Katrin Viertel von medienlotse.com beantwortet Fragen rund ums Thema Erziehung und digitale Medien. Diesmal geht es ums Ausgrenzen per Internet.
Frage:
Meine Tochter (13) hat schon seit fast einem Jahr ein Konto bei einem Sozialen Netzwerk. Hauptsächlich trifft sie sich dort zum Chatten mit Freundinnen aus der Schule. Nun erzählte sie mir, dass sich seit ein paar Tagen der Chat schlagartig leert, sobald sie sich anmeldet: Die Teilnehmerinnen kommunizieren dann offenbar über andere Kanäle ohne sie weiter. Nun ist sie enttäuscht und ich mache mir Sorgen, welche Formen die Ausgrenzung noch annehmen wird. Was kann ich tun, um meiner Tochter zu helfen? Ich habe schon überlegt, ihr den Zugang zum Sozialen Netzwerk ganz zu sperren.
Antwort:
Ich rate zur Entspannung – soweit das möglich ist. Natürlich machen Sie sich Sorgen, aber zunächst sollten Sie als Gesprächspartner für Ihre Tochter da sein, ganz so wie Ihr Teenager das ja bereits eingefordert hat. Den Zugang jetzt zu sperren, halte ich für den falschen Weg.
Sie können sich gratulieren, dass Ihre Tochter mit dieser sensiblen Information überhaupt zu Ihnen gekommen ist. Wie viel schwerer fällt es Eltern, die Ursache für schlechte Laune und Enttäuschung herauszufinden, wenn sie nicht eingeweiht werden in die Feinheiten des jugendlichen Kommunikationsverhaltens!
Über Mobbing im Internet – also üble Nachrede und Ausgrenzung zum Beispiel in Sozialen Netzwerken – oder Mobbing per Internet – also zum Beispiel durch anonyme Mails – gibt es hier und hier einiges nachzulesen, eine gute Zusammenfassung über Mobbing, das nicht oder nicht nur im Internet stattfindet, steht hier.
Ich schlage vor, dass Sie, in Absprache mit Ihrer Tochter, ihre Eintragungen im Sozialen Netzwerk durchgehen und private Informationen und Bilder, auf denen sie zu erkennen ist, entfernen und/oder durch verfremdete Bilder ersetzten – nur für den Fall, dass jemand Unfug damit treiben wollte.
Wichtig ist, dass Sie das Selbstbewusstsein ihres Kindes stärken und Verbündete suchen. Niemand ist schuld daran, wenn er Opfer von Mobbing oder Cyber-Mobbing wird – es kann jeden treffen. Sprechen Sie mit Ihrer Tochter darüber, wie sie sich außerhalb ihres digitalen Netzwerks aufgehoben fühlt. Gibt es eine oder mehrere beste Freundinnen, auf die sie zählen kann oder bisher zählen konnte? Vielleicht könnten sie mit Ihrer Tochter ein klärendes Gespräch mit diesen Freundinnen im Rollenspiel üben?
Wenn die Probleme schlimmer werden oder Ihre Tochter schlimmer belasten, lassen Sie sich individuell und anonym beraten, bevor sie einem Impuls folgend aktiv werden – zum Beispiel bei den auf Websorgen spezialisierten Pädagogen der Nummer gegen Kummer.
Manchmal fühlen sich Teenager ausgegrenzt, manchmal werden sie tatsächlich ausgegrenzt – beides fühlt sich mies an, beides geht mit und im Internet genau wie ohne digitale Werkzeuge. Dann kann es helfen, wenn im Gespräch Maßstäbe gerade gerückt werden: Niemand kann immer bei allen beliebt sein. Vielleicht schaffen Sie es, Ihrer Tochter auch weiterhin das Gefühl zu vermitteln, dass sie nicht allein ist: Sicher machen nicht alle Gleichaltrigen mit – und Sie sind ja auch noch da.
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Schlagwörter: Eltern, Erziehung, Internet, Kinder, mobbing