Virtuelle Räume selbst gestalten – Wie die SocialVR-Plattform Mozilla Hubs WebVR und VR verbindet

Bereits seit 2018 ist es Dank Mozilla Hubs möglich, eine virtuelle Welt im Browser selbst zu gestalten und am Computer oder in der VR-Brille zusammen mit anderen zu erleben, und das völlig kostenlos. Im dazugehörigen Programm Spoke lassen sich ohne Programmierkenntnisse mittels einer grafischen Benutzeroberfläche und vorgefertigter 3D-Objekte virtuelle Besprechungsräume, Klassenzimmer oder Ausstellungen ganz einfach selbst gestalten. Den großen Durchbruch erlebte die Open Source-Plattform allerdings erst während des Lockdowns im Frühjahr 2020.

Selfie-Avatare mit Readyplayer.me

Für die User*innen stellt Mozilla Hubs einige Avatare zur Verfügung, erlaubt aber auch den Import eigener Dateien. Denn auch wenn die Roboter-Avatare auf Mozilla Hubs sehr vielfältig und liebevoll gestaltet sind, wünschen sich viele doch eine digitale Version, die sich deutlich näher an das eigene Aussehen anlehnt. Dafür gibt es Readyplayer.me. Mithilfe eines hochgeladenen Selfies oder Porträtfotos wird dort ein Avatar generiert, der auf Mozilla Hubs integriert werden kann. Der Avatar bewegt dort sogar die Augen und Lippen mit.

Bestes Erlebnis mit VR-Brille

Auch wenn Mozilla Hubs damit wirbt, dass die WebVR-Plattform sogar auf dem Smartphone funktioniert, zeigt sich, dass ein einigermaßen leistungsstarker Computer oder Laptop sowie eine gute Internetverbindung notwendig sind, um das Erlebnis wirklich genießen zu können. Am besten klappt es mit dem VR-Headset, wie zum Beispiel der Oculus Quest. Auf diese Weise hat man aufgrund der Controller auch viel intuitivere Bedienungsmöglichkeiten. Und auch die Screenshots werden in VR viel besser, als auf dem Computerbildschirm.

 

Zeigt eine selbst gestaltete Ausstellung im virtuellen Raum von Kara Agora zum Thema Selfies auf Mozilla Hub
Selfie / Opening of Bunch Of Kunst In Quarantine // Paradox Paradise, 2020 © Kara Agora

Kunst auf Mozilla Hubs

Die Kunstszene hat Mozilla Hubs für sich entdeckt. Nicht nur digitale Künstler*innen sondern auch große Kunstinstitutionen nutzen die Plattform auf vielfältige Weise. Die Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ der Bundesregierung hat anlässlich der Jahrestage dieser beiden Ereignisse eine virtuelle Ausstellung in Hubs gestalten lassen, die Galerie der Einheit. Das Linzer Ars Electronica Festival hat dieses Jahr größtenteils online stattgefunden und dafür ein großangelegtes Onlineprogramm namens Kepler‘s Gardens auf die Beine gestellt, das weltweit viele Institutionen miteingebunden hat, die über 100 Mozilla Hub-Räume gestaltet haben. Die Künstlerin Martina Menegon nutzt einen ganzen Raum als virtuell begehbares Kunstwerk. In ihrer Arbeit I looked around for you, but I could only find myself (2020) fliegt man durch einen weißen, nebeligen Raum durch maskenartige Klone des Gesichts der Künstlerin. In all alone, together (2020) begegnet man monumentalen Avataren der Künstlerin, die in der Hocke tanzen.

 

Der Online Art & Research Center Kara Agora

Die European Cultural Foundation, die seit 1954 grenzübergreifende kulturelle Aktivitäten in Europa fördert, hat mit dem Culture of Solidarity Fund ein Programm ins Leben gerufen, dass in Mitten der Pandemie die Zusammenarbeit und Solidarität zwischen verschiedenen europäischen Staaten stärkt und neue Ideen für Kultur im öffentlichen Raum hervorbringt. Eines der geförderten Projekte ist Kara Agora, ein Online Art & Research Center auf Mozilla Hubs, in dem noch bis November mehrere Ausstellungen, Workshops und andere Veranstaltungen stattfinden. Das gesamte Programm findet sich hier. Die Kara-Agora-Ausstellung Bunch of Kunst in Quarantine // Paradox Paradise zeigt Arbeiten von europäischen Künstler*innen, die sich mit den Auswirkungen der Coronakrise beschäftigen.

 

Das Bild zeigt die Galerie der Einheit
Galerie der Einheit, 2020 © Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ der Bundesregierung

 

Fazit: Vielversprechende SocialVR-Plattform ohne restriktive Community Guidelines

Wie schon andere Web- und SocialVR Plattformen, z.B. VirBela, die für Konferenzen wie Laval Virtual genutzt wird, trägt auch Mozilla Hubs dazu bei, Virtual Reality einer breiteren Masse bekannt zu machen und in verschiedenen Bereichen und Branchen zu etablieren. Einen Nachteil hat Hubs allerdings: Es gibt kein Inhaltsverzeichnis, keine Website, die Links zu allen Hubs versammelt, und mittels Suchfunktion oder Tags zugänglich macht. Man muss also vorher wissen, welchen Hub man besuchen möchte. Im Vergleich zu den restriktiven Community Guidelines von Social-Media-Plattformen fällt positiv auf, dass Mozilla Hubs Privacy ernst nimmt und Künstler*innen viel gestalterischen Freiraum lässt. So rufen die Community Participation Guidelines vor allem dazu auf, respektvoll miteinander umzugehen, Diversität anzuerkennen und dazu beizutragen, dass Hubs ein sicherer, inklusiver Ort sind. Eine Devise, die nicht nur auf Hubs sondern auch IRL stets gelten sollte.

ist Kuratorin für digitale Kunst und Virtual Reality. Sie interessiert sich dafür, wie das Internet und das Digitale unsere Lebenswelt und Gesellschaft verändern. Sie hat Kunstgeschichte und BWL studiert und gründet gern neue Projekte wie den SALOON, ein internationales Netzwerk für Frauen in der Kunstbranche. Sie ist Mitbegründerin der internationalen Ausstellungsplattform peer to space, der VR-Kunst Rechercheplattform Radiance VR und des Online Art & Research Centers Kara Agora.

Tina Sauerländer, 2020, Foto (c) J. Pegman


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