Seit der Übernahme durch Elon Musk wird die Geduld der Twitter-Nutzer immer wieder auf die Probe gestellt. Das blaue Häkchen gibt es mittlerweile nur für Geld und das kostenpflichtige Abo soll neben vieler begehrter Funktionen auch mit eine generellen Bevorzugung durch den Algorithmus locken. Mit Threads veröffentlicht Meta nun ihren eigenen Twitter-Alternative und verzeichnet nach den ersten 7 Stunden bereits 10 Millionen Nutzer. Threads trifft dabei allerdings auch einen denkbar günstigen Zeitpunkt für den Release.
Erst kürzlich limitierte Elon Musk nämlich die Anzahl Tweets, die Nutzer auf Twitter täglich lesen dürfen auf nur 600 für unverifizierte Nutzer, 300 für neue unverifizierte Nutzer und 6.000 für seine zahlenden Premiumkunden. Die Begründung: Extremes Abgreifen von Daten von entsprechenden Unternehmen. Auch wenn Elon Musk das Limit bereits kurze Zeit später etwas nach oben anpasste, ist der Schaden jedoch angerichtet: Die Nutzererfahrung ist selbst für viele hartgesottene Poweruser zerstört und selbst wer weniger durch die Limits eingeschränkt ist weiß nicht, welche Impulsaktion als nächstes vom wankelmütigen Twitterchef kommt.
Und hier kommt Metas Threads-App zum besten Zeitpunkt. Genau jetzt lassen sich viele enttäuschte Twitternutzer einfangen. Das weiß offenbar auch Meta-Chef Mark Zuckerberg, der seit über 10 Jahren erstmals wieder einen Tweet absetzte und dafür ein beliebtes Spiderman-Meme wählte. Da Threads mit Instagram verknüpft ist, bedeutet das für viele Nutzer nicht einmal eine neue Registrierung, allerdings auch Herausforderungen für den Datenschutz im EU-Markt. Aber was ist Threads jetzt eigentlich genau, was kann es und welche Probleme gibt es derzeit in Deutschland?
Das kann Threads – Die Features der Twitter-Alternative
Wie bei Twitter handelt es sich bei Threads um einen Mikroblogging-Dienst. Im Gegensatz zu Twitter habt ihr allerdings nicht 280 (unverifizierter Account), sondern 500 Zeichen zur Verfügung. Ansonsten funktioniert Threads sehr ähnlich und ihr könnt auch Links, Fotos und Videos teilen. Auch bei den Videos verdoppelt Threads die länge und ihr könnt bis zu 5 Minuten lange Videos posten.
Wie bei Twitter oder anderen Twitter-Alternativen könnt ihr jeden Thread liken, re-posten und natürlich auch kommentieren. Neben Threads von Personen denen ihr folgt, landen auch deren Empfehlungen bei euch mit im Feed. Wie bei Instagram dürft ihr eure Profile auch auf privat stellen und darüber hinaus bestimmen, wer euch in anderen Threads erwähnen darf. Auch bestimmte Wörter können als Filter genutzt werden. Auch die Community Guidelines von Instagram gelten in der Threads-App.
Ist Threads dezentral?
Obwohl Threads Daten und Accounts mit Instagram teilt, folgt die Twitter-Alternative tatsächlich einem dezentralen Ansatz. Zumindest kündigt Meta in ihrem Newsroom an, Threads künftig kompatibel zu ActivityPub zu machen. Das ist das Open Social Networking Protocol des World Wide Web Consortiums (W3C), das unter anderem auch die HTML-Standards für Internetseiten setzt.
Damit werden Verbindungen zwischen Netzwerken möglich die laut Facebook „heute einfach in den meisten Social Apps noch nicht möglich sind“. ActivityPub ist auch das Protokoll, welches das Fediverse nutzt, zu dem unter anderem auch die Twitter-Alternative Mastodon gehört. Die Twitter-Alternative BlueSky des Twitter-Gründers Jack Dorsey nutzt allerdings ATProtocol – doch durch die offene Natur beider Protokolle ließen sich auch diese beiden miteinander verbinden.
Ob Threads wegen ActivityPub sich auch gleich mit dem Fediverse föderiert, ist dennoch nicht sicher. Zugleich teilt Threads nämlich auch Daten und Accounts mit dem noch immer zentralisierten Instagram. Allerdings schreibt Instagram-Chef Adam Mosseri auf Threads: „Bald könnt ihr Personen auf anderen Fediverse-Plattformen, wie etwa Mastodon, folgen und mit ihnen interagieren. Sie können auch Personen auf Threads finden, indem sie die vollen Nutzernamen wie @mosseri@threads.net nutzen.“
Threads noch nicht in Europa verfügbar – Aus Datenschutz-Gründen
So spannend Threads als Twitter-Alternative ist – Deutsche Nutzer müssen sich vorerst noch gedulden. Gerade weil Instagram und Threads untereinander Daten teilen, wartet Meta auf genauere Informationen, wie sich das neue Gesetz über digitale Märkte der EU darauf auswirkt. Erst im Mai wurde Meta wegen Verstoß gegen die EU-Datenregeln zu einer Strafe von 1,2 Milliarden Euro verurteilt. Die EU tauscht sich derzeit zum neuen Gesetz mit Unternehmen aus und erwartet, erst im September nähere Richtlinien für das neue Gesetz zu geben.
Ob wir entsprechend auch noch Monate auf Metas neue Twitter-Alternative Threads warten müssen, ist indes ungewiss. Wenn es Gespräche mit Unternehmen gibt, ist der Facebook-Mutterkonzern womöglich auch bereits in den derzeitigen Austausch mit eingebunden. In den Vereinigten Königreichen ist die App derweil bereits zum Start verfügbar.
Ein lupenreiner Heilsbringer wird Threads aber sicherlich nicht. Facebook fiel in der Vergangenheit bereits mehrfach negativ im Umgang mit Nutzerdaten auf. Am prominentesten ist dabei der Cambridge Analytica-Skandal, bei dem durch die Firma Cambridge Analytica Facebook-Daten von 87 Millionen Nutzern für den US-Wahlkampf missbraucht wurden. Auch erfindet Threads das Rad nicht neu, sondern ist in erster Linie ein Twitter-Klon. Dennoch wirft der Gigant Meta ein ganz anderes Gewicht in den Ring, als die eher nischigen Plattformen wie Mastodon. Wir wird Elon Musk in den kommenden Tagen und Wochen auf die neue Twitter-Alternative reagieren?
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