Warum wir auf Betrüger hereinfallen

Betrug ist ein großes Geschäft. Angefangen bei Briefen, die Millionengewinne bei einer Lotterie versprechen, an deren Teilnahme Sie sich nicht erinnern können, bis hin zu Telefonanrufen von Personen, die behaupten Mitarbeiter der eigenen Bank zu sein – es wird zunehmend schwieriger bei all den Szenarien auf dem Laufenden zu bleiben, in denen versucht wird, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Betroffene erleiden teilweise erhebliche finanzielle Verluste, von denen sie sich nicht erholen können, oder starke psychische Qualen. Insgesamt verlieren Menschen auf der ganzen Welt jedes Jahr Milliarden durch Massenbetrug, die zu einem weltweiten Verlust von 12,7 Milliarden US-Dollar an 419 Fälle von Vorkassenbetrug alleine im Jahr 2013 führten. Präzise Zahlen sind schwer zu ermitteln, da diese Verbrechen nur selten erfasst werden. Neueste Berichte machen deutlich, dass nur 15% aller Betroffenen in den Vereinigten Staaten die Straftat melden.

Durch fortschrittliche Technologien sind Betrüger raffinierter geworden. Gefälschte Websites inklusive Firmenlogo können aufgebaut werden. Briefköpfe können nachgemacht und Telefonnummern oder E-Mail-Adressen sogar imitiert werden. Das Ziel dabei ist möglicherweise, dass ein Link angeklickt werden soll, einen Scheck ausstellt, einen bestimmten Anhang herunterlädt oder persönlichen Daten freigibt. Jedoch erfordern all diese Maschen spezielle Methoden, um Leute zu beeinflussen und zu einer Reaktion zu zwingen.

Schlüsseltaktiken

Zunächst ist der Einsatz von Autoritätspersonen entscheidend. Die Person am anderen Ende der Leitung oder E-Mail könnte vorgeben ein IT-Spezialist, Polizeibeamter, Bankmitarbeiter oder Regierungsangestellter zu sein. Diese Methode funktioniert, da die Leute eine angeborene Veranlagung haben, Aufforderungen von Autoritätspersonen nachzukommen. Es ist ein Phänomen, das einem schon in jungen Jahren von der Gesellschaft gelehrt wird.

Betrüger nutzen aber auch andere soziale Normen und Regeln aus. Menschen fühlen sich verpflichtet, den Wert eines kostenlosen Geschenks oder einen Gefallens zurückzuzahlen oder einer Person in Not zu helfen. Deswegen tun wir uns damit schwer, zu höflichen Bitten “Nein” zu sagen. Diese reichen von Leuten, die vor ihrer Haustür Spenden für nicht existierende Stiftungen sammeln, bis hin zu verzweifelten Bitten in derzeitigen Notständen auszuhelfen, wie zum Beispiel Reiseprobleme oder Notfall-Arztrechnungen – besonders typisch für Betrug im Online-Dating.

Betrug ist auch darauf ausgelegt, eine emotionale Reaktion hervorzurufen. Das kann Begeisterung bei einem  Geldgewinn oder der Hoffnung auf eine Online-Romanze oder aber eine negative Emotion wie Angst, Besorgnis oder Panik vor einer betrügerischen Handlung sein, die auf Ihrem Bankkonto erkannt wird.

Dies erlaubt Betrügern, auf die geistigen Prozesse der Entscheidungsfindung Einfluss zu nehmen. Sie ermutigen das Opfer gedankliche Abkürzungen zu nutzen, bekannt als Vorurteile und Heuristik, sodass sie schnelle Entscheidungen treffen, ohne darüber weiter nachzudenken. Durch das Verknüpfen eines E-Mail- oder Telefonbetrugs mit aktuellen Ereignissen wie der TalkTalk-Datenpanne können Betrüger beispielsweise ihre Glaubwürdigkeit erhöhen. Dies geschieht, weil Dinge eher als wichtig und unverfälscht erkannt werden je schneller sie einem in den Sinn kommen – ein Konzept, das als Verfügbarkeitsheuristik bekannt ist.

Den Empfängern mit einer zeitlichen Frist ein Gefühl von Dringlichkeit zu vermitteln, erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Opfer bei der Entscheidungsfindung unter Druck gesetzt fühlen. Ihre Entscheidung wird so eher auf emotionale Reaktionen und soziale Zeichen basieren, als auf systematischem Abwegen der Glaubwürdigkeit einer Kommunikation. Dies geschieht, weil bei der Panik vor potentiellem Identitätsdiebstahl oder der Angst vor Verlust zunächst eine Linderung dieser Gefühle vorgezogen werden. Die Entscheidung fokussiert sich auf kurzfristige Ziele, durch die man sich besser zu fühlen hofft. In diesem Fall bedeutet das, in die Falle zu tappen.

Feuer mit Feuer bekämpfen

Das Bewusstsein für einen möglichen Betrug steigt, was uns dabei hilft, das Preisgeben von Informationen zu überdenken. Dennoch ist das Bewusstmachen nur ein Teil der Bewältigungsarbeit. Es wird zunehmend in Erwägung gezogen, dass ein besseres Gesundheitswesen und eine Veränderung in unserem Verhalten eine wichtige Rolle beim Umgang mit diesen Problemen spielen könnten. Das bedeutet, die Faktoren zu betrachten, die unsere Reaktion im Falle eines Betrugs beeinflussen. Dazu zählen zum Beispiel unsere persönlichen Einstellungen und Überzeugungen, frühere Erfahrungen und das Verhalten der Leute um uns herum.

Wenn wir uns entscheiden, ob wir einem Brief oder einer E-Mail antworten oder der Person am anderen Ende der Leitung glauben, sind diese Entscheidungen wahrscheinlich auf unseren früheren Einstellungen und Überzeugungen gegründet. Sieht man beispielsweise ein potentielles Risiko in der Reaktion auf einen Lotterie-Gewinn? Glaubt man generell daran, dass die Leute am Telefon auch die sind, für die sie sich ausgeben? Teilt man häufiger Links aus E-Mails? Hat man jemals eine schlechte Erfahrung mit dem Klick auf einen Link gemacht? Diese Faktoren können einen mehr oder weniger anfällig für Betrüger machen, die genau diese Verhaltensmuster ausnutzen.

Derzeit wissen wir noch nicht wie sich diese unterschiedlichen Überzeugungen und Einstellungen auf die Entscheidungen von Personen auswirken, wenn sie mit einem Betrug konfrontiert sind. Bis wir die Faktoren verstehen, die beeinflussen, wie und warum Menschen auf Betrug reagieren, ist es schwer das Problem zu bekämpfen. Der einzige Weg dahin ist die Bereitschaft der Opfer, über ihre Erfahrungen mit Betrug zu sprechen.

Jedoch wird keine Sensibilisierungskampagne der Welt die Betrugsversuche abwehren können, solange sich Menschen weiterhin dafür schämen, auf derartige Maschen hereingefallen zu sein. Wir müssen das Stigma herabsetzen, das mit der Reaktion auf Betrug verbunden wird, damit alle Betrugsmethoden offengelegt werden können. Erst dann könnten wir sie vielleicht besiegen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf “The Conversation”unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image crime (adapted) by (CC0 Public Domain)


The Conversation

ist Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Britischen Gesellschaft für Psychologie. Nachdem sie ihre Doktorarbeit 2012 abgeschlossen hat, arbeitete sie in der Wissenschaft im öffentlichen und privaten Sektor. Zurückgekehrt in den universitären Betrieb, erforscht sie an der Universität in Bath derzeit die Forschungsfrage, was Menschen für bösartigen Einfluss empfänglich macht.


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