Mobiles Bezahlen: NFC

Was ist eigentlich NFC (Near Field Communication) und wie soll das die Welt der Handys revolutionieren?

Seit vielen Jahren kann man in Afrika mit dem Handy seine Miete bezahlen, den Deckel bei der örtlichen Kneipe auslösen und sogar Geld an seine Verwandten verteilen. Da die meisten Afrikaner kein Bankkonto haben, wurde auf diese Weise der bargeldlose Zahlungsverkehr via Mobiltelefon eingeführt. Vodafone hatte 2007 mit dem Dienst M-Pesa in Kenia einen Stein ins Rollen gebracht, der leider nie nach Europa kullerte, obwohl er es von Tanzania über Äthiopien bis nach Afghanistan schaffte.

Bereits fünf Jahre zuvor hatten Sony und NXP auf dem lizenzfreien Frequenzband von 13,56 MHz eine andere Idee realisiert, die Near Field Communication. Sie soll nun das mobile Bezahlen bei uns ermöglichen. Die Technologie basiert auf Bluetooth, Smartcard-Chips und den allseits unbeliebten RFID-Chips, die mittlerweile an jedem Kleidungsstück kleben, das wir bei den großen Modeketten der Welt erstehen. Um das Ausspähen der übertragenen Daten zu erschweren, reicht die Übertragung bei NFC allerdings nur maximal 10 Zentimeter weit. Bei einer Übertragungsrate von mehr als 400KBit/sec können so Bezahlvorgänge mit einem schnellen Wischen des Handys oder Smartphones über einen Sender an der Kasse erledigt werden. Aktuell ist bisher nur das Ticketing, also der Kauf von Fahrscheinen per NFC realisiert. Im südfranzösischen Nizza hat man mit Nice Cityzi das einzige flächendeckende Großprojekt realisiert. Dort kann man mehrere Tickets für den öffentlichen Nahverkehr per Mobiltelefon erwerben und dann sukzessive abfahren. Das Handy ist dabei eine Art RFID-Transponder, der, an den Kartenautomaten gehalten, den Fahrpreis anzeigt und auch das Abbuchen vom gespeicherten Betrag auslöst.

Telefone, die keinen eigenen NFC-Chip an Bord haben, könnten in Zukunft mit erweiterten microSD-Karten mit Mini-Antennen aufgewertet werden. Auch mit ihnen kann man dann per Handy Beträge aufladen, abbuchen und Preise anzeigen lassen. Natürlich sind Visa und Mastercard mit ihm Boot und übernehmen das Verteilen und Verwalten der Beträge, da diese Technologie ja eigentlich das gesamte bargeldlose Zahlen per Kreditkarten obsolet machen könnten. So will man früh genug mit im Boot sitzen…

Deutschland ist eigentlich schon weiter: Es gibt hierzulande die berühmten Touchpoints an einigen größeren Bahnhöfen, wo man bei Fahrtantritt und beim Aussteigen sozusagen auscheckt, also jeweils sein Mobiltelefon mit NFC-Chip dran hält, aber das System wird nicht besonders umfassend beworben und es gilt auch nur für einige Strecken (touch & travel). Abgerechnet wird dann monatlich per Kreditkarte. Bei Kontrollen des Zugpersonals hält man das Handy einfach in die Nähe das Kontrollgeräts des Schaffners. Aber für den Übergang arbeitet die Bahn jetzt auch mit QR-Barcodes an den einzelnen Bahnhöfen. So sollen auch aktuell iPhones in den Genuss des bargeldlosen Ticketkaufs kommen. Aber abgesehen von den Bodenseefähren in Friedrichshafen und einigen experimentellen Installationen gibt es in Deutschland keine weiteren NFC-Lösungen.

Das neue Google Nexus S auf der Basis von Samsungs mobilem Flaggschiff wird einen NFC-Chip eingepflanzt bekommen. So hat Eric Schmidt von Google auf dem Mobile World Congress (MWC) auch großes Interesse an dieser Technologie angemeldet, da auf diese Weise endlich der Kontext von mobiler Werbung und dem Kaufvorgang näher rücke. Erkennbar ist dies auch daran, dass das neue Android 2.3 die NFC-Technologie nativ unterstützt.

In Barcelona auf dem MWC verriet die Telekom ihre Zukunftsvorhaben in Sachen mobiles Telefonieren. Dabei wurde auch deutlich, dass Samsung und Apple mit dem iPhone 5 auch auf NFC setzen werden. Zum Ein- und Auschecken in Hotels, Flughäfen und Restaurants via Gowalla, Latitude, Plazes und Foursquare gesellen sich also bald allerlei Boutiquen und Läden. Dann wachsen Location-Based-Services und Kreditkartendienstleister zusammen. Big Brother hätte seine helle Freude. Ob und wie vodafone daran denkt sein eingeführtes und erfolreiches M-Pesa-System mit NFC zu verbinden, steht in den Sternen. Aber es scheint klar, dass alle Mobiltelefone der nächsten Generation mit NFC-Chips auf den Markt kommen werden.

  ist seit 1999 als Freier Autor und Freier Journalist tätig für nationale und internationale Zeitungen und Magazine, Online-Publikationen sowie Radio- und TV-Sender. (Redaktionsleiter Netzpiloten.de von 2009 bis 2012)


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2 comments

  1. Interessant…ob das wohl der neue Trend des bargeldlosen Zahlens wird? Man hört ja immer wieder, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis niemand mehr mit Bargeld zahlt. Ich kann es mir allerdings nicht wirklich vorstellen. Wie sollen sich z.B. ältere Leute an den Gedanken gewöhnen, Geldtransaktionen mit einem Mobiltelefon zu tätigen?

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