Facebook schließt Gesichtserkennung – und jetzt, Herr Weichert?

Die Sammlung biometrischer Daten durch Facebook ist vorerst gestoppt. Doch wie sieht es in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens aus?

Facebook bekommt ein Lob für seinen Datenschutz. Was vor ein paar Monaten noch undenkbar war, ist tatsächlich eingetreten. Heute Nachmittag haben die irischen Datenschützer ihren Bericht der monatelang zusammengetragenen Untersuchung in der Causa „Facebook vs. Europe“ veröffentlicht. Das Ergebnis so scheint es, ist zufriedenstellend. Facebook habe den Großteil seiner Mängel behoben. Der größte Vorstoß aber wird wohl sein, dass das soziale Netzwerk seine Gesichtserkennungs-Software vorerst einstellt.

Diese war schon seit jeher ein rotes Tuch der hiesigen Datenschützer und führte nicht zuletzt bei dem Hamburger Lordsiegelbewahrer Johannes Caspar und dem obersten Datenschutzbeauftragten Schleswig-Holsteins Thilo Weichert regelmäßig zu mittelschweren Krisen und heftigen Beanstandungen. Natürlich zu Recht. Denn die Erfassung und Speicherung biometrischer Daten ist eine äußerst heikle Angelegenheit.

Da Facebook nun diesem Wunsch nachgekommen ist, bleibt nur eine Frage offen: ob und wie die deutschen Datenschützer sich nun bemühen werden vor ihren eigenen Türen zu kehren? Das Thema der „Biometrischen-Daten-Sammlung“ ist nämlich ein Thema, das nicht nur in Bezug auf private Internet-Unternehmen einen kritischen Diskurs verlangt, sondern auch in den eigenen Reihen, der Verwaltung oder speziell in den deutschen Krankenkassen noch einmal auf dem Prüfstand stehen sollte.

Regelmäßig werde ich beispielsweise in akribischer Nerv-Manier von meiner Krankenkasse, der BEK-Hamburg, nach einem biometrischen Passbild gefragt, obwohl einem der Sinn dahinter nach wie vor verschlossen bleibt. Biometrische Personalausweise und Pässe sind basierend auf dem internationalen Standard 9303 der ICAO in Deutschland seit dem 1. November 2005 Pflicht. Obwohl man hier ganz klar Persönlichkeitsrechte verletzt. Weiterhin versucht man mit nicht wenigen Überwachungskameras z.B. an Flughäfen mittels vollautomatisierter Suche und der Gesichtserkennung Zielpersonen ausfindig zu machen. Und das obwohl die Erkennungsrate mehr als gering ist.

Biometrische Daten haben in anderen Bereichen der allgemeinen Öffentlichkeit genauso wenig etwas zu suchen, wie bei Facebook. Es ist lobenswert, dass man den Internet-Giganten nun zu mehr Daten- und Verbraucherschutz geführt hat. Doch die eigentliche Arbeit für Johannes Caspar, Thilo Weichert, Ilse Aigner und wie sie alle heißen, fängt jetzt eigentlich erst richtig an. Und zwar im eigenen Wohnzimmer.


 


schreibt seit 2011 für die Netzpiloten und war von 2012 bis 2013 Projektleiter des Online-Magazins. Zur Zeit ist er Redakteur beim t3n-Magazin und war zuletzt als Silicon-Valley-Korrespondent in den USA tätig.


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