Mediathekenumschau vom 23. September

In seiner wöchentlichen Mediathekenumschau geht Hannes Richter den letzten 7 Tagen des online gespeicherten Medium Fernsehens auf den Grund. Heute mit Clips vom WDR, Arte und 3Sat. // von Hannes Richter

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Es ist so eine Sache mit den Mediatheken: Für viele Digital Natives sind sie schon Fernsehersatz – alles ist überall abrufbar. Doch nur auf Zeit: Gerade die öffentlich-rechtlichen Programme sind oft nach einer Woche wieder offline. Verlängertes Fernsehen statt digitales Archiv. Bevor sie verschwinden, fischen wir die besten Perlen aus der TV-Flut.

NEUES FERNSEHEN: #waszurwahl

WDR +++ Sendung vom 22. September: So, jetzt ist die Wahl vorbei. Mit den direkten Folgen beschäftigt sich die Republik wohl noch für Wochen. Vom Wahlkampftrubel bleiben überraschenderweise auch ein paar neue Ideen für die mediale Begleitung des vier-jährlichen Zirkusses. Klar, Stefan Raabs Elefantenrunde hatte an Frische und Unterhaltsamkeit den immer gleichen Talkrunden einiges voraus. Und von Friedrich Küppersbuschs Tagesschaum habe ich schon öfter geschwärmt. Vom WDR stammt aber auch das kleine Format #waszurwahl. Aus dem WDR-Keller zwischen Abflussrohren und Stromleitungen bemüht sich die Sendung darum, endlich mal Internet und TV miteinander zu versöhnen. Zumindest schafft sie es, dass vorgelesene Twitter-Meldungen das erste Mal nicht peinlich klingen. Bei der Wahlnachlese gestern Nacht war Stefan Niggemeier zu Gast.

ZERO G: Ein schwereloser Flug

arte +++ nur über die Webseite: Arte ist immer für eine Web-Überraschung gut. Seit einiger Zeit schon experimentiert der kleine Sender mit immer neuen Formaten wie beispielsweise About:Kate, in der das soziale Netz und die klassische Fernsehserie elegant verknüpft werden. Für das Dokumentarprojekt Zero G fliegt der Schriftsteller Vincent Ravalec mit einem Parabelflug in die Schwerelosigkeit und der Zuschauer kann bei jedem Punkt dabei sein, navigierend mit Hilfe eines futuristischen 3D-Cockpits. Der Autor betrachtet die Webdokumentation als die „angemessenste Form, (…) diese aufregende Erfahrung mit anderen zu teilen“. Ein weiterer Schritt weg vom klassischen Fernsehen.

LEBEN IM GROSSSTADTDSCHUNGEL: Lagos

3Sat +++ Sendung vom 22. September: Wenn Wahlsendungen mit allerlei durch die Gegend fliegenden Gimmicks aus dem Keller gesendet werden und sich die großen Visionen ins Netz verlagern, um den Beschränkungen des zweidimensional-linearen Fernsehens zu entgehen, vergisst man schnell die Kraft des Erzählens. Einfach hinschauen, Menschen besuchen und Geschichten erzählen reicht häufig um den Horizont ein bisschen breiter zu machen. Die Dokumentation „Lagos – Notizen einer Stadt“ von Jens Winkel schafft das ruhig und interessiert. Sie zeigt das Leben in der zweitgrößten Stadt Afrikas und stellt sechs Bewohner und ihren Alltag vor.

NACHTRAG: Marcel Reich-Ranicki über Brecht

3Sat+++ Aufzeichnung aus dem Mai 2001: Bereits letzte Woche habe ich zum gerade bekannt gewordenen Tod von Marcel Reich-Ranicki empfohlen, seine bewegende Rede vom 26. Januar 2012 vor dem Deutschen Bundestag nochmals anzuschauen. In der Mediathek von 3Sat findet sich nun noch ein weiteres sehenswertes Andenken: Im Jahr 2001 sprach Marcel Reich-Ranicki eine ganze Sendung lang über Bertolt Brecht. Voll gepackt mit kurzweiligen Anekdoten ordnet der Kritiker den streitbaren Klassiker ein, spart dabei nicht an Kritik, aber auch Respekt vor dem literarischen Werk. Reich-Ranicki at his best.


Teaser by By Paulae (CC-BY-3.0)]

wanderte schon früh zwischen den Welten, on- und offline. Der studierte Kulturarbeiter arbeitete in der Redaktion eines schwulen Nachrichtenmagazins im Kabelfernsehen, produzierte Netzvideos und stellte eine Weile Produktionen im Cabaret-Theater Bar jeder Vernunft auf die Beine, bevor er als waschechter Berliner nach Wiesbaden zog, um dort am Staatstheater Erfahrungen im Kulturmarketing zu sammeln. Er baute später die Social-Media-Kanäle der Bayreuther Festspiele mit auf und schoss dabei das erste Instagram-Bild und verfasste den ersten Tweet des damals in der Online-Welt noch fremden Festivals. Seitdem arbeitete er als Online-Referent des Deutschen Bühnenvereins und in anderen Projekten an der Verbindung von Kultur und Netz. 


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