Lohnt sich Starfield? Im All hört man es knarzen

Was ist das bloß für ein Jahr für Rollenspieler? Final Fantasy 16, Diablo 4 und Baldur’s Gate 3 haben vorgelegt und Cyberpunk 2077: Phantom Liberty legt nun auch nach. Doch es gibt ein Spiel, welches das Spielejahr 2023 krönen sollte: Starfield. Doch lohnt sich Starfield bereits zu Release oder braucht Bethesdas erste neue IP seit 25 Jahren noch etwas Zeit zum reifen?

So viel verrät der Titel ja bereits: Das Raumschiff knarzt doch ein bisschen – wie man es von Bethesda mittlerweile fast schon gewohnt ist. Das lies sich aber zumindest erahnen, weshalb wir den Hype schon im Vorfeld etwas hinterfragt haben. Die Frage ist also eher: Hat das Schiff genug Charakter, dass das Knarzen schon wieder charmant wirkt oder kann es eigentlich schon wieder eingemottet werden?

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UI aus der Hölle

Vor nicht all zu langer Zeit habe ich mich nochmal in den wilden Westen von Red Dead Redemption 2 gestürzt und wieder festgestellt: Es ist kein Fahrradfahren und man muss sich nach jeder längeren Auszeit wieder in die Steuerung reinfuchsen. Starfield ist in dieser Disziplin mindestens auf einer Höhe. Doch auch wenn beiden Spielen gemein ist, dass sie sehr komplex sind, entschuldigt es nicht alle Design-Entscheidungen.

Und dann ist da die Karte. Bei den weitgehend generierten Planetenoberflächen kann ich noch verstehen, wenn die Karten nicht zu detailreich sind. Diese sind aber mit ihrer sehr groben Topographie schon geradezu unbrauchbar. Das verschärft sich abermals in den großen Städten. Ich erwarte nicht, dass mich ein Spiel komplett bei der Hand nimmt: Aber das Setting ist sehr an der realen Technologie angelehnt. Dann in Städten so gar keine wirkliche Karte zu haben fühlt sich einfach sogar falsch an. Stattdessen setzt man altbacken auf NSCs die einen erklären, wo man was findet.

Sehr grobe Kartenansicht des Planeten Jamison
Für die Oberfläche eines fremden Planeten würde die Karte noch passen. Aber New Atlantis auf Jamison ist eigentlich das neue Zentrum der Zivilisation. Von A nach B findet man mit der Karte nicht.

Geht der Creation Engine die Puste aus?

Apropos altbacken: Starfield setzt erneut auf Bethesdas Creation Engine. Diese wurde für die Dimensionen von Starfield zwar ordentlich aufgebohrt, Doch wirkt sie schon betagt. Das ist eigentlich kein Novum. Schon Oblivion begann 2007 gegenüber der Konkurrenz etwas steif zu wirken. Diese Auffälligkeit wurde seitdem immer deutlicher. Während The Witcher 2 bereits sehr schön animierte Szenen in Spielgrafik bot, servierte Skyrim hölzerne Standardanimationen in Dauerschleife und unheimlich starrende Gesichter.

Für Bethesda-Verhältnisse wirken die Dialoge jetzt fast schon sehr dynamisch. Hat man aber schon Spiele wie Horizon: Forbidden West, Cyberpunk 2077 oder sogar Baldur’s Gate 3 gespielt, weiß man, dass es deutlich besser geht. Starfield hat Gesichter des Grauens aus dem Uncanny Valley, statische Pappfrisuren bei denen man wohl aus gutem Grund erneut auf längere Varianten verzichtet und auch Umgebungen, die zwar hübsch sind, einen aber 2023 nicht mehr von den Socken hauen. Dazu Verzicht auf Raytracing und viel schlimmer: DLSS. Einzig eine zu Release noch nicht wirklich rund funktionierende FSR-Implementation gibt es.

Dazu kommt die grottenschlechte Wegfindung der KI. Eigene Begleiter laufen einen gerne in die Schusslinie und auch Gegner haben öfter mal Probleme an der Inneneinrichtung zu euch vorzurücken.

Das wäre an sich nicht schlimm, wenn das Spiel nicht mal eben ein Brocken mit einem Budget von über 200 bis 400 Millionen US-Dollar wäre. An dieser Stelle erinnern mich Bethesda-Spiele zunehmend an die Gothic-Reihe – nur mit ungleich größerem Budget. Zusammen mit den fragwürdigen UI-Entscheidungen gibt das Studio in Sachen Präsentation kein gutes Bild ab.

Person starrt einen sehr unheimlich an.
Es kommt immer wieder zu Momenten, wo einen zufällige Personen plötzlich ganz komisch anstarren. Ich hab mir zum Spaß gemacht, diese Momente unter dem Motto „Starefield“ festzuhalten.

Ein seltsamer Einstieg

Bethesda sind nicht die größten Geschichtenerzähler, doch gelegentlich gelingt ihnen ein genialer Kniff zur Einführung. Fallout 3 hatte diesen genialen Einfall uns als Kind erstmal im Bunker aufwachsen zu lassen, bevor das eigentliche Spiel beginnt.

Starfield ist da eher wenig inspiriert. Wir sind ganz neu bei einem Mining-Unternehmen und werden seltsamerweise gleich auserkoren, um eine Art Artefakt zu bergen. Das löst bei uns eine Art Vision aus und stellt sich als Teil eines größeren Artefakts heraus. Nachdem auch noch Piraten die Mine angreifen schickt uns ein Mitglied einer halbgeheimen Organisation  mit seinem Schiff nach New Atlantis, wo wir das Artefakt bei der „Loge“ abgeben sollen. Ein ziemlicher Sprung von „Schön dich kennenzulernen“ zu „hier hast du mein Schiff“.

Die Constellation selbst ist aber eine sympathische Gesellschaft mit wenigen dafür aber sehr eigenen Charakteren. Und deren Hauptquartier ist einer der wenigen Orte, wo durch die Gruppe etwas mehr Dynamik in den Dialogen herrscht – wohl auch darum gerne in den Trailern verwendet.

Erst nach unserer Artefaktberührung erstellen wir übrigens unseren Charakter. Ich sehnte mich nach den wenigen Gesichtspresets eines Baldur’s Gate 3 zurück, da ich viel zu lange brauchte um in dem schlecht zu bedienenden Editor ein Gesicht mit nicht all zu grotesken Formen hinzubekommen. Auch bei den Frisuren ging es eher darum, was am wenigsten schlimm aussieht. Bis auf den Vokuhila-Schnitt gibt es eigentlich keine langen Frisuren – vermutlich weil die Haare die Dynamik einer Lego-Frisur haben.      

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Das Spiel nimmt Fahrt auf

Starfield ist ein Spiel, dem man ein bisschen Zeit geben sollte. Obwohl wir sehr früh unser erstes Raumschiff bekommen und damit schon viel erkunden können, braucht es dann doch ein bisschen Zeit, bis sich das Spiel gänzlich entfaltet.

Man gewöhnt sich an die Steuerung, findet Shortcuts raus (z.B. über den Questlog direkt Zielplaneten ansteuern), lernt nach und nach die großen Hubs kennen, bekommt neue Begleiter und Start-Schiff Frontier wird ersetzt oder zumindest modifiziert. Bald schon ist man breiter mit den Skills aufgestellt und erlebt tolle Sidequests.

Gerade diese Nebenaufträge können richtig Spaß machen. Sei es dass man für ein Kind einfach die selbstgemalten Bilder eines Weltraumfrosches in der Stadt verteilt oder sich in mehreren Stunden füllenden Questreihen für Fraktionen verliert. Letztere können einem am Ende mächtig belohnen. Auch wenn es an der Inszenierung krankt, mag ich, wie man zu manchen Quests kommt. Manchmal hört man jemanden in der Stadt über etwas sprechen und bekommt damit eine mögliche Aufgabe in den Questlog.

Ich habe aber auch versehentlich einen Fußball „Gestohlen“, als ich ihn eigentlich nur bewegen wollte. Zwar hab ich ihn sofort wieder zurückgelegt, aber da waren schon gleich die Ordnungshüter zur Stelle und haben mich wie einen Schwerverbrecher abgeführt. Dann stellt sich raus, dass sie nur auf eine Verfehlung abgewartet hatten, um mich für ihre eigenen, größere Zwecke einzuspannen.

Ein Raumschiff in Starfield bietet Limonade an
Für diese Momente muss man Starfield lieben. Beim Sprung in ein neues System höre ich plötzlich eine Kinderstimme (und den Papa im Hintergrund), die mir Limonade verkaufen möchte. Natürlich unterstütze ich das Jungunternehmen gerne.

Große Macht fordert große Langeweile

Obwohl das Setting von Starfield angenehm bodenständig gehalten ist, kommt es dann doch nicht ohne eine übernatürliche Komponente aus. Ohne den Hintergrund spoilern zu wollen, können wir im Verlauf des Spiels „Kräfte“ bekommen. Diese besonderen Fähigkeiten lassen uns etwa Gegner wegstoßen, unsichtbar werden oder die Schwerkraft beeinflussen. Sie ersetzen den klassischen Kampf nicht, sondern ergänzen ihn ähnlich wie die Hexerzeichen in The Witcher 3.

So interessant die daraus neu entstehenden Dynamiken sind, so undynamisch ist jedoch unser Weg dort hin. Haben wir die erste Kraft im Rahmen der Geschichte freigeschaltet, wird aus den weiteren Kräften eher eine lästige Nebenaufgabe. Wo es Tempel mit diesen Kräften gibt erfahren wir nämlich wahlweise wenn wir ein System mit einem solchen Tempel betreten oder wenn wir bei Onkel Vlad in der Raumstation unserer Organisation zwei neue Standorte bekommen.

Der Ablauf ist dann immer der selbe. Wir müssen Anomalien scannen um dann am Ende den Tempel zu entdecken. Viel Laufarbeit, die am Ende mit einem alles andere als kreativen Minispiel endet. Immer nach dem gleichen Schema mit der Lieblosigkeit einer Sammelaufgabe in Assassins Creed. Das ist unwürdig für eines der größten Entdeckungen der Menschheit seit es Instant-Nudelsuppen gibt.

Interessante Planeten? Künstliche Intelligenz hätte es wohl besser gekonnt

Wo Raumschiffe sind, möchte man diese auch nutzen. Starfield lässt uns auf gut 1.000 Planeten los. Kein Vergleich zu No Man’s Sky mit seinen über 18 Trillionen Planeten, aber für ein Rollenspiel eine massive Spielwelt zum Erkunden. Diese wird allerdings nicht all zu gut gefüllt. Dass bei einem eher realistischeren Setting nicht jeder Planet spannend und lebensfreundlich ist? Absolut verständlich. Doch es gibt noch immer genug Planeten mit Flora, Fauna und halbwegs brauchbaren Lebensbedingungen. Begeistern können aber auch diese nicht.

Die Idee diese Planeten zu füllen ist dabei sehr gut. Die Landschaft des Planeten wird generiert und zusätzlich um einige handgemachte Points of Interests ergänzt. Leider wurde die gute Idee weniger gut umgesetzt.

Zum einen wären da die Landschaften. Die Planeten haben zwar im Gegensatz zu No Man’s Sky oft mehrere Biome, aber am Ende sind diese trotzdem sehr ähnliche Landschaften, die sich sehr uninspiriert und einfach nicht natürlich wirkend wiederholen. An dieser Stelle haben es grafisch simplere Spiele wie Minecraft oder Dwarf Fortress besser verstanden, Welten zu generieren. Und ich glaube auch aktuelle KI-Tools hätten die Landschaft um einiges besser gestalten können.

Hinzu kommt, dass das Spiel eine enttäuschend kleine Auswahl an Points of Interests hat. Das sorgt sehr schnell dafür, dass einen wissenschaftliche Einrichtung und ihre Innenräume verdächtig bekannt vorkommen. Ein Spiel dieser Größenordnung müsste da eine viel größere Bibliothek besitzen oder noch besser Versatzstücke, die elegant zu variierenden und damit frisch wirkenden Orten geformt werden können. 

Abwechslungsreiche Städte – zumindest thematisch

Schon vor dem Release war das Studio ganz stolz darauf, ihre bislang größten Städte für Starfield erschaffen zu haben. Mich hat aber vor allem auch die unterschiedlichen Vibes der Städte begeistert. New Atlantis ist eine helle neofuturistische Zukunftsversion und steht im harten Gegensatz zum Wild West-Charme von Akila City oder der unterirdischen Mining-Stadt Cydonia. Mit Neon gibt es sogar eine gehörige Portion Cyberpunk in Starfield.

Es ist größer als sonst von Bethesda, aber das ist für mich kein Maßstab. Ich konnte nie verstehen, warum viele Spieler Weißlauf in Skyrim so gehyped haben. Für mich war das noch immer eine sehr kleine und nicht sehr organisch in die Landschaft platzierte Stadt. Kein Vergleich zu Novigrad in Witcher 3 oder auch die exzellenten Städte des immerhin auch bald 9 Jahre alten MMORPGs Black Desert Online. 

Starfield ist ein deutliches Upgrade in Sachen Gestaltung. Die Städte wirken in sich deutlich homogener und größer – doch bei weitem nicht perfekt. Die fehlende Karte von New Atlantis störte mich zunehmend weniger, als ich entdeckte, wie klein die Stadt eigentlich ist und dass die 4 Bahnstationen eigentlich lächerlich sind. Die großen Gebäude kaschieren es allerdings relativ gut.

Weniger gut ließen sich die diesmal fehlenden Tagesabläufe der Bewohner kaschieren. Bei der Größe der Städte kann man zwar darauf verzichten, aber für das Jahr 2023 wirkt das Stadtleben sehr abwechslungsarm und damit wenig glaubwürdig inszeniert. Auch Innenbereiche wie Clubs leiden stark darunter.  

Starfield kann es aber auch besser

Dabei kann Starfield durchaus auch gute Geschichten erzählen. Das wird vor allem deutlich in den Fraktionsquests. Allein bei der Crimson Fleet habe ich deren Basis, die dortigen Charaktere, aber auch den mehrstufigen Aufbau der Quest richtig genossen. Dass ich mich damit eigentlich nur für eine andere Fraktion bei der Piratenfraktion eingeschleust habe, war das Sahnehäubchen obendrauf. Tatsächlich war ich trotzdem am überlegen, ob ich nicht doch einen etwas piratigeren Weg einschlagen sollte.

Was mir ebenso gefällt ist, dass es einige Dialogoptionen gibt die unseren Hintergrund einbeziehen oder uns eine Gelegenheit zum Überreden geben. Das Überreden ist ein kleines Minispiel in dem wir je nach Schwierigkeit des Unterfangens eine bestimmte Anzahl Punkte in 3 Runden sammeln müssen. Eine schöne Idee, auch wenn die Dialogoptionen fürs Überreden nicht immer gut zusammenpassen.

Was mir bei den Dialogen ebenso gefällt ist die Möglichkeit zum Sarkasmus. Baldur’s Gate 3 ist zwar insgesamt weit überlegen und bietet mehr Möglichkeiten auch böse zu sein, aber Starfield gibt mir tatsächlich die besseren Dialogoptionen einen im Kern guten Charakter zu spielen, der dennoch gerne einen dreisten oder sarkastischen Spruch auf den Lippen hat. 

Unsere Begleiter sind dagegen eine andere Sache. Zwar bringen die sich für ein Bethesda-Spiel überraschend oft in Gespräche ein, aber es wirkt meist wie ein Kommentar aus dem Off, auf die unsere Gesprächspartner auch nie wirklich reagieren – die manche Bemerkungen ohnehin besser nicht hören sollte. Die nicht vorhandene Kamera-Regie verstärkt diese Wirkung zusätzlich. Auch muss man oft aus dem Kontext erkennen, ob jemand mich oder einen anderen Charakter in der Unterhaltung anspricht.

Raumschiffe und Außenposten

Starfield lohnt sich aber auch nicht für die Story allein, sondern wegen der Gesamtheit seiner Features. Zu den prominentesten gehören garantiert die Raumschiffe und die Außenposten.

Das Spiel hält uns nicht lange davon ab die Weiten des Weltalls zu erkunden und gibt uns schon nach kurzer Einführung das erste Raumschiff. Da die „Frontier“ jetzt nicht überragend ist, lädt sie umso mehr dazu ein, bald schon ein neues Schiff zu kaufen oder das vorhandene aufzumotzen. Wir können auch ein Schiff kapern und entweder selbst weiter nutzen oder beim nächsten Händler verkaufen. Allerdings sorgt eine Registrierungsgebühr dafür, dass beim Verkauf am Ende nur ein sehr schmaler Gewinn übrig bleibt. Da plündern wir oft mehr Credits bei der Übernahme als wir beim anschließenden Verkauf noch bekommen.

Im Schiffseditor können wir übrigens nicht nur das Schiffsdesign anpassen. Wir können ebenfalls die Lackierung einzelner oder mehrere Komponenten nach Herzenslust ändern. Vom schwarzen Schrecken bis hin zum Barbie Traumschiff ist alles möglich. Bei den Raumhäfen in den großen Städten seid ihr allerdings auf bestimmte Teilehersteller limitiert. Möchtet ihr die ganze Palette, solltet ihr eine entsprechende Plattform in einem eurer Außenposten bauen.

Die Außenposten hätten die logische Weiterentwicklung der Siedlungen in Fallout 4 werden können. Gerade durch die zahlreichen Rohstoffe, die wir automatisiert über diese Außenposten gewinnen können, haben sie einiges an spielerischem Potential.

Das Problem: Der Nutzen der Außenposten ist im Vergleich zu investierten Rohstoffen und Zeit eher gering und das Handling des Editors erschreckend schwach. Dass man im Vergleich zu Schiffsteilen hier nichts einfärben kann ist schade aber ließe sich noch verschmerzen. Das man Module und Objekte nur ungenau drehen kann, für die meisten Objekte ein sinnvolles Snapping fehlt und manche Module wie die großen Landeplattformen keine Verstellbarkeit der Höhe haben, lässt die Frage aufkommen, ob überhaupt ausreichendes Playtesting betrieben wurde.   

Die Freuden der Creation Engine und tolle Easter Eggs

Nachdem ich zu Beginn des Tests auf die antiquierte Creation Engine eingeschlagen habe, muss ich auf der anderen Seite aber auch wieder eine Lanze für sie brechen. Ihre Stärke ist es nämlich jeden NPC und jedes Objekt im Spiel sehr detailgenau zu tracken.

Bei den NPCs spielt es diesmal eine kleinere Rolle. Vermutlich aus Performance-Gründen hat man sich bei den großen Städten gegen feste Tagesroutinen entschieden. Den bekannten Spaß mit Items gibt es aber weiterhin. Fast jeden Gegenstand in der Welt könnt ihr einsammeln und auch beliebig wieder in der Welt platzieren – zusätzlich zu den Möbeln, die ihr für die Außenposten herstellt. Das beinhaltet alleine mehr als 100 Lebensmittel vom Saftpäckchen über Obst bis hin zur üppigen Spaghetti Carbonara.  Es gibt auch eine große Auswahl verschiedenster Tassen oder Stofftiere zum virtuellen horten.

Schon vor dem Release erzählte eine Entwicklerin, dass sie die Sandwiches ihrer Feinde sammelt. Mittlerweile haben Spieler die Physik-Engine an ihre Grenzen (und eigentlich darüber hinaus) getrieben, indem sie etwa 10.000 Milchpackungen auf New Atlantis niederregnen ließen.

Amüsant sind aber auch manche Easter Eggs im Spiel, die nicht mit der Engine zu tun haben. So hing über einem Bett ein Poster für ein Orchester unter der Leitung des großen Komponisten „William Johns“ – natürlich eine Anspielung an einen realen Filmkomponisten. In einer Quest könnt ihr dagegen auf gewisse historische Persönlichkeiten treffen – aber das müsst ihr selbst entdecken.

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New Game Plus (NG+) mit sehr eigenem Twist

Ein New Game Plus ist an sich keine große Neuheit. Dabei handelt es sich um ein neues Spiel, bei dem man aber oft einigen Fortschritt aus dem vorigen Durchgang mit in den neuen nimmt. Auch gibt es daher in der Regel angepasste Herausforderungen. In Starfield kommt das NG+ aber mit einem ganz besonderen Twist.

Verbunden mit der Story ist jedes NG+ eine alternative Realität. Diese kann fast identisch mit dem Hauptdurchgang sein, aber ebenso Charaktere elementar verändern. Für ein Spiel, bei dem man quasi damit rechnen kann, dass viele Spieler hunderte bis tausende Stunden darin versenken ein spannender Ansatz, der dem Spiel immer wieder etwas frische verleihen kann.

Etwas weniger elegant ist das Opfer, dass man für den neuen Durchgang bringen muss. Während das Level und die freigeschalteten Fähigkeiten erhalten bleiben, geht unser sämtlicher Besitz nämlich verloren. Das betrifft auch Raumschiffe oder Außenposten, die man sich womöglich in stundenlanger Arbeit liebevoll zusammengeklöppelt hat. Das ergibt zwar Sinn, lässt einem aber doch hadern, ob es das NG+ wert  ist. Immerhin lockt ein besonderes Schiff und spezielle Ausrüstungsobjekte für das NG+. Noch verlockender dürfte aber die Aussicht sein, die mysteriösen Kräfte in jedem Durchgang nochmal zu verstärken. Bis man dort das Maximum erreicht hat muss man das Spiel sehr oft wiederholen. 

Vom schnellen Rush ins New Game Plus rate ich aber eher ab. Was sich am Ende wirklich ändert merkt man deutlicher, wenn man auch etwas mehr Zeit in den Hauptdurchgang investiert. Außerdem lohnt sich Starfield am meisten, wenn man sich einfach Zeit lässt und so eine eigene Spielerfahrung aufbaut.

Die Stärke der Engine bleibt das Modding

Wenn Bethesda-Spiele für eines stehen, dann ist es eine gigantische Modding-Community. Schon seit meiner ersten Schritte in Morrowind durfte ich endlich viele kleine und große Mods für die Spiele erleben, die ein wichtiger Faktor für die Langzeitmotivation darstellen. Ein Grund dafür ist auch die sonst von mir im Test gescholtene Engine und die altbackene Präsentation an sich. 

Hier geht es nicht nur um das umfangreiche speichern jedes Objekts und jeder Figur, sondern auch um die Tools, die das Studio ihren Spielern zum modden zur Verfügung stellt. Zwar lässt sich auch ohne offizielle Tools viel anstellen, doch umfangreicher Modsupport mit entsprechend mächtigen Tools macht das ganze deutlich einfacher. 

Den Moddern spielt aber zugleich eine Schwäche der Spiele in die Hand: Die rückschrittliche Technik. Entwickelt man zusätzliche Inhalte für ein Spiel mit State-of-the-Art-Animationen und Inszenierung, bräuchte es viel größere Teams, um gleichwertige Inhalte zu modden. 

Ich freu mich schon auf die Mods für Starfield. Nach nicht einmal einem Monat erblickten bereits über 3.000 Mods das Licht der Sternenwelt. Doch die ganz großen Brocken werden erst noch kommen. Ich bin gespannt, ob die Community etwa die fehlende Abwechslung in den handgemachten Points of Interests ausbügelt und welche ambitionierten Großprojekte in Dimensionen eines Enderal oder Fallout: Miami entstehen.

Fazit: Starfield lohnt sich, lässt aber viel liegen

Eigentlich ist Starfield genau das, was ich mir anhand meiner bisherigen Bethesda-Erfahrung und den Trailern im Vorfeld erwartet habe. Aber genau das macht mir den Test so schwer. Die Bethesda-Formel funktioniert noch immer und ich habe viele lange Abende mit dem Spiel verbracht, von denen bestimmt noch viele weitere folgen.

Doch ebenso wie die Bethesda-Stärken sich in Starfield zeigen, tun es auch die bekannten Schwächen. Und die zeigen sich mittlerweile derart eklatant, dass man sie benennen muss. Todd Howard hat erst kürzlich jemandem geraten einen besseren PC zu kaufen, wenn er das Spiel als „nicht für den PC optimiert“ empfindet. Das wäre okay, wenn man das Gefühl eines Next-Gen-Titels hätte. An Starfield schreit aber NICHTS „Next-Gen“. Altbackene Grafik, starrende und hässliche Gesichter, strunzdumme Gegner und absolut statisch inszenierte Dialoge. Auf DLSS verzichtet das Spiel zu Release, nur eine bereits ziemlich betagte FSR-Version wird genutzt. Etwas das Modder bereits kurz nach Release nachgeholt haben, war dem riesigen Studio offenbar ein zu großer Aufwand?

Auch spielerisch ist vieles fragwürdig. Ich habe noch nie eine so nutzlose Ingame-Karte gesehen und trotz Erfahrungen aus dem Survival-Ableger Fallout 76 ist Starfield der Außenposten-Bau leider wieder ein Schritt zurück. Die Menüführung scheitert ebenso bereits an elementaren Stellen. Dass die Optionen zur Barrierefreiheit ebenfalls spärlich sind, lässt den großen Blockbuster wie ein teures Relikt aus alten Zeiten erscheinen.

Dabei ist es noch immer da. Das Gefühl von großer Freiheit, gepaart mit einigen tollen Geschichten und überzeugenden Fraktionen. Auch in den Dialogen freu ich mich oft genug über Möglichkeiten zum Überreden und Optionen durch meinen Hintergrund. Dazu macht es einfach Spaß im eigenen Schiff zu fliegen und dieses weiter zu modifizieren. Außerdem ist das NASA-Punk Setting einfach stark. Doch immer wieder schäme ich mich fast schon dafür, dass mich das Spiel trotz aller Unzulänglichkeiten so in den Sog zieht. Die Engine darf längst nicht mehr als Begründung für die teils eklatanten Fehler herhalten. 

Insgesamt lohnt sich Starfield vor allem, wenn einem bereits Skyrim oder Fallout 4 begeistert haben. Dann werdet ihr euch sicherlich auch in Starfield lange verlieren. Dennoch gibt es hier keine uneingeschränkte Empfehlung – vor allem bei der starken Konkurrenz. Wer aber ohnehin den Game Pass besitzt, sollte unbedingt den 125GB mächtigen Download starten. 

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Image by Bethesda Softworks LLC

Das Internet ist sein Zuhause, die Gaming-Welt sein Wohnzimmer. Der Multifunktions-Nerd machte eine Ausbildung zum Programmierer, schreibt nun aber lieber Artikel als Code.


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