Screen Radar: Zu viele Mutanten verderben den Brei

Für die Netzpiloten stellt Arthur Avenue Kino-Neustarts vor und bespricht die wichtigsten Film-Themen. Dieses Mal mit einem Plädoyer für weniger Charaktere in Superhelden-Filmen, einer Dokumentation über die Aufnahmeprüfung zur Schauspielschule und Daniel Radcliffe als pupsende Leiche im ersten Trailer zu „Swiss Army Man“.

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Neu im Kino

Muss man sehen: Die Dokumentation „Die Prüfung“ widmet sich der zehntägigen Aufnahmeprozedur der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Im Fokus stehen aber nicht etwa die 687 Bewerber, wie man es von Casting-Shows erwarten würde, sondern die neun Mitglieder der Prüfungskommission und ihre speziellen Auffassungen darüber, wer es verdient hätte, einen der raren Plätze für die Schauspielausbildung zu bekommen. Da darf es schon mal etwas lauter werden, wenn man einen Kandidaten unbedingt dabei haben möchte. Der etwas andere Nervenkitzel entsteht beim Zuschauen insbesondere dadurch, dass man selbst schon in der einen oder anderen Auswahlsituation steckte und partout nicht wusste, worauf die Jury nun genau achtet. Das grundsätzliche Credo der Prüfer lautet aber: Talent wird sich immer durchsetzen. Unsere Daumen zeigen nach oben!

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Kann man sich sparen: Der französische Filmemacher und Schauspieler Bruno Podalydès will mit „Nur Fliegen ist schöner“ all diejenigen ansprechen, die ihrem tristen Alltag entfliehen wollen und endlich den langersehnten Abenteuer-Ausflug zu machen, über den sie schon jahrelang sprechen. Der 50-jährige Michel befindet sich mitten in der Midlife-Crisis und träumt davon, mit einem Kajak durch die Natur zu paddeln. Der groß angekündigte Selbstfindungstrip hat dann jedoch mehr mit einer gemütlichen Dampferfahrt als einem aufregenden Wellenritt gemein. Und das ist echt langweilig. Vor lauter entspanntem Kuschelkurs-Momenten im Schneckentempo verliert man also schnell die Lust am gucken. Lieber einen großen Bogen um diese risikoarme Komödie machen!

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Thema der Woche

Weniger Charaktere, mehr Story: In dieser Woche startet auch der neunte Film aus dem beliebten X-Men-Universum im Kino. Dieser wäre uns normalerweise keine Erwähnung wert, da er weder sonderlich herausragend noch extrem schlecht ist. Doch beim Schauen fiel uns ein Makel besonders auf, der ein für alle Male aus dem Blockbuster-Einmaleins gestrichen werden sollte. „Höher, schneller, weiter“ gilt seit jeher als oberste Maxime für Fortsetzungen – und 2016 wird dies nicht mehr nur auf Action-Sequenzen und weltweite Relevanz angewandt, sondern auch auf die Größe des Filmuniversums und die Menge an Charakteren, die es gekonnt in eine existenzbedrohende Storyline zu verknüpfen gilt. Für individuelle Charakterentwicklungen und Tiefgang bleibt da natürlich kein Platz mehr.

Wie schon bei unzähligen Streifen zuvor leidet darunter insbesondere die Dramaturgie des Films. Während andere Superhelden-Franchises einen hohen Schurken-Verschleiß aufweisen, könnte es bei den klassischen X-Men so viel einfacher sein. Mit Professor X und Magneto stehen bereits zwei Protagonisten zur Verfügung, die verschiedene Auffassungen darüber vertreten, wie Mutanten und Menschen zusammenleben sollten. Der größte Fehler von „X-Men: Apocalypse“ ist es nun einen gleichnamigen Feind einzuführen, der schlimmer und stärker ist, als alles je Dagewesene. Nicht zu vergessen die 20 Mutanten in Nebenrollen, die fast alle eigene Probleme mitbringen – von Isolation bis zum Erwachsenwerden. Und trotzdem wird sich um keinen richtig gekümmert, noch nicht einmal um die Figurentwicklung des Fieslings. Wir plädieren dringend dafür, dass man sich in Fortsetzungen zukünftig auf weniger Charaktere beschränkt und deren Konflikte untereinander dafür umso ausführlicher herausarbeitet. Wie wäre es zum Beispiel mal mit einem Superhelden-Kammerspiel zwischen Professor X und Magneto? Zwei Gegenspieler auf engstem Raum und mit viel Zeit für Dialoge – gerne inklusive ausgedehnter Schach-Partie. Man wird ja wohl noch träumen dürfen….

Streaming-Perlen

„Stereo“ auf Netflix: Der deutsche Thriller von Maximilian Erlenwein schickt seine beiden Hauptdarsteller Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu auf einen wilden Trip. Zwischen Wahn und Wirklichkeit gilt es die eigene Gangster-Vergangenheit aufzuarbeiten – das geht aber nicht ohne brutale Ehrlichkeit gegenüber sich selbst. Aber wer genau ist eigentlich ‚Ich’? Dies gilt es im Folgenden herauszufinden. Und das geht nicht, ohne dabei Liebe, Glaube und die eigene Existenz komplett aufs Spiel zu setzen. Dank des hypnotisierenden Soundtracks und der düster-spannungsgeladenen Atmosphäre wirkt „Stereo“ erfrischend undeutsch.

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„Like Father, Like Son“ auf Amazon Prime: Nach der Geburt wurden die Söhne der Familien Saiki und Nonomiya vertauscht. Sechs Jahre sind seitdem vergangen und nun ist dem Krankenhaus der Fehler von damals aufgefallen. Die Eltern sollen nun entscheiden, ob sie ihre Kinder zurücktauschen wollen – doch die gemeinsame Zeit mit ihren Söhnen lässt sich nicht ohne weiteres ausblenden. Das japanische Drama geht unter die Haut und wurde bereits in Cannes mit dem Jury-Preis ausgezeichnet.

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Neues aus der Filmwelt

Mit dem gewohnten Streaming-Angebot auf Reisen: Man kennt das: Im Urlaub hätte man endlich mal Zeit und Lust, das Film- und Serien-Angebot des Streaming-Anbieters seines Vertrauens zu durchforsten. Doch statt deutscher Lizenztitel gibt es nur das Angebot des jeweiligen Landes und somit eine völlig andere Bibliothek zu sehen. Das soll sich nun ändern! Die EU hat jüngst beschlossen, das sogenannte „Geoblocking“ abzuschaffen und den vollen, aber zeitlich eingeschränkten Zugriff auf das Angebot des Landes zu erlauben, in dem man seine Mitgliedschaft abgeschlossen hat. Perfekt also, um seinen Netflix-Account auch im Urlaub wie zuhause zu nutzen. Noch besser wäre nur die völlige Abschaffung länderspezifischer Lizenzierungen. Self-Publishing für Filmschaffende via Amazon: Wenn ambitionierte Nachwuchsregisseure und kleinere Independent-Studios ihre Filme vermarkten wollten, konnten sie bisher nur auf Vimeo On Demand zurückgreifen. Der Dienst erlaubt den Verkauf von Bewegtbild sowie den weltweiten Vertrieb über die Video-Plattform. Jetzt zieht auch Amazon nach und öffnet seine Prime-Plattform für Produzenten und Video-Künstler. Auf Amazon Video Direct können die eigenen Werke hochgeladen und Millionen Prime-Nutzern bereitgestellt werden. Die Umsatzbeteiligung richtet sich ganz nach den eigenen Maßstäben – vom direkten Verkauf an alle Amazon-Kunden bis zum eingeschränkten Verleihen im Rahmen des Prime-Dienstes.

Darauf freuen wir uns

„Swiss Army Man“: Hank (Paul Dano) ist auf einer einsamen Insel gestrandet und als er seinem Leben ein Ende machen will, entdeckt er eine Leiche (Daniel Radcliffe) am Strand. Ob es an der Einsamkeit liegt, dass Hank plötzlich mit dem Toten reden kann? Beide tun sich schließlich zusammen, um zurück nach Hause zu kommen. Eine Erektion soll den Weg weisen und mittels Pups-Antrieb lässt sich auch die größte Entfernung zurücklegen. Das surreale Werk ist als ironische Antwort auf Streifen wie „Cast Away – Verschollen“ zu verstehen und wird sicherlich so einige Zuschauer verwirren.

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Rekordverdächtig

„Matrix Reloaded“ verliert den Titel als weltweit erfolgreichster Film ohne Jugendfreigabe an „Deadpool“: Mit Einnahmen von über 760 Millionen US-Dollar ist der Söldner mit der großen Klappe überall auf der Welt ein absoluter Leinwanderfolg – und das bei gerade einmal 58 Millionen US-Dollar Produktionsbudget (knapp einem Drittel von „Matrix Reloaded“). Lediglich im amerikanischen Markt muss man sich noch Mel Gibsons „Die Passion Christi“ geschlagen geben, der trotz hoher Altersfreigabe ab 17 Jahren stolze 370 Millionen US-Dollar umsetzte („Deadpool“ erreichte bisher 362 Millionen US-Dollar).

Wann geht es endlich weiter?

Scream | Ab 31.05.2016 auf Netflix Voltron: Legendärer Verteidiger | Staffel 3: Ab 10.06.2016 auf Netflix Sherlock | Voraussichtlich ab Weihnachten 2016


Image (adapted) „cinema“ by Do u remember (CC BY-SA 2.0)


Arthur Avenue stellt aktuelle Kino-Neustarts vor und bespricht die wichtigsten Film-Themen.


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