Wer entwickelt Autonome Fahrzeuge und wie ist der Stand?

Bei modernen Autos denkt man oft direkt an Tesla. Das liegt auch daran, dass Tesla unter den erfolgreichsten Autoherstellern der jüngste und modernste ist. Man bringt die Autos von Tesla einfach schnell mit Innovation in Verbindung. Doch wer entwickelt autonome Fahrzeuge sonst noch und wie ist der aktuelle Stand der Entwicklung?

Natürlich ist auch Tesla im Rennen um das autonome Fahren dabei. Aber auch viele Start-Ups, Tech-Giganten und traditionelle Autohersteller sind schon lange in der Entwicklung autonom fahrender Autos. Sogar Unternehmen, von denen man es nicht unbedingt erwartet, mischen mit. So bietet der Grafikkarten-Hersteller Nvidia mit seinem „Nvidia Drive“ eine KI-Plattform für selbstfahrende Fahrzeuge an.

Während immer wieder neue Unternehmen ins Autonome Fahren einsteigen, fallen andere auch wieder raus. So gab unter anderem der Automobilhersteller Mercedes seine Bemühungen für Roboterautos auf. Ein Unternehmenssprecher äußerte sich dazu: „Wir treten zu keinem Rennen an, das wir nicht mehr gewinnen können“. Auch die jüngste Zusammenarbeit mit BMW wurde damit aufgelöst. Mercedes arbeitet allerdings auch weiter an automatisiertem Fahren und verabschiedet sich nur aus den Bemühungen um das vollautonome Fahren der Stufe 5.

Autonome Fahrzeuge in 5 Stufen

Wirklich autonome Fahrzeuge sind aktuell eher das Ziel und nicht der aktuelle Stand der Entwicklung. Die Automatisierung des Autos ist in fünf Stufen unterteilt, die für einen unterschiedlichen Grad der Automatisierung stehen. Im Detail stellen wir euch diese Stufen im Rahmen unseres großen Erklärartikels zum Autonomen Fahren vor. Darum hier die Kurzfassung:

Stufe 1 – Unterstütztes Fahren: Die Technologie greift nur unterstützend beim Beschleunigen, Bremsen oder Lenken ein.

Stufe 2 – Automatisiertes Fahren: Das System übernimmt speziell abgesteckte Fahrsituationen. Der Fahrer muss noch sehr aufmerksam dabei sein.

Stufe 3 – Hochautomatisiertes Fahren: Das Auto übernimmt schon größere Fahraufgaben. Kleinere Ablenkungen sind für Fahrer:innen möglich, diese sollten aber jederzeit abrufbereit sein.

Stufe 4 – Vollautomatisiertes Fahren: Das Auto bewältigt alle Fahrsituationen weitgehend selbst. Schafft es das nicht, bringt es sich selbstständig in eine sichere Ausgangsposition. Fahrer:innen nicht mehr zwingend erforderlich.

Stufe 5 – Autonomes Fahren:  Das Auto meistert jede Fahrsituation selbstständig. Es gibt nur noch Fahrgäste.

Auf welcher Stufe befinden wir uns aktuell?

In der Breite begegnen wir am ehesten den ersten beiden Stufen des autonomen Fahrens. Gerade die erste Stufe sind kleine Funktionen wie der Spurhaltungsassistent oder der klassische Tempomat. Sie erleichtern uns das Fahren, nehmen es uns aber nicht ab. Die zweite Stufe geht schon einen Schritt weiter und übernimmt kleine Einzelaufgaben wie das Überholen oder Einparken selbstständig.

Die Stufen 3 und 4 befinden sich in Tests der Hersteller und eingeschränkt auch schon in ersten Fahrzeugen von Kunden. Vor allem Stufe 3 ist dabei eine sehr kritische Stufe. Sie übernimmt genug Aufgaben, dass der Fahrer nicht mehr die volle Aufmerksamkeit auf den Verkehr benötigt, ist dann aber doch zu fehleranfällig. Vermeidbare Unfälle passieren, wenn der Fahrer sein Auto überschätzt. Das macht die 3. Stufe der Automatisierung zur gefährlichsten.

In Deutschland müssen bislang auch bei Fahrzeugen der Stufe 3 und 4 Fahrer stets am Steuer sein und jederzeit reagieren können. Erlaubt sind hochautomatisierte und vollautomatisierte Fahrzeuge dennoch.

Erste Hersteller testen jedoch beispielsweise in den USA und China erste Fahrzeuge ohne Fahrer im Verkehr. Diese entsprechen der Stufe 4. Sie kommen ohne Fahrer aus, können aber noch in Situationen geraten, die sie selbst nicht bewältigen. Außerdem ist ihr Einsatzbereich auf Gebiete beschränkt, zu denen sie bereits viele Daten gesammelt haben. 

Bis das Auto zuverlässig auf allen Straßen selbstständig funktioniert, dürfte dagegen noch viel Zeit vergehen. Dafür gibt es zu viele Szenarien, gerade bei schlechten Straßen, die autonome Fahrzeuge einfach noch nicht bewältigen können.

Herausforderungen für Autonome Fahrzeuge

Je weiter sich Autonome Fahrzeuge entwickeln, desto mehr neue Herausforderungen ergeben sich für eine KI. Je nach Einsatzort ergeben sich andere Verkehrssituationen. Je nach Land gibt es außerdem andere Verkehrsregeln und moralische Schwerpunkte für die Ethik einer KI.

Verkehrssituationen

Jede Straße ist anders. Es macht schon einen großen Unterschied, ob man in der Stadt, auf einer Landstraße oder einer Autobahn fährt. Es sind ganz unterschiedliche Verkehrssituationen, mit der die KI aber zuverlässig zurechtkommen muss. Auch kann sich die Qualität des Straßenbelags deutlich unterscheiden. Allein innerhalb Deutschlands gibt es Gegenden die deutlich stärker von Schlaglöchern betroffen sind als andere. International werden diese Unterschiede nochmal stärker.

Verkehrsregeln

Die Verkehrsregeln können sich ebenfalls je nach Land stark voneinander unterscheiden. Mal fährt man rechts, mal links und dann gibt es auch noch unterschiedlicher Schilder oder Tempolimits. 

Auch hat jedes Land eine andere Fahrkultur. In einigen Ländern fährt man heißblütiger als in anderen, in Deutschland und anderen Ländern gibt es Regeln zur Rettungsgasse und im Chaos des indischen Verkehrs gilt etwa die Regel, dass das größere Fahrzeug Vorfahrt hat. Allein wann gehupt wird, ist kulturell völlig verschieden. Das ist schon für menschliche Fahrer:innen oft eine Herausforderung.

Fußgänger sind aber mindestens genau so wichtig. Sie sind oft die unberechenbarsten Verkehrsteilnehmer, weil ihnen keine Verkehrsberechtigung entzogen kann. Gehen Fußgänger in einem Land eher bei rot über die Straße oder kreuzen den Verkehr allgemein rigoroser, stellt das auch ein autonomes Fahrzeug vor ganz andere Herausforderungen.

Die Ethik der KI

Gerade wegen der vielen Einflussfaktoren und anderer Verkehrsteilnehmer, die sich weniger an Regeln halten, als die KI, kommt es auch mal zu unausweichlichen Unfallsituationen. 

Im schlimmsten Fall müsste eine KI entscheiden, welches Unfallszenario weniger Leben kostet. Oder sie muss entscheiden, ob das Leben der Fahrzeuginsassen mehr wert ist, als das Leben anderer. Und darf eine Künstliche Intelligenz überhaupt Leben gegeneinander aufwiegen? 

Die Ethik künstlicher Intelligenz ist für Autonomes Fahren ein wichtiges und spannendes Feld. In unserem Artikel „Ethik für autonome Fahrzeuge – Wer soll sterben?“ setzen wir uns mit genau diesem Dilemma nochmal stärker auseinander.

Aktueller Stand bei Entwicklern autonomer Fahrzeuge

Die Entwicklung der fahrerlosen Autos ist also ein riesiges Feld und wie eingangs erwähnt, sind auch viele Unternehmen dabei, die selbst keine Autos produzieren. Auch gibt es Unternehmen wie Bosch, Nvidia und zahlreiche Start-Ups, die sich auf einzelne Bereiche fokusieren, damit aber wichtige Beiträge leisten.

Wir haben uns mit Waymo, AutoX, Tesla und Volkswagen vier der größten Entwickler autonomer Fahrzeuge ausgesucht, um zumindest einen ungefähren Überblick ihrer Entwicklung zu geben. Mit Waymo und Tesla als techgetriebene US-Unternehmen, AutoX als steil emporgeschossenes chinesisches Unternehmen und Volkswagen als traditioneller Autobauer aus Europa, geben wir euch hoffentlich einen interessanten Querschnitt.

Waymo

So wirklich ein Begriff ist Waymo nur wenigen, da es sich nicht um einen Autohersteller handelt. Waymo fokussiert sich stattdessen auf technische Systeme für autonome Fahrzeuge. Als Schwesterfirma von Google steckt jedoch eine unglaubliche Finanzkraft hinter Waymo. Seit Jahren ist Waymo einer der wichtigsten Innovationstreiber in der Entwicklung autonomer Fahrzeuge.

Die erste Zulassung für ein autonomes Fahrzeug erhielt die Firma – damals noch unter dem Namen Google – bereits 2012 für den Test auf öffentlichen Straßen im US-Bundesstaat Nevada. Damals musste aber noch ein Autofahrer anwesend sein, der im Notfall eingreifen kann.

2015 präsentierte Google seine Unfallstatistik von mehr als 20 Fahrzeugen in über 6 Jahren. Von den 2,7 Millionen Kilometern legten diese 1,5 Millionen Kilometer computergesteuert zurück. Verwickelt wurden sie in nur elf Unfälle, bei denen nie das KI-gesteuerte Auto Schuld war.

2017 fuhren dann die ersten Waymo-Fahrzeuge ohne menschliche Überwachung durch einen dünn besiedelten Vorort von Phoenix. War dieser Service anfangs nur einer Testgruppe vorenthalten, kann mittlerweile jeder den fahrerlosen Taxidienst nutzen. Auch in San Francisco laufen mittlerweile erste Tests.

Waymo-Chef John Krafcik gestand im Januar 2021 allerdings, dass er vor einigen Jahren die Entwicklung falsch eingeschätzt hatte. Mit einem funktionstüchtigen Prototypen war man damals überzeugt, bis 2020 mit autonomen Fahrzeugen in den Massenmarkt starten zu können. Davon ist man aktuell doch noch ein gutes Stück entfernt.

AutoX

Keine Zukunftstechnologien ohne dass auch chinesische Unternehmen mit dabei sind. Bereits in vielen chinesischen Großstädten gibt es Testbetriebe für Robotertaxis, doch AutoX hatte Ende 2020 als erstes mit komplett fahrerlosen Testfahrten in der Technik-Metropole Shenzhen begonnen.

Seit Dezember fahren dort 25 unbemannte Minivans durch die Stadt. Vorerst handelt es sich jedoch um einen reinen Testbetrieb und die Taxis lassen noch nicht buchen. Dennoch ist es der erste Test dieser Art Größenordnung im Verkehr einer Millionenstadt. Auch für Kalifornien bestitzt auox AutoX bereits eine Erlaubnis, allerdings nur mit einem Sicherheitsfahrer, der im Notfall eingreift.

Bei AutoX handelt es sich um ein erst 4 Jahre altes Start-up, das aber auch vom Handelsgiganten Alibaba, dem größten chinesischen Autohersteller SAIC Motor und vielen weiteren strategischen Partnern (darunter auch Nvidia) unterstützt wird.  

Tesla

Das Auto der Zukunft – da muss Tesla doch auch mitmischen. Anders als viele Konkurrenten, hat Tesla dabei den Vorteil, dass die eigenen Autos bereits von Haus aus eine starke Technologie-Basis besitzen. Auch sind die Käufer:innen meist technikbegeisterter und eher für Autonomes Fahren zu begeistern.

Daher werden Teslabesitzer auch schon viel direkter einbezogen. Seit Oktober 2020 dürfen einige Teslabesitzer bereits die Beta-Version der „Full Self-Driving“-Software für das Model 3 nutzen. Allerdings entspricht die Software aktuell noch den Stufen 2 bis 3, da die ganze Zeit ein Fahrer am Steuer sein muss, um reagieren zu können. Wie gut das schon funktionieren kann, zeigt unter anderem der YouTube-Kanal Whole Mars Catalog. Die regelmäßigen Berührungen des Lenkrads sind notwendig, damit das Auto weiß, dass der Fahrer jederzeit am Steuer sein kann.

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Doch auch wenn sich Tesla-Chef Elon Musk sicher ist, dass die Software im Verlauf dieses Jahres bereits weit über dem durchschnittlichen Autofahrer sein wird, so sorgten mehrere Unfälle mit dem Tesla-Autopiloten, davon auch mindestens 2 tödlich, bereits vor dem „Full Self-Driving“ für Unmut. Dabei verwies Tesla immer wieder darauf, dass der Fahrer noch immer zum Eingreifen bei Gefahrensituationen verpflichtet ist. In Deutschland wurde das Bewerben als „Autopilot“ mit Aussagen wie „volles Potential fürs Autonomes Fahren“ aus Gründen der Irreführung untersagt.

Volkswagen

Auch traditionelle Autobauer mischen mit. Das gilt auch für den 2020 größten Automobilhersteller Volkswagen. VW geht allerdings deutlich weniger aggressiv voran und merkt auch auf der eigenen Internetseite an:  „Der Kunde ist bei uns kein Beta-User, an dem wir Updates testen. Das kann man vielleicht mit dem Betriebssystem eines Smartphones machen, aber nicht mit dem Auto.“

Selbstbewusst zeigt sich das Wolfsburger Unternehmen dennoch, als es jüngst das nächste Elektroauto mit dem Projektnamen „Trinity“ ankündigte. Obwohl das Auto erst 2026 auf den Markt kommen soll, enthüllte VW bereits einige Details zum Tesla-Konkurrenten. Nicht nur baut man auf eine ganz neue Elektroplattform und vollvernetzte Produktionsprozesse, sondern auch Vollautomatisiertes Fahren. Zwar ist bislang nur automatisierte Stufe 2+ bestätigt, aber technisch soll es dann bereit für Stufe 4 sein, was keinen Fahrer mehr voraussetzt. Für einen angesetzten Basispreis von 35.000 Euro brächte dies Autonomes Fahren für eine breitere Masse.

Wie ernst Volkswagen das Thema ist zeigt die Investition von 2,6 Milliarden Dollar in das Startup Argo AI. Das Unternehmen für autonome Fahr-KI wurde von Bryan Salesky und Peter Rander gegründet, die bereits für Google und Uber die Entwicklung Autonomer Fahrzeuge vorantrieben.  

Volkswagen testet seine Technologie auch in Deutschland. So gibt es in Hamburgs Innenstadt eine 9 Kilometer lange Teststrecke für die Feldforschung – bislang überwacht durch einen Sicherheitsfahrer um bei Bedarf einzugreifen.

Ausblick: Die Zukunft für Autonome Fahrzeuge

Die Zukunft für Autonome Fahrzeuge sieht grundsätzlich gut aus. Der aktuelle Stand ist zwar weniger weit, als vor einigen Jahren erhofft, aber dafür widmet man sich auch Herausforderungen, die man damals nicht auf dem Radar hatte. 

Der Entwicklung hilft auf der einen Seite der Wettkampf der Hersteller untereinander, auf der anderen Seite die Zusammenarbeit vieler Unternehmen drum herum. So arbeiten viele große Tech-Unternehmen mit an den Roboterautos, die man sonst nicht gerade mit der Automobil-Branche verbindet. Auch Start-Ups setzen immer wieder starke Akzente, indem sie einzelne Probleme der Entwicklung mit ihren Lösungen angehen. Auch der Fortschritt in der Künstlichen Intelligenz kommt den smarten Autos zugute. 

Den größten Nutzen entfalten Autonome Fahrzeuge jedoch erst, wenn sie stark genug verbreitet sind. Im Gegensatz zu Zügen oder Flugzeugen, verfügen nur wenige Autos die Möglichkeit untereinander zu kommunizieren. Wären beispielsweise alle Autos untereinander vernetzt, könnte es kaum zu Unfällen kommen, weil jedes Auto weiß, was das andere macht. Gibt es dann auch noch Verbindungen zu Ampeln und Verkehrsdaten, ließe sich der Verkehrsfluss zudem drastisch optimieren.

Bis dahin ist aber noch ein weiter Weg. Erst werden die Robotertaxis wohl vor allem kommerziell eingesetzt, ehe sie in der Breite Einsatz finden. Allseits verfügbare Robotertaxis könnten auf Dauer aber auch ein eigenes Auto für viele Städter unnötig machen. In der Technologie steckt viel Potential, aber am Ende muss sie auch angenommen werden, damit sie sich durchsetzen kann.


Image by Andrey Popov via Adobe Stock

Das Internet ist sein Zuhause, die Gaming-Welt sein Wohnzimmer. Der Multifunktions-Nerd machte eine Ausbildung zum Programmierer, schreibt nun aber lieber Artikel als Code.


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