Culture&Video heute mit Berichten und Informationen über Menschen, die nach Deutschland kommen. // von Hannes Richter
Lampedusa und der Berliner Hungerstreik, das Flüchtlungsthema kocht wieder hoch. Erfeulich zumindest, dass sich angesichts der katastrophalen Lage vor der italienischen Mittelmeerküste eine neue Sensibilität in der Bevölkerung breit zumachen scheint. Die mediale Schelte, die Innenminister Friedrich für seine Zahlenspielereien und Polemiken auf dem Rücken der Flüchtlinge abbekommt, ist jedenfalls enorm. Immer mehr Menschen scheinen sich für das Thema zu interessieren. Der etliche Male geteilte kleine Erklärbeitrag aus der Redaktion von Extra 3 zur deutschen Asylpolitik seit 1992 spricht jedenfalls dafür. Das es so nicht weitergehen kann, scheint sich rumzusprechen.
Doch was passiert eigentlich genau? Eher für Jugendliche Zuschauer bereitet eine Folge des Trigger Crime Reports das Thema auf. Eine Reporterin besucht das Berliner Flüchtlingscamp. Hier zelten, von Behörden geduldet, Asylsuchende seit Oktober letzten Jahres. Sie harren auf dem Platz aus und fordern die Anerkennung als Flüchtlinge und damit Bleiberecht in Deutschland. Trigger Crime Report ist überhaupt ein interessantes neues Format. Ein vom Medienriesen UFA betriebener Youtube-Channel als eine Art monothematischer Mini-TV-Sender mit junger Zielgruppe. Dass das Flüchtlingsthema hier einen Platz findet verwundert anfangs, ist angesichts der Kriminalisierung der Menschen, die auf der Suche nach Hilfe und Schutz sind, aber nur folgerichtig.
Unter welchen Bedingungen Flüchtlinge und Asylsuchende in Deutschland leben, die im System drin stecken und in den meisten Fällen auf einen Bescheid über ihren Asylantrag warten (dies kann sich über Jahre hinziehen und fällt sehr häufig negativ aus), darüber dringt in den letzten Jahren auch immer mehr nach außen. TV-Magazine wie zum Beispiel die inzwischen eingestellte Jugendsendung on3 des Bayerischen Rundfunks zeigen Bilder von Lagern tief in der Provinz, in Orten wie Zirndorf oder Böbrach. Vier Männer teilen sich ein kleines Zimmer, sanitäre Anlagen verfallen und ganze Familien fahren mit dem Bus zur Tafel in die nächste Kleinstadt, weil das „Taschengeld“ nicht ausreicht. Im Brandenburgischen Luckenwalde begegnete eine Reporterin der Deutschen Welle aber auch dem kürzlich verstorbenen Rainer Höhn vom Arbeiter-Samariter-Bund, der sich für die Flüchtlinge engagiert hat.
Überhaupt: Helfen! Vor einigen Wochen machte dieses Video die Runde durch das Netz. Eine Gruppe Skater reagiert auf die fremdenfeindlichen Proteste gegen eine neue Flüchtlingsunterkunft im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf mit einem Besuch vor Ort, bringt Boards mit und sorgt für ein paar sorgenfreie Stunden auf dem Hof der ehemaligen Plattenbauschule. Und gute Laune beim Anschauen des kleinen viralen Hits.
Der Verein borderline europe (Träger des Aachener Friedenspreises 2012) kämpft gegen die Abschottungspolitik der EU, dokumentiert Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen und unterstützt humanitäre Aktionen. Direkt zum Spendenkonto geht es hier. Die Aktivisten um die Facebook-Gruppe Hellersdorf hilft Asylbewerbern organisieren Hilfsaktionen für die Bewohner des umstrittenen Flüchtlingsheims in Marzahn-Hellersdorf und informieren über andere Möglichkeiten, sich zu engagieren.
Es ist so eine Sache mit den Mediatheken: Für viele Digital Natives sind sie schon Fernsehersatz – alles ist überall abrufbar. Doch nur auf Zeit: Gerade die öffentlich-rechtlichen Programme sind oft nach einer Woche wieder offline. Verlängertes Fernsehen statt digitales Archiv. Bevor sie verschwinden, fischen wir die besten Perlen aus der TV-Flut.
Drogen: Amerikas längster Krieg
arte +++ Sendung vom 2. Juli: Es ist der persönliche Ansatz, der diese Dokumentation so einzigartig macht. Die Dimensionen des weltweiten „War on Drugs“, den alle Regierungen weltweit gemeinsam führen, sind unfassbar. Kartelle werden mit militärischen Angriffen überzogen und Grenzen zu Festungen ausgebaut. Am Ende der Wertschöpfungskette stehen kleine Fische, die zu Kriminellen gemacht werden und die Gefängnisse verstopfen und User, die mit ihrem Geld die großen aufrüsten. Der Filmemacher Eugene Jarecki zeigt die Opfer dieses Krieges. Seine Reise durch ein von Gewalt und Rassismus geprägtes Amerika erschüttert und informiert zugleich. Durch seine offene Art, Fragen zu stellen, die nicht zu beantworten sind, zeigt er das tödliche Netz aus Aktion und Reaktion und stellt gut verständlich Zusammenhänge her, die an der offiziellen Politik kein gutes Haar lassen. Mit seinem Film hat Jarecki den Jury-Preis des Sundance-Filmfestivals gewonnen. Unbedingt ansehen!
Abschiebung im Schnellverfahren: Justiz gnadenlos
ARD, Report Mainz +++ Sendung vom 2. Juli: Auf einmal ist das Thema wieder auf der Tagesordnung. Edward Snowdon ist ein klassischer politischer Flüchtling, seine Asylanträge werden heiß diskutiert. Doch wie gehen wir mit Flüchtlingen um, die nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen? Während sich zu Snowdens Antrag die Bundesregierung erklären muss, urteilt eine Richterin in Eisenhüttenstadt Asylbewerber reihenweise ab. Im 15-Minuten-Takt wird das Schicksal der “Asyltouristen” (O-Ton aus den Urteilen) besiegelt.
Katrin Bauernfeind ist sympathisch. Trifft sie auf einen sympathischen jungen Mann wie Tim Bendzko kann es anstrengend werden. In der überraschend hübschen Kulisse der leeren Berliner Waldbühne verhindert der Shootingstar des Deutschpop durch seine offene und reflektierte Art das Abdriften ins Seichte. Man hört den beiden einfach gerne zu.