Buchrezension: Die neuen Marketing- und PR-Regeln im Web 2.0

Satte 418 Seiten habe ich durchgearbeitet und einiges an neuen Erkenntnissen zum Umgang mit den neuen Medien und zur Pressearbeit mitgenommen. Bei dem Buch Die neuen Marketing- und PR-Regeln im Web 2.0 von David Meerman Scott handelt es sich um die zweite Auflage mit den neuen Regeln aus der social media Welt.

Anfänger müssen sich erst einmal zurechtfinden in dem Dschungel der Medienvielfalt. Aber es ist absolut lohnenswert. Auch für Fortgeschrittene halte ich das Buch für einen wichtigen Impulsgeber. Man kann es gut querlesen und ausgesuchte Kapitel genauer studieren.

Das Web 2.0 bietet zwischenzeitlich einen ganzen Katalog an Möglichkeiten, wie wir uns beim Kunden, bei Interessenten und in der Öffentlichkeit präsentieren können. David Meerman Scott stellt sie alle vor: Foren, Wikis, Blogs, Netzwerke, Website, Online-Presse, Audio und Video. Er weist immer wieder darauf hin, dass diese nicht nur ein neues Denken bei den Business Ownern und Marketing Verantwortlichen erfordern, sondern auch eine Ressourcen-Umstellung. Mitarbeiter brauchen andere Qualifikationen und der Informationsgehalt muss sich verändern. Ich denke, alten Marketinghasen fällt das Umdenken nicht grad leicht. Sie sind ja nicht durchweg mit Twitter, YouTube, Facebook & Co. im Einklang und können oder wollen meist auch nicht damit umgehen.

Was sich wie ein roter Faden durch die Ausführungen zieht ist der Grundsatz: keine Vermarktung eigener Dienstleistung oder Produkte sondern Informationen bereitstellen und sich dadurch das Vertrauen der Kunden und Interessenten erarbeiten. Seine Kunden also verstehen lernen. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, wird in der Praxis trotzdem von einigen nicht gelebt.

Unterhaltsam wird es, wenn Scott beispielsweise Geschichten erzählt wie die von Sony und einem beliebten Fotozubehör-Händlers. Ein verärgerter Käufer hat sich in einem Blog über einen verkorksten Auftrag geärgert und die Vertriebspolitik von Sony angeprangert. Das hat zu einer Lawine von weiteren entrüsteten Blogbeiträgen geführt. Sony hat die Blog- und Foreneinträge schlichtweg ignoriert. Pech für Sony. Der Ruf hat ziemlich gelitten. Der Zubehör-Händler dagegen hat sich viele Sympathien geholt, weil er sehr positiv reagiert hat. Das war aber nur eines von mehreren Beispielen, die die Macht der Internetgemeinde demonstrieren.

Der Leser erfährt viel Grundlegendes für seine Online-Marketing- und Pressearbeit. Immer wieder geht David Meerman Scott auf die Wahlkampagne von Barak Obama ein und analysiert deren Erfolg. Die Erkenntnisse lässt er dann in die Regeln zu Erstellung eines PR- und Marketingplans einfließen.

Beim Thema Pressemitteilungen kommt er auf Umfragen zu sprechen, in denen Journalisten aber auch andere Leser die nervigsten Kauderwelschwörter genannt haben, die schon keiner mehr ernst nimmt. Dazu gehören: Marktführer, innovativ, bahnbrechend, Best of Breed, kosteneffizient etc. Natürlich hat er die Umfrage in USA und nicht im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Aber aus meiner eigenen Erfahrung beim Übersetzen von US Pressemeldungen kann ich sagen: Recht hat er. Die Leser und vor allem die Journalisten wollen keine Selbstbeweihräucherung von Unternehmen lesen sondern wollen Informationen, mit denen sie etwas anfangen können und die für sie wertvoll sind. Und immer kommt wieder der Hinweis: sprich die Sprache Deines Kunden.

Das Kapitel News Release Strategie halte ich daher wirklich für lesenswert. Der Übersetzer liefert gleich noch eine Auswahl deutscher Distributionsservices für News Releases dazu

Bevor der Autor uns mit den neuen Regeln für Marketing und PR vertraut macht, erklärt er erst einmal, was sich durch das Web für unsere Arbeit verändert hat. Schnell wird klar, dass die alten Regeln hier nicht mehr funktionieren.

Die Interaktion durch Foren, Blogs und ähnliche Instrumente machen das Unternehmen angreifbar, weil es seine Außendarstellung nicht mehr alleine bestimmen kann. Aber genau darin liegt auch eine große Chance, wie wir am Beispiel von Sony und dem Online-Händler gesehen haben.

Scott beschreibt in den Kapiteln 2 bis 20 ausführlich, wie der Leser vorgehen kann, wenn er die neuen Regeln einsetzen möchte, und wie er mit den Medien kommuniziert.

Das Buch ist im Erzählstil geschrieben durchzogen mit ausführlichen Beispielen und Hintergrundinformationen. Ich finde die Übersetzung sehr gut gelungen. Die Besipiele von David Meerman Scott stammen leider überwiegend aus dem amerikanischen Markt. Der Übersetzer versucht aber in Anmerkungen, auf europäische Beipiele zu verweisen.

Jeder, der für Marketing und Vertrieb verantwortlich ist, kann sich aus diesem Buch hilfreiche Informationen und Anregungen rausholen. Für mich ist daraus ein Arbeitsbuch geworden, ich habe es mit vielen Fähnchen und gelben Markierungen versehen.

Mich stört auch nicht, dass ich immer wieder auf Redundanzen stoße. Ich sehe das unter dem Aspekt: steter Tropfen höhlt den Stein. Das Bewusstsein, wie neues Marketing funktioniert, stellt sich ja nicht durch einmaliges Lesen ein.

Beatrice Brenner ist Leserin von netzpiloten.de und freie Marketingberaterin mit einer sehr langen Berufserfahrung in allen Sparten und Branchen. Sie ist über ihre Website mbs-brenner.com zu erreichen.

Die Netzpiloten nehmen immer mal wieder Gastpiloten mit an Bord, die über ihre Spezialthemen schreiben. Das kann dann ein Essay sein, ein Kommentar oder eine kleine Artikelserie.


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1 comment

  1. Hallo Bea,

    Muss gestehen, dass ich das Buch nur diagonal Beltran habe, wodurch einige Nouncen vielleicht an mir vorbei gegangen sind. Aber es ist lesenswert, wenn auch nicht wirklich Neues darin steht. Dialog – anstelle Monolog. Social Business mit dem Kunden – anstelle Abverkauf von Waren mit PR-Beschallung.

    Jetzt kommt nur die Frage, die auch das Buch nicht beantwortet: Weicht Notizbuch dem RSS-Reader? Was wird vertrautes Werkzeug?

    Zum Schluss fehlt mir noch typisch Deutsche Skurilitaeten wie aktuell das Thema Bloggergate.

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