Uber: Zwischen Krise und Wachstum

Eigentlich müsste bei Uber alles auf Wachstum stehen, würde der Fahrdienst-Vermittler nicht von einer in die nächste Krise stolpern, wie in der letzten Woche. // von Lukas Menzel

Uber Fahrdienst (Bild: Uber)

Kaum ein Unternehmen hat in den letzten Wochen und Monaten für so viel Wirbel gesorgt wie Uber. Fast täglich kamen neue Informationen über die Praktiken und Pläne des amerikanischen Startups ans Licht. Alleine letzte Woche sorgte der Top-Manager Emil Michael mit Plänen zu einer Schmutzkampagne gegen Journalisten für Entsetzen und die „God View“ sowie die damit verbundenen laxen Datenschutzbestimmungen, bei der  in Echtzeit auf die Fahrtdaten zugegriffen werden kann, für Beunruhigung. Damit taumelt das Unternehmen zurzeit von einer Krise zur nächsten, obwohl eigentlich alle Zeichen auf Wachstum stehen.


Warum ist das wichtig? Der Fahrdienst-Vermittler Uber ist umstritten wie kaum ein anderes Unternehmen. Von Taxifahrern gehasst und von den Millionen Kunden geliebt, bewegt sich das Startup auf dem schmalen Grad zwischen Krise und Wachstum.

  • Nach zahlreichen Protesten von Taxifahrern versucht Uber dringend sein Image zu polieren. Dies ist aber alles andere als leicht, wie die letzte Woche zeigt.

  • Trotz Investitionen in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar könnte schon in naher Zukunft ein weiteres Investment bis zu zwei Milliarden US-Dollar in die Kassen spülen. Damit wäre dann das Unternehmen wertvoller als viele DAX-Konzerne.

  • Weltweit wächst das Unternehmen rasant. Es wird erwartet, dass sich die Umsätze alle sechs Monate verdoppeln werden.


Auch wenn es nie so richtig ruhig um Uber geworden ist, gab es in den letzten Wochen vergleichsweise wenig negative Presse über das umstrittene Unternehmen. Die Proteste der Taxibranche waren abgeklungen und die Umfunktionierung von Uber Pop zur Mitfahrzentrale sowie Uber Taxi hatten erstaunlicherweise für kaum negative Schlagzeilen gesorgt. Somit schien es für einige Zeit, als habe der Fahrdienst-Vermittler sein Image ein wenig poliert und sich die Investitionen in zahlreiche PR-Berater und Lobbyisten ausgezahlt.

PR-Desaster

Doch damit ist es nun erst mal vorbei. Waren die Gerüchte am letzten Montag, dass Uber und Spotify eine Partnerschaft eingehen könnten, noch positiver Natur, wandte sich das Blatt innerhalb von nur einem Tag, als herauskam, dass  Emil Michael, Top-Manager bei Uber, bei einem vertraulichen Abendessen mit Journalisten laut über eine theoretische Schmutzkampagne gegen kritische Journalisten nachdachte (worüber dann BuzzFeed-Redakteur Ben Smith wenig vertraulich berichtete). Bei dieser sollten Journalisten ausspioniert und unter Druck gesetzt werden. Zwar entschuldigte sich Michael nur wenig später auf Twitter, doch war es da schon zu spät und die Nachricht auf der ganzen Welt verbreitet. Dies war aber bei weitem noch nicht alles, denn gerade mal einen Tag später wurde bekannt, dass Uber Mitarbeiter in Echtzeit auf die Fahrdaten von sämtlichen Kunden zugreifen können. Ein Mitarbeiter des Unternehmens soll durch diese „God View“ eine Buzzfeed-Journalistin bei einem Besuch dieser schon erwartet haben, mit dem Hinweis, dass er ihre Fahrt verfolgt habe. Hierauf hat sich auch der US-Senator Al Franken zu Wort gemeldet und Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Uber bezüglich des Datenschutzes aufkommen lassen.

Uber dürfte somit froh sein, dass die Woche nun vorbei ist, denn die negative Presse rückt das eh schon umstrittene Unternehmen weiter in die Krise. Nicht nur, dass die Taxifahrer gegen Uber aufgebracht sind, nun sprechen sich auch jede Menge Journalisten, Datenschutzverfechter und wie im Fall von Al Franken auch Politiker gegen den Fahrdienst-Vermittler aus. Immerhin hat Uber schnell auf das PR-Desaster reagiert und ein Datenschutzteam eingestellt, welches prüft, wie Uber mit den Informationen über die Kunden umgeht und gegebenenfalls den Datenschutz verbessern soll.

Ob dies nun, da Uber es innerhalb von einer Woche geschafft hat, sein Image auf den Tiefpunkt zu bringen, aber wirklich nützt, ist zweifelhaft. Ubers eh schon schlechter Ruf ist nun noch schlechter geworden. Damit begibt sich das Unternehmen in Gefahr, nicht nur von der Taxibranche, Journalisten und den Gerichten misstrauisch beäugt zu werden, sondern auch das Vertrauen der Kunden zu verlieren. Wer möchte schließlich, dass Mitarbeiter von Uber verfolgen können, wo man gerade entlangfährt.

Trotz Krise Wachstumsaussichten

Uber bewegt sich somit zurzeit zwischen Krise und eigentlich rosigen Wachstumsaussichten. Auch wenn die Meldungen der letzten Tage fast allesamt negativ belastet waren, expandiert und wächst der Fahrdienst-Vermittler stark. So beträgt die Wachstumsrate laut Business Insider 300 Prozent pro Jahr und die Umsatzprognosen liegen für das nächste Jahr bei zehn Milliarden US-Dollar, wovon Uber durch Gebühren in Höhe von 20 Prozent einen Nettoumsatz von zwei Milliarden US-Dollar verbuchen können soll. Zudem ist Uber erst in 150 Städten aktiv, sodass das Expansionspotenzial riesig ist. Gerade in Schwellenländern ist der der öffentliche Nahverkehr schließlich oft gar nicht oder nur mangelhaft ausgebaut, sodass dort die besten Voraussetzungen für die Angebote von Uber sind.

Neben der klassischen Fahrdienst-Vermittlung ist Uber zusätzlich zum Kerngeschäft dabei, auch in neue Bereiche vorzustoßen. Beispielsweise hat das Unternehmen mit Uber Taxi einen Konkurrenten zu Taxi-Apps wie mytaxi erschaffen und mit Uber essentials probiert sich das Unternehmen zurzeit in Washington D.C. an einem eigenen Lieferdienst. Dazu hat Uber noch eine Milliarde US-Dollar in der Kasse und könnte durch eine weitere Finanzierungsrunde weitere zwei Milliarden von Investoren einnehmen.

Diplomatie statt Aggressivität und negativer PR

Uber hat somit eigentlich die optimalen Bedingungen, um weiter zu expandieren und zu wachsen. Lediglich die dauerhafte negative Berichterstattung und die damit verbundenen Kritikpunkte sollte Uber dringend unterbinden, wenn das Unternehmen nicht das Vertrauen seiner Kunden verlieren möchte. Vielleicht fährt Uber nun damit ganz gut, lieber auf diplomatischen Wege Reformvorschläge zu machen, anstatt aggressiv die eigenen Geschäftspraktiken durchzusetzen.


Teaser & Image by Uber


ist als Digital Native tagtäglich in den Weiten des Netzes unterwegs. Er berät als Teil der Becker-Banse Medien Unternehmen zu den Themen Social Media, Webdesign und Webvideo. Dazu leitet er das Online-Magazin Broadmark und ist auch auf Twitter zu finden. Bis März 2015 war er Teil der Netzpiloten-Redaktion. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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2 comments

  1. Während hier ganz objektiv von Gründen für die Krise und Gründe für einen nahenden Boom berichtet wird, ist der Haken für mich als 0815 Kunde auf den ersten Blick offensichtlich: Die Chef-Etage von Uber ist eine Katastrophe, nicht nur wirtschaftlich – auch menschlich.

    Wer Pläne zur Aushorchung und legitimierten Erpressung offen legt, die soweit durchdacht sind, dass schon ein exakter Betrag und eine Taktik dahinter steht, der sollte kein Welt-Unternehmen führen und mit dem Gesicht dafür stehen. Spätestens in Ländern mit diktatorischem sozialistischem oder kommunistischem Polit-Hintergrund, stoßt so etwas eklig auf.

    Erst verplappert man sich – weil man vor Journalisten angeben will mit technischem Vorsprung – über die Datenschutzpraktiken der Firma, dann wettert man indirekt gegen die Pressefreiheit und versucht das ganze mit einem nichtssagenden Post bei Twitter aus der Welt zu schaffen. Gleichzeitig will man ein Multi-Milliarden Unternehmen leiten? Kein Wunder dass sowohl Politik, Presse als auch Endkunden da langsam aber sicher das Vertrauen verlieren und den Dienst kritisch beäugen.

    1. Auch ich bin 08/15-Kunde bei Uber und habe aber bei der Nutzung des Dienstes nichts von dieser Geschäftsführung zu spüren bekommen. Als Nutzer ist mir das also erst einmal egal, was da jemand erzählt hat, auch wenn es nicht meine Überzeugungen sind. Da sich nach den homophoben Äußerungen von Barilla-Chef Guido Barilla auch nicht deren Umsätze in Deutschland sanken, vermute ich mal, dass das ein normales Konsumverhalten ist. Es gibt eben Leute, die Firmen führen und es gibt Produkte dieser Firmen, die ich nutzen möchte.

      Was mich an der Darstellung des Gesprächs stört ist, dass Emil Michael wohl zum einen vor der Äußerung seiner „Gedanken“ drauf hinweis, dass das kein Plan der Firma ist, sondern er also einfach mal nur „laut drauf los denkt“ und dass das Gespräch im vertraulichen Kreis einer Party stattfand, auf der angeblich auf gekifft wurde. BuzzFeeds Ben Smith hat meines Erachtens hier ein Vertrauensverhältnis gestört, dass sich durch die journalistische Aufklärung nicht rechtfertigen lässt, denn es gab nichts aufzuklären, außer dass für Uber jemand arbeitet, der scheinbar ein Arschloch ist und sehr naiv mit Menschen von den Medien redet. So jemanden finde ich im kleinsten Startup und im größten Unternehmen auf der ganzen Welt.

      Man muss die Kirche auch mal im Dorf lassen.

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