Da haben sich die Verleger aber eine hübsche Kampagne ausgedacht, die jetzt in Etappen über die klassischen Massenmedien ausgegossen wird. Nach der Wutrede von Sveni Regner und dem offenen Brief der GEZ-beseelten Tatort-Autoren werden nun im Handelsblatt 100 “kreative” Schriftsteller, Sänger, Künstler, Werber, Softwareentwickler und Unternehmer in Szene gesetzt, um gegen die “Umsonstkultur” im Internet und deren politischen Protagonisten, die Piraten, zu protestieren. Das ist wohl ein bislang einmaliger Vorgang in der Untergangsgeschichte des medialen Establishments, dass sich Meinungsbildner nicht nur vor den Karren von Lobbyinteressen spannen lassen, sondern expliziert gegen eine politische Partei lamentieren, die in Deutschland noch nirgendwo in der politischen Verantwortung steht. Peinlich auch der verkrampfte 68er-Habitus der Handelsblatt-Titelseite: “Mein Kopf gehört mir!”
Darauf hat die Welt gewartet. Der berühmteste Abschreiber der Nation, Karl-Theodor zu Guttenberg, wird nun also Vertreter in Sachen Internetfreiheit und soll im Auftrag der EU-Kommission nicht nur die Instanz selber, sondern auch die Mitgliedsstaaten, Drittländer und Nichtregierungsorganisationen in der Welt beraten. Das bestätigte gestern die EU-Kommissarin Neelie Kroes. Die Logik hinter dieser Entscheidung kommt einem Kasperle-Theater gleich. Denn, so wie der Kasper im Theater für den nötigen Spaß sorgt, soll auch der Ex-Minister im netzpolitischen Geschehen die Augen der Beobachter zum Strahlen bringen. Dabei kommt es gar nicht mal auf die fachliche Eignung an. Polarisieren ist das Schlüsselwort der Stunde. Nun ja. Zumindest unter diesen Anforderungen kann es keinen besseren Mann für diesen Job geben.
Die Urheberrechtslobby (Arbeitsgemeinschaft Kino, BDWi, HDF Kino, iVD) – auch bekannt durch die Schmutzkampagne “Raubkopierer sind Verbrecher” – hat einen Brief an grüne Delegierte und Bundestagsabgeordnete geschrieben, in der sie bitterlich weint und Stimmung gegen den netzpolitischen Leitantrag der Partei macht. Schon im Vorfeld hatte die Urheberrechtsfraktion innerhalb der Grünen versucht, den Antrag stark zu verwässern.
So schreiben die Verbände in ihrem Papier (PDF) über das Internet:
Das Problem, dass sich Kriminelle der Technologie massiv zu Lasten der Bürger bedienen (Spam, Abzockerseiten, Phishing o.a.) wird komplett übersehen.
Weiter wird geheult, dass angeblich eine Löschung von Kinderpornografie nur noch möglich sei, wenn Richter dies anordnen würden. Dazu schreibt sectio-aurea.org treffend, dass Kinderpornografie ja jetzt schon durch die AGBs der Provider und Hoster untersagt ist und folglich auch kein Richterbeschluss nötig ist um diesen Kram aus dem Netz zu kriegen. Klarer Fall von Panikmache.