Huawei P30 Pro im Test: Nahe dran an der Perfektion

Huawei ist wegen des US-Embargos derzeit von wichtiger amerikanischer Smartphone-Technik abgeschnitten. Der Vorgang gleicht einer Hexenjagd, denn die Begründung dafür ist haarsträubend. Ein stinknormaler Vertrag könnte diesen Stellvertreterkrieg im Handelsstreit zwischen den USA und China übrigens ganz schnell beilegen – so viel Heuchelei steckt hinter dem Konflikt um vermeintliche Spionage. Das Embargo wirkt sich aber, wenn überhaupt, vorerst nur auf künftige Geräte von Huawei aus. Das aktuelle Flaggschiff P30 Pro könnt ihr daher getrost in eure Kaufentscheidung einbeziehen. Wie gut das Huawei P30 Pro im Test abschneidet, habe ich in der Praxis ausprobiert.

Design: Elegant und rutschig

In puncto Design hat sich Huawei längst vom Billigheimer zum Hingucker entwickelt. Das gilt auch für das aktuelle Top-Smartphone. Das nach IP68-Standard wettergeschützte Gehäuse ist makellos verarbeitet und sieht schick aus. Daran ändert auch nicht, dass die Rück- und Vorderseite fühlbar aber eben nicht störend in den Rahmen übergehen. Die gebogenen Kanten wiederum unterstreichen das elegante Äußere.

Huawei P30 Pro Rückseite
Die Rückseite ist schick designt, spiegelt aber stark und ist sehr rutschig. Image by Berti Kolbow-Lehradt

Hingegen ein Wermutstropfen ist die stark spiegelnde, rutschige und schmutzanfällige Rückseite. Mit 192 Gramm auf der Waage ist das Huawei P30 Pro im Test zwar kein Leichtgewicht. In der Praxis merke ich ihm das aber gar nicht an.

Display: Eine helle Freude

Wie es sich für ein Spitzen-Smartphone gehört, verfügt das P30 Pro über ein fast rahmenloses Display. Die gebogenen Kanten verstärken den Eindruck des „grenzenlosen“ Seheindrucks. Die Ränder oben und unten sind äußerst schmal, die Kerbe am oberen Rand nimmt nur wenig Platz ein und stört daher nicht.

Huawei P30 Pro Notch
Die Kerbe am oberen Rand des Display ist sehr unauffällig und nimmt nur wenig Platz weg. Image by Berti Kolbow-Lehradt

Mit 6,47 Zoll Diagonale bietet das Huawei P30 Pro im Test sehr viel Fläche zum Eintauchen ins Geschehen. In Sachen Auflösung geht Huawei mit Full-HD+ (2.340 x 1.080 Pixel) zwar nicht an die Grenzen des Machbaren. Dennoch ist die Darstellung mit einer Pixeldichte von 400 ppi bei weitem scharf genug im Alltag, beim Gamen und beim Video schauen. Wer Strom sparen möchte, reduziert die Auflösung auf HD+. Ist die „Smarte Einstellung“ aktiviert, geschieht das bei niedrigem Akkustand sogar automatisch.

Ausgestattet mit einem OLED-Display, bietet das Huawei P30 Pro im Test kräftige Farben, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Das Beste am Bildschirm ist meiner Ansicht nach aber die irre Spitzenhelligkeit von rund 1.000 Nits. Damit ist auch ein Außeneinsatz problemlos möglich, ohne die Augen zu stark zu strapazieren. Nur wenige andere Geräte kommen an diese Helligkeit heran, beispielsweise das Samsung Galaxy S10+.

Starkes Arbeitstempo reicht für aufwendiges Gaming

Unter der Haube rechnet einer der derzeit leistungsstärksten mobilen Prozessoren, der von Huawei selbst entwickelte Kirin 980. Im 7-Nanometer-Verfahren gefertigt, erledigt der Acht-Kern-Prozessor seine Aufgaben super schnell, ohne dabei zu viel Energie zu verplempern. Ihm zur Seite stehen 8 GB Arbeitsspeicher, was in der Praxis schnelle App-Starts und Multitasking ohne App-Neustart ermöglicht. Alltagsanwendungen zwingen diese Rechenausstattung erwartungsgemäß nicht in die Knie. Und selbst das grafisch extrem fordernde Videospiel Ark: Survival Evolved führt das Smartphone nicht an seine Grenzen. Sogar auf „epischen“ Grafikeinstellungen bleibt die Darstellung flüssig und das Handy lange Zeit kühl.

Huawei P30 Pro Nano-Memory-Card-Slot
Mit wahlweise 128 oder 256 GB bietet das P30 Pro zwar nicht wenig Speicher. Wer aber doch etwas Platz nachrüsten will, muss eine Speicherkarte im ungewöhnlichen Nano-Memory-Format kaufen. Image by Berti Kolbow-Lehradt

Mit wahlweise 128 oder 256 GB Nutzerdatenspeicher bietet das Gerät an sich nicht wenig Platz, um Apps, Musik, Videos und Fotos abzulegen. Lästig wird es aber, wenn ihr Speicher aufrüsten wollt. Denn statt eurer vorhandenen Micro-SD-Karten akzeptiert das Gerät nur Huaweis hauseigene Nano-Memory-Karten.  Die bringen keine Tempovorteile, sind aber teurer.

Software: Keine Experimente

Ob Huawei wegen des US-Embargos statt Googles Android künftig ein eigenes Betriebssystem verwendet, ist eine offene Frage. Käufer des Huawei P30 Pro müssen sich aber vorerst nicht umgewöhnen. Sie erhalten die bekannte Kombination aus Android in der aktuellen Version 9 und Huaweis eigener Bedienoberfläche EMUI 9.1. Erfahrene Huawei-Nutzer erleben keine Experimente. Die Software ist schnell, übersichtlich und – für meinen Geschmack – schick. Ob ihr nach iOS-Manier alle Apps auf den Startbildschirmen verteilt oder wie bei Android üblich in ein Menü packt, ist euch überlassen.

Kamera: Richtig guter Zoom bis zur fünffachen Vergrößerung

Als „Fotowunder“ vermarktet Huawei das P30 Pro nicht zuletzt wegen der starken Zoom-Ausstattung. So ermöglicht das Teleobjektiv der Quad-Kamera eine fünffache optische Vergrößerung ohne Qualitätsverlust. Ein Knopf für zehnfachen Zoom ist in der sehr guten Kamera-App auch verfügbar. Dabei greift Huawei aber teilweise auf Software-Unterstützung zurück. Das ist qualitativ kein Problem. Allerdings fokussiert die Optik beim Faktor 5 und 10 spürbar langsamer und zielt häufiger daneben.

Huawei P30 Pro Quad-Kamera
Die Rückseite des Huawei P30 Pro wird von einer Quad-Kamera dominiert. Das 125-mm-Tele lässt sich nur über ein Prisma realisieren. Unter dem Blitz befindet sich eine Time-of-Flight-Kamera, die Abstandsinformationen für präzises Bokeh misst. Image by Berti Kolbow-Lehradt

Wer mit der Fingerzange in den Bildschirm zoomt, kann den Bildausschnitt sogar um den Faktor 50 vergrößern. Wenn das Bild gut werden soll, rate ich aber davon ab. Schärfe und Detailgrad leiden nämlich deutlich sichtbar darunter. Das Ultraweitwinkelobjektiv ist wiederum übrigens prima für Nahaufnahmen geeignet. Bis auf zwei Zentimeter komme ich damit ans Objekt heran. Insofern kombiniert Huawei eine vorzügliche Kamera-Hardware, und zwar:

  • Standardweitwinkel: 27 mm KB-äquivalent, f/1,6, 40 MP Auflösung mit 10 MP Ausgabe
  • Ultraweitwinkel: 16 mm, f/2,2, 20 MP Auflösung
  • Tele: 125 mm, f3,4, 8 MP Auflösung
  • Time-of-Flight-(ToF)-Kamera zur Tiefenmessung.

Bildqualität: Grandioser Nacht- und Porträtmodus

Die Bildqualität ist beim Huawei P30 Pro im Test generell auf Top-Niveau. Ihr hat es definitiv nicht geschadet, dass Huawei im Hauptsensor statt auf grüne nun auf gelbe Pixel setzt, was in einer höheren Lichtempfindlichkeit resultiert. Die Aufbereitung der JPG-Bilder finde ich so famos, dass ich nur noch selten die Raw-Option im Pro-Modus ziehe.

Zu den besonderen Stärken des Huawei P30 Pro im Test zähle ich den Nachtmodus und den Porträtmodus. So unkompliziert sind HDR-Nachtaufnahmen mit keiner herkömmlichen Kamera möglich. Künstlicher Intelligenz sei Dank.

Unabhängig vom Abstand ist das Huawei P30 Pro außerdem in der Lage, Objekte sehr ansehnlich freizustellen. Dazu tragen neben den KI-Algorithmen die Abstandsmessungen der sogenannten ToF-Kamera bei. Sie erleichtern die Simulation eines Unschärfeverlaufs, sodass das von der Software errechnete Bokeh sehr viel authentischer wirkt als ich es von anderen Smartphones kenne. Der Unschärfeeffekt lässt sich sowohl bei Gesichtern als auch bei Gegenständen anwenden.

Sicherheit: Mit Fingerabdruck und Gesichtsprofil schnell entsperren

Für das P30 Pro hat Huawei den Fingerabdruckscanner im Display überarbeitet. Ich empfinde ihn im Test nun als sehr schnell und präzise.

Huawei P30 Pro im Test: Fingerabdruckscanner
Der Fingerabdruckscanner befindet sich unter dem Deckglas des Display. Im Test erweist er sich als schnell und präzise. Image by Berti Kolbow-Lehradt

Das gleiche gilt für den Face Scan durch die Frontkamera. Praktisch: Dieser lässt sich so einstellen, dass ich das Gerät direkt entsperren kann, ohne zuvor den Bildschirm per Powertaste aus dem Standby zu wecken. Bei anderen Smartphones ist das oft nötig, was den Vorgang umständlich macht. Obwohl Huawei weiter einen 2D- statt eines 3D-Scans verwendet, lässt sich diese Entsperrmethode nicht mehr so leicht täuschen wie früher. Mit einem Selfie auf einem anderem Handy-Display kann ich den Face Scan jedenfalls nicht austricksen.

Sound: Guter Stereo-Effekt dank Dolby Atmos

Einen üblichen Frontlautsprecher bietet das P30 Pro nicht. Stattdessen hat Huawei das Display so konstruiert, das es beim Telefonieren den Schall per Vibration ans Ohr überträgt. Dadurch lässt sich mit dem Smartphone nicht besser aber auch nicht schlechter telefonieren als mit anderen Geräten.

Huawei P30 Pro im Test: Lautsprecher
Der Lautsprecher des P30 Pro sorgt für etwas bassarmen aber sehr breiten Stereo-Klang. Image by Berti Kolbow-Lehradt

Geht es um Musik, kommt ein traditioneller Lautsprecher zum Einsatz. Dieser klingt für ein Smartphone etwas dünn. Ich würde mir mehr Bass wünschen. Weil ab Werk Dolby Atmos standardmäßig aktiviert ist, bietet der Lautsprecher aber einen respektablen Stereo-Sound. An Raumklang kommt das aber nicht heran, auch wenn dies die Marke Dolby suggeriert. Mit Klangprofilen für Film und Musik sowie mit einem Equalizer lässt sich der Dolby-Atmos-Sound personalisieren. Diese Einstellungen gelten sowohl für den Lautsprecher als auch beim Einsatz von Kopfhörern.

Akku: Energiespeicher mit großer Ausdauer

Energie ist ein chronischer Engpass bei Smartphones. Schließlich ziehen große Displays mit vielen Pixeln einfach gehörig Strom. Demgegenüber erweist sich das Huawei P30 Pro im Test als echter Langläufer. Mit 4.200 mAh ist dessen Energiespeicher an sich schon üppig bestückt. Dazu weiß das Gerät damit auch noch sehr gut hauszuhalten. Zwei Tage schaffe ich in der Praxis damit locker, bevor das Smartphone wieder an die Steckdose muss.

Huawei P30 Pro Schnelllade-Netzteil
Dank des 40-Watt-Netzteils lässt sich das Huawei P30 Pro im Test innerhalb von 30 Minuten auf 70 Prozent aufladen. Image by Berti Kolbow-Lehradt

Wenn keine Zeit für einen kompletten Ladevorgang ist, genügt auch ein kurzer Boxenstopp. Huawei verspricht, dass das Smartphone in 30 Minuten 70 Prozent seiner Ladekapazität volltankt – und hält Wort. Im Praxistest begnügt sich das P30 Pro mit keinem Prozentpunkt weniger und keine Minute zu spät. Das ist sowohl dem Schnellladeverfahren zu verdanken, mit dem Huawei das Gerät ausstattet, als auch dem mächtig starken 40-Watt-Netzteil, das zum Lieferumfang gehört.

Statt mit Kabel lässt sich das P30 Pro auch induktiv aufladen – wenn auch deutlich langsamer. Wie schon beim Mate 20 Pro ist es dabei nicht nur in der Lage, Energie aufzunehmen, sondern auch, diese an andere Geräte abzugeben. Reverse Wireless Charging heißt das Feature. Im Test kann ich auf diese Weise ein Samsung Galaxy S10+ mit Energie versorgen.

Huawei P30 Pro lädt Samsung Galaxy S10+
Reverse Wireless Charging heißt die Funktion, dank der das P30 Pro auch andere Geräte kabellos aufladen kann – wie hier das Samsung Galaxy S10+. Image by Berti Kolbow-Lehradt

Fazit zum Huawei P30 Pro im Test: Glänzt in fast allen Bereichen

Nichts ist perfekt. Aber das Huawei P30 Pro ist nahe dran. Außer beim etwas schwachbrüstigen Lautsprecher zeigt das Top-Gerät keine echte Schwäche. Wer mit dem internen Speicher von 256 GB klarkommt, kann sogar darüber hinwegsehen, dass Huawei lästigerweise am proprietären Nano-Memory-Speicherkartenformat festhält.

Ansonsten hinterlässt das Huawei P30 Pro im Test einen hervorragenden Eindruck. Ausdauernder Akku, super helles Display und eine gewaltiges Arbeitstempo gehören zu den größten Stärken. Von einem „Fotowunder“ zu sprechen, mag übertrieben sein. Aber auch die Kamera hält, was Huaweis Werbung verspricht. Die Bildqualität und Funktionalität setzen Maßstäbe. Zwar ist der Zoom jenseits der zehnfachen Vergrößerung nur noch eingeschränkt zu gebrauchen. Aber kein anderer Hersteller geht überhaupt so weit in die Ferne, auch nicht das neuere OnePlus 7 Pro. Daher macht es derzeit niemand besser.

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Images by Berti Kolbow-Lehradt


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