Neues aus der Weltraumforschung: Wir bauen Elektroautos aus Kontaktlinsenmaterial

Der Akku ist wieder mal leer – die meisten Smartphone-Besitzer kennen das. Wie wäre es, wenn der Akku binnen Sekunden wieder aufladbar wäre?  Was wäre, wenn man das Elektroauto in der gleichen Zeit aufladen könnte, wie es dauert, einen Benziner vollzutanken? Elektroautos würden dadurch viel attraktiver werden. Um diese Idee Wirklichkeit werden zu lassen, haben meine Kollegen und ich ein neues Material auf Grundlage weicher Kontaktlinsen entwickelt. Traditionelle Batterien hätten damit ausgedient.

Statt also eine neue Batterie zu entwickeln, haben wir an einem Superkondensator gearbeitet, der seine Energie viel schneller auf- und entladen kann.  Superkondensatoren werden sogar schon benutzt, beispielsweise in elektrischen Bussen in China. Das Problem an den Superkondensatoren ist allerdings, dass sie nicht sehr viel Energie speichern können. Daher müssen sie häufig aufgeladen werden, weshalb der Bus unterwegs häufig halten muss.

In Zusammenarbeit mit Ian Hamerton von der Bristol University und Augmented Optics haben wir ein Material entwickelt, das viel effizienter ist als das, was sonst in traditionellen Superkondensatoren benutzt wird. Diese Technologie wurde noch nicht zu einem funktionierenden Gerät entwickelt, aber wenn sich die weitere Arbeit als erfolgreich herausstellt, gäbe es viele Anwendungsmöglichkeiten im Transportbereich, der Luftfahrt und in der Energiegewinnung sowie in Haushaltsgeräten wie Handys, Laptops und Flachbildschirmgeräten.

Batterien speichern Energie durch chemische Reaktionen, die die Materialzusammensetzung der Batterie durch die freie Bewegung von geladenen Teilchen, den Ionen, verändern. Es dauert eine Weile, diese Ionen zu produzieren und zu trennen. Das ist der Grund, warum Batterien lange zum Laden und Entladen brauchen. Die gebräuchlichste Batterie, die im Moment benutzt wird, ist die Lithium-Batterie. Diese benutzt Lithium-Ionen, um die Ladung zu speichern. Lithium ist ein seltenes und teures Element, und bekanntlich gab es in letzter Zeit einige prominente Fälle, bei denen Lithium-Ionen-Batterien Feuer fingen.

Superkondensatoren hingegen laden und entladen sich schneller, weil es dort keine chemische Veränderung gibt. Stattdessen funktionieren sie mithilfe veränderter magnetischer Eigenschaften der Atome des Materials, auch Polarisation genannt. Während Superkondensatoren typischerweise nur ein Zehntel von dem schaffen, was eine Batterie speichern kann, kann unser neues Material zwischen 1.000 und 10.000 mal mehr Energie im Verhältnis zur Größe speichern als gewöhnliche Materialien – es kann also mehr Energie speichern als Lithium-Batterien.

Ähnlich wie bei Batterien wird ein Superkondensator grundsätzlich aus zwei Elektroden hergestellt, die die Ladung mit einer Materialfüllung speichern. Forschungen dazu, wie man Superkondensatoren verbessern kann, haben sich bisher hauptsächlich darauf konzentriert, die Elektroden zu verbessern, indem nanostrukturiertes Kohlenstoffmaterial mit vielen kleinen Fasern eingesetzt wurde. Das erhöht die Oberfläche der Elektroden, im Vergleich zu glattem Material, sehr stark – allerdings macht es das auch teurer. Stattdessen haben wir uns darauf konzentriert, die Füllung durch die Herstellung von Materialien zu verbessern, die selbst bezüglich der Ladekapazität möglichst langlebig sind.

Anschwellendes Material

Die fraglichen Materialien basieren auf den gleichen, die zur Herstellung von weichen Kontaktlinsen benutzt werden. Sie sind flexibel, durchsichtig, wasseraufnehmend und wurden vor 40 Jahren erstmals von Donald Highgate entwickelt. Die Materialien werden auch als Gel beschrieben, aber das ist nicht wirklich treffend, da sie sich nicht wie Gel auflösen können. Sie sind in Wirklichkeit Ketten aus Plastikmolekülen, die chemisch so miteinander verbunden sind, dass sie ein vernetztes Gebinde formen. Das Netzwerk ist locker, damit kann Wasser eintreten und das Material anschwellen, aber es leitet keine Elektrizität.

Wir konnten diesen Stoff mit einem leitenden Polymer, das für sich allein sehr fragil und in Wasser unauflöslich ist, verbinden. Die Kombination daraus ist nun flexibel, leitet Elektrizität und kann Wasser aufnehmen, was wichtig ist, weil dadurch das Material nicht entflammbar ist.

Wir hoffen nun darauf, mit einer Firma namens Supercapacitor Materials zusammenarbeiten zu können, um einen funktionierenden Prototyp zu bauen, indem wir die Art, wie wir das Material herstellen, verbessern. Danach wollen wir den Superkondensator in Elektroautos unterbringen, zunächst zusätzlich zu Batterien, um die Zeit ohne erneutes Aufladen zu erhöhen. Letztlich soll er die bisherige Technologie irgendwann vollständig ersetzen – das würde das Laden der Elektroautos noch einfacher machen als das Aufladen unserer Handys.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation” unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image „electric-car“ by stux (CC0 Public Domain)


ist Dozent für Chemie an der University of Surrey in England. 30 Jahre lang forschte er an Polymeren und Proteinen und hat über 150 Artikel zu seine Arbeit veröffentlicht.


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