminals. Und PayPal brachte seinen Mobile-Payment-Rollout zunächst in Holland und England auf den Markt. In Deutschland wäre ein einheitlicher Standard nötig, um die Marktakzeptanz zu verbessern. Wird das Jahr 2014 den Durchbruch bringen? Alles noch ungewiss.
Momentan ist der Konsens eher Richtung Abwehr, bzw. Gleichgültigkeit: laut einer Studie des Marktforschungsinstitutes Nielsen lehnen 55% Mobile Payment ab, 26% könnten es sich vorstellen. Ingo Schier, Geschäftsführer von Nielsen Deutschland, sieht den Grund dieser Verteilung in der starken Fragmentierung des Marktes und der vorherrschenden Angst der Deutschen vor Datenmissbrauch.


Image (adapted) „iPhone“ by FirmBee (CC0 Public Domain)

studiert Philosophie und Politikwissenschaft im Master und hat während ihres Journalistik-Bachelors Erfahrungen im Print-, Online- und TV-Bereich gesammelt. Seit Juni 2014 schreibt sie für die Netzpiloten vor allem über Medien und Gesellschaft.


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