Meerjungfrauen hassen Plastik

Auf Benjamin Von Wongs Bildern schwimmen Meerjungfrauen in 10.000 Plastikflaschen – er kreiert ästhetische Fotos, die auf verschmutzte Ozeane aufmerksam machen sollen. Der 30-jährige Fotograf sprach mit mir über seine Arbeit und Beweggründe.

Umweltkampagnen gegen Plastikkonsum kennt man eigentlich anders – man sieht tote Fische an vermüllten Stränden oder Vögel, in deren Gefieder oder Schnäbeln Plastikreste stecken. Benjamin Von Wongs Bilder greifen die gleiche Thematik auf, doch lässt er wunderschöne Fabelwesen in einem Flaschenmeer schwimmen, in Wellen aus Plastik tauchen und in Tropfen aus dem blauen Kunststoff verweilen. Faszinierende Fotos – die zugleich abschreckend wirken, sobald man den Titel liest: Mermaids hate plastic. Die Bilder, die aus der Natur und Fantasie inspiriert sind, zerstören zugleich ihre wundersame Wirkung, wenn die harte Realität auf Fotokunst stößt.

Kurze Zeit nach ihrer Veröffentlichung auf Benjamin Von Wongs Blog, Facebook und Youtube sind sie viral gegangen. Was die Internet-Gemeinde begeistert, sind nicht nur die Fotos, sondern auch der Entstehungsprozess der Kunstwerke, den Benjamin in einem kurzen Video erklärt.

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Extravagant – Einzigartig – Anders

Auf die Idee für das Fotoprojekt kam er, als seine Mutter per Zufall auf eine Schneiderin stieß, die sich auf Meerjungfrauen-Kostüme spezialisierte: „Ich habe immer versucht, gewöhnliche, alltägliche Dinge in etwas Außergewöhnliches mit meiner Fotografie zu verwandeln. Die Bilder müssen extravagant, einzigartig und anders sein, damit sie Menschen ansprechen. Meerjungfrauen symbolisieren für mich die Schönheit des Ozeans, Plastikflaschen zerstören ihn – die Idee war geboren. Meine Bilder sollen zu einem Symbol werden.“

Ein riesiger Lastwagen transportierte die 10.000 Plastikflaschen zu der Lagerhalle in Montreal, die für einen Tag in ein Flaschenmeer verwandelt werden sollte. Benjamin trommelt per Social Media Freiwillige, Familie und Freunde zusammen, die mit ihm die Flaschen wuschen und von Etiketten und Deckeln befreiten. In ihnen badete dann das Model Clara Cloutier. Ganze sechs Sekunden, bis der Final-Shot im Kasten war – ein Tag schweißtreibende Arbeit für das Team rund um Benjamin.

#mermaidshateplastic

Am ersten Tag schauten bereits 1,5 Millionen Menschen das Video an, das Benjamin am 12. Dezember auf seinen Kanälen postete. Einen Monat später sind es ganze 18 Millionen Views. Die Online-Petition #mermaidshateplastic, die neben den Videos, Fotos und Blogeinträgen online ging, sammelte bis jetzt über 12.000 Unterschriften.

Benjamin erklärt mir, dass er versucht, den Hunger nach Neuartigem, Schönem und zugleich Schrecklichem des Internet-Publikums zu stillen: „Ich versuche, die Balance zu finden und verbinde oft schockierende Inhalte und Titel mit ästhetischen Bildern. Ganz wichtig ist, dass ich meine Bilder immer konzeptualisiere. Die Menschen werden auf eine Reise mitgenommen. Das ist das, was meine Artwork ausmacht – sie hat nicht diesen belehrenden Charakter wie viele andere Umweltprojekte, sondern ich zeige, was für ein Abenteuer wir erlebt haben.“

2050 gibt es mehr Plastik auf der Erde als Fische im Wasser

Damit käme er nicht nur an Menschen, die sich sowieso für die Umwelt engagieren, sondern erreiche ein größeres Zielpublikum: „Wer auf meine Bilder klickt, erfährt, wie sehr unser Plastikkonsum die Erde gefährdet. Wenn wir so weitermachen wie bisher, gibt es 2050 mehr Plastik auf dem Planeten als Fische im Wasser. Das ist erschreckend!“, erklärt der gelernte Bergbauingenieur. Er kündigte seinen festen Job, um sich seiner Leidenschaft zum widmen: „Der einfachste Weg, mich zu beschreiben, wäre Fotograf, doch ich blogge auch, filme, halte Vorträge und unterrichte. Meinen Stil kann man eigentlich ganz einfach zusammenfassen: Meistens mache ich irgendetwas völlig Verrücktes mit irgendjemand völlig verrücktem und teile dann den Entstehungsprozess. Wie einen magischen Trick, den man enthüllt“. Auch zu der Golf Photo Plus Week 2017 in Dubai ist er eingeladen, um sein Wissen, das er sich selbst angeeignet hat, weiterzugeben.

Bei der E.G. Conference in Kalifornien, die jährlich Erfindern und Kreativen unserer Zeit das Wort gibt, rief Benjamin dazu auf, mit neuen Ideen für Foto-Projekte zu ihm zu kommen: „Ich glaube, dass ich Menschen mit meiner Kunst reizen kann, sich mehr für die Umwelt zu engagieren und über sie zu lernen. Ich habe eine kleine Armee an Unterstützern, Make-Up-Artists und Designern zur Hand, die sich auf das nächste Projekt freuen. Wenn du also eine Idee, hast, dann kontaktiere mich, damit wir etwas tolles auf die Beine stellen und die Welt ein wenig besser machen können.“


Image „Plastic Mermaid 4 Plastic Drain“ by Benjamin Von Wong


Maren Méheust schrieb schon aus Paris, Dubai und Berlin für die Netzpiloten. Sie wohnt mittlerweile an der französischen Grenze in Kehl und arbeitet als Strategin bei der Digitalagentur TLGG. Maren Méheust ist Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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