Wie Vertical Videos das Internet eroberten

Egal ob wir uns auf Instagram, Snapchat, Facebook oder inzwischen sogar WhatsApp bewegen. Vertical Videos begegnen uns immer öfters und schleichen sich langsam aber sicher in den Mainstream. Nachdem die damals boomende App Snapchat die Story-Funktion einführte, folgte 2016 auch der Social Media Gigant Instagram. Mit Instagram Stories. Seitdem erfreuen sich die Stories, die inzwischen auch bei Facebook und sogar WhatsApp gepostet werden können, großer Beliebtheit in der Community. Die Story Funktionen ermöglichen es Usern kurze vertikale Videos zu posten. Diese bieten eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten mit den jeweiligen Followern. Beinahe wie in einem Vlog-Format können Momente aus dem Alltag festgehalten werden. Und mit entsprechenden Features setzt man aktuelle Geschehnisse in Szene, ohne die Ästhetik des eigentlichen Instagram Feeds zu beeinflussen.

Inzwischen können allein in Instagram Stories nicht nur Filter und Sticker verwendet, sondern auch Umfragen, Playlists, Screenshots und Locations direkt geteilt werden. Die hohe Beliebtheit der Stories führte dazu, dass auch andere Plattformen wie YouTube sich zunehmend den Vertical Videos zuwenden. Und somit steht die Frage im Raum, ob diese Art des Videokonsums nur eine kurzweilige Entwicklung ist. Oder ob das 16:9 Format auf Dauer von den vertikalen Videos abgelöst wird.

Warum überhaupt Vertical Videos?

Eine deutsche Studie attestiert, dass hierzulande durchschnittlich 3:25 Stunden pro Tag am Smartphone verbracht werden. Dazu sei allerdings gesagt, dass sich die Zahlen auf die durchschnittliche Nutzungszeit aller Altersgruppen beziehen. Damit liegt die Benutzungszeit von Smartphones auf Platz zwei der Screentime-Zeitfresser, hinter dem Fernsehen mit durchschnittlich 3:27 Stunden Nutzung pro Person pro Tag in Deutschland. Die Vermutung liegt nahe, dass jüngere Generationen mehr Zeit vor dem Smartphone verbringen als der Durschnitt. Und dafür ältere Personen mehr Fernsehen konsumieren. So lässt sich die Nähe der beiden sonst sehr unterschiedlichen Medien erklären. Gleichzeitig werden im Moment 57 Prozent aller Videos auf der gesamten Welt bereits über das Smartphone angesehen. Doch nur 30 Prozent der User sind gewillt, ihr Smartphone überhaupt zu drehen. Selbst, wenn sie sich ein 16:9 Video ansehen.

So viel zu den Zahlen. Sie verraten uns, dass die steigende Veröffentlichung von Vertical Videos damit zusammenhängen kann, wie die User ihr Smartphone nutzen. 90 Prozent der Zeit befindet sich dieses bei der Nutzung nämlich in der Vertikalen. Es scheint also ein logischer Schritt, zumindest auf Social Media Plattformen auf Vertical Videos zurückzugreifen. Genau das bestätigen auch diverse Social Media Studien, die herausfanden, dass Vertikale Videos nicht nur in der Produktion durchschnittlich günstiger sind, sondern sie im Vergleich zu 16:9 Formaten auch eine höhere Interaktionsrate auf Facebook und Co aufweisen.

Das macht dieses neue Videoformat nicht nur für Firmen und Marken interessant, sondern auch für Influencer mit einer großen Community oder Personen, die sich erst einmal eine eigene Community aufbauen möchten. Die Interaktionsrate war bei Vertikalen Videos beinahe drei Mal so hoch, wie bei 16:9 Videos. Wobei besonders Instagram Stories allen anderen Plattformen den Rang ablaufen, was die Reichweite und Interaktionsrate der Stories angeht.

Woher kommt der Hype?

Eine einfache Antwort lässt sich auf diese Frage wohl nicht finden. Besser gesagt, liegt es nahe, dass sich unser Konsumverhalten durch das Smartphone einfach stark verändert hat. Noch vor 20 Jahren waren alle Medien, die wir konsumiert haben, in einem 4:3 bzw. später 16:9 Format. Egal ob auf Desktops oder Fernsehern. Doch mit dem Erfolg des Smartphones, und seiner vertikalen Form, ändert sich eben auch unsere Art, wie wir mit Medien interagieren und wie wir sie uns ansehen. Auch die Beliebtheit des Selfies und von Vlogs hat wohl seinen Anteil an der neuen Videoform gehabt. Darüber hinaus pushen beliebte Videoplattformen wie TikTok das Vertikal-Format vor ein Millionenpublikum und machen es zum Alltagsbegleiter.

Pro und Kontra der Vertical Videos

Auch wenn der Hype um die Vertical Videos keinen Abriss nimmt, gibt es natürlich einige Nachteile gegenüber dem 16:9 Format. Der größte davon dürfte sein, dass unser Sichtfeld eher horizontal als vertikal ausgerichtet ist. Filme und Serien entwickelten sich über die Jahre zum heute bekannten Standard-Breitbild-Format, weil dieses für menschliche Augen am natürlichsten und am einfachsten zu überblicken ist. Vertikale Videos hingegen bieten nur eine vergleichsweise kleine Bildfläche, was gerade bei komplexeren Videos schnell zum Problem werden kann. Der sichtbare Raum ist buchstäblich beschränkt und zwingt somit zu einer neuen Fokussierung auf das Gezeigte.

Statt eine ganze Szene zeigen zu können, wie in einem Film oder einer Serie, werden Vertikale Videos öfter für die Inszenierung von einem Produkt oder einer Person genutzt. Dieser Umstand kann allerdings auch als Vorteil gesehen werden, denn er bringt die Creator dazu, neue kreative Wege zu finden, wie sie ihre Videos aufnehmen und produzieren. Dabei kommen dann teilweise wirklich innovative Video-Konzepte zum Vorschein.

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Ein weiter Vorteil von Vertical Videos ist, dass man sie auf beinah jeder Social Media Plattform posten kann. Ein einziges Video reicht hier für eure gesamte Social Media Präsenz. Und natürlich ist das Aufnehmen eines Vertikalen Videos direkt mit dem eigenen Smartphone möglich. Videos von und für die mobile Nutzung lassen sich oft binnen weniger Minuten professionell erstellen und dann direkt mit einem Klick mit der Community teilen.

Selbst Vertical Videos posten: Das kommt bei den Usern an

Die Diskussion, ob Vertical Videos nun dem herkömmlichen Video-Format den Rang ablaufen werden, ist auch immer eine Frage der Perspektive. Während Influencer fast nur noch auf die vertikalen Videos setzen, sind gerade Filmemacher eher kritisch. Der Trend zu mehr vertikalen Videomaterial lässt sich sicherlich erkennen, doch ob irgendwann zum Beispiel auch Netflix auf das Format setzt, um ganze Serien so auszustrahlen, bleibt eher fragwürdig. Natürlich gibt es sie bereits die Versuche, auch Filme in das vertikale Format zu übersetzen. Bisher konnten sie den Mainstream jedoch noch nicht für sich begeistern. Doch wer weiß, vielleicht kommt das noch. Samsung hat erst vor kurzem sogar einen vertikalen Fernseher vorgestellt. Gegen die Übernahme der Vertikal Videos spricht jedoch, dass sie eben viele Einschränkungen bei der Kreativität verbuchen, da die Bildschirmfläche gewissermaßen verkleinert ist.

Für die eigene Social Media Präsenz gibt es allerdings kein besseres Format, um möglichst viel Interaktion aus euren Followern herauszuholen. Wenn ihr selbst mehr vertikale Videos posten wollt, solltet ihr einige Dinge beachten. Zunächst einmal gilt im Internet die goldene Regel, in der Kürze liegt die Würze. Aufmerksamkeit ist nur schwer zu bekommen und noch schwerer auf Dauer zu behalten. Deswegen sollten eure Videos nach Möglichkeit bereits in den ersten Sekunden einen gewissen Wiedererkennungswert haben und eben nicht zu lange gehen. Wer direkt seinen gesamten Alltag auf Instagram Stories darlegt, kann schnell Zuschauer verlieren.

Da die Ausrichtung des Bildes vertikal ist, solltet ihr euch natürlich Gedanken machen, wie ihr euch, oder das Objekt, welches ihr filmen wollt, am besten positioniert, damit alles richtig in Szene gesetzt ist. Wie bereits oben erwähnt, ist der Vorteil bei vertikalen Videos das sie neue Video-Ideen fördern, aber eben auch das Filmen an und für sich vereinfachen. Zusammengefasst: Ihr braucht nicht einmal mehr ein schönes Ikea-Regal im Hintergrund, um ein professionell aussehendes Setting zu haben.

Was können wir in Zukunft erwarten?

Abschließend lässt sich also sagen, dass Vertical Videos aufgrund ihres großen Erfolges auf Instagram, Facebook und Co. definitiv eine tolle Möglichkeit sind, die eigene Community zu festigen und zu erweitern. Vertikal Video Plattformen wie TikTok können sogar für den großen Durchbruch im Internet sorgen. Aus diesem Grund setzen auch immer mehr Firmen wie Greenpeace auf vertikale Kampagnen auf Instagram und selbst klassischere Produktions-Kanäle wie National Geographic oder die BBC arbeiten einige Themen vertikal gerecht auf ihren Instagram Plattformen auf. Das ist eine tolle Möglichkeit, Wissen kompakt zu präsentieren und jüngere Nutzer zu erreichen. Auch Künstler veröffentlichen ihre Musikvideos im neuen Format.

Ob wir irgendwann nur noch im Vertical-Format Videos gucken, bleibt dennoch fraglich. Gerade bei aufwendigeren Filmen und Serien ist es nur schwer vorstellbar, dass die teilweise großen Landschaften, aufregende Schlachten oder actiongeladene Weltuntergangs-Szenarien auf ein so eingeschränktes Format gebracht werden können. Auch wenn sich der mobile Video-Markt also gerade so stark verändert, werden Vertical Videos wohl eher eine Ergänzung mit Wachstumspotential zum 16:9 Format sein, als ein Ersatz.


Image by Panuwat via adobestock

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