Eine weitere Stimme zum Oops! Award 2011. Heute mit Andre Richter, Geschäftsführer der Mindbox GmbH.
Was ist Ihrer Meinung nach der größte Fauxpas im Social Web 2011 unter den Top acht und warum?
In die meisten Fettnäpfchen sind aus meiner Sicht die Macher des Pril-Design-Wettbewerbs getreten. Was als nette Idee auf der Facebook Page begann, entwickelte sich schnell zum Social Media Desaster. Es schien, als hätte sich Henkel völlig unvorbereitet in die Aktion gestürzt. Dem Unternehmen fehlte im Crowdsourcing offenbar die Erfahrung. Es war ja wohl zu erwarten, dass bei einem Design-Wettbewerb auch ausgefallene Vorschläge eingereicht werden. Wer unvorhergesehene Entwicklungen grundsätzlich vermeiden möchte, definiert von Beginn an klare Spielregeln oder entscheidet sich für ein Voting durch eine Jury. Das Regelwerk nachträglich anzupassen und Meinungsäußerung der User zu unterbinden sorgt für einen größeren Imageverlust für die Marke, als es ein verrücktes Produkt je hätte tun können.
Dieses Jahr sind auffallend viele große Unternehmen unter den Nominierten. Wie ist Ihre Erfahrung: Haben die Großkonzerne im vergangenen Jahr keine nennenswerten Fortschritte im Umgang mit dem Web 2.0 gemacht?
Leider vergessen viele Unternehmen immer noch, dass die User im Netz die gleichen Personen sind, die auch im Geschäft vor Ort die Produkte kaufen. Kein Unternehmen würde seinem Kunden dort im Gespräch das Wort verbieten, in sozialen Netzwerken jedoch werden Kommentare gelöscht, Dialoge unterbunden und Versprechen nicht eingehalten. Ob jemand die Spielregeln wirklich verstanden hat, zeigt sich meistens dann, wenn etwas schief läuft. Und das ist keine Frage der Unternehmensgröße: Die vergleichsweise kleine Saftkelterei Walther mit ihrer Chefin Kirstin Walther zeigt perfekt, wie auch kleine Firmen das Social Web für sich nutzen können.
Wir stellen uns vor, es gibt eine Sendung/Event/Podiumsdiskussion zum Thema XYZ, das irgendwie mit dem Internet zu tun hat. Eingeladen sind ein paar Experten. Einer von Ihnen sagt die folgenden Begriffe, egal welche Frage ihm/ihr gestellt wird:
– Resonanz
– Aufschaukeln
– System
– Rückkopplung
– Dynamik
Wer, in drei Teufels Namen könnte das sein, dass er/sie es schafft, mit uraltem systemtheoretischem Geschwurbel aus den Achtziger heute hochdotierte Beraterverträge an Land zu ziehen, ohne vor Scham zu erröten. Und alle hören andächtig zu und nicken wissend, als hätten diese Sätzen ihnen wirklich den Nebel aus den Hirnen vertrieben. Nein, liebe Gemeinde, ich hacke nicht auf ihm/ihr herum. Ich mache mir Gedanken über sein/ihr Publikum. Offenbar hat keiner an der Uhr gedreht, und trotzdem ist es schon zu spät.
Eine weitere Stimme zum Oops! Award, bei dem das WeTab (neofonie) den großen Preis der Grand Jury namens Netzpiloten-Leser gezogen hatte. Heute mit Tanja Gabler, Bloggerin und Leiterin der Online-Redaktion von Internet World Business.
1. Was ist für Sie der größte Blog-Skandal unter den Top 5 und warum?
Unangefochten auf Platz eins: Helmut Hoffer von Ankershoffen. Weil er Rezensionen auf Amazon unter falschem Namen veröffentlicht hat. Weil er als Pseudonym den Namen eines bekannten Bloggers gewählt hat, nämlich den von Peter Glaser. Weil er dazu nicht nur sein Konto, sondern auch das seiner Frau verwendet hat. Weil er überheblich genug war, um zu glauben, dass das nicht herauskommt. Weil er sein Amt als WeTab-Geschäftsführer zuerst nur „ruhen“ ließ, bis er sich im Oktober auch aus der Geschäftsführung des IT-Dienstleisters neofonie zurückzog…
Church of Kruse
„Die Lawine ist nicht mehr aufzuhalten und donnert bereits zu Tal. Überzeugungsarbeit, und da bin ich sehr relaxt, ist da eigentlich nicht notwendig: Und bist du nicht willig, so brauch ich … Geduld.“ Standing Ovations im riesigen Friedrichsstadtpalast. Die zum deutschen Blogger-Kongress re:publica versammelten Praktikanten, Studenten, NGO-Jobber, Software-Entwickler und Digitalen Bohemiens bejubeln den Vortrag eines Bremer Unternehmensberaters: „What’s Next – Wie die Netzwerke Wirtschaft und Gesellschaft revolutionieren“. Danach überall begeisterte Kommentare im Social Web: grandios, rockt das Haus. Netzwerk-Gospel in der Church of Kruse. Mein Lieblings-Tweet ist von Anna Log: „Wenn ich das richtig verstehe, erklärt Peter Kruse hier Buddhismus anhand des Web 2.0.“ Weiterlesen »