Einfach unbegreiflich: Die TV-Vorlieben der Jüngsten

medienlotseKatrin Viertel von medienlotse.com beantwortet Fragen rund ums Thema Erziehung und digitale Medien. Heute geht es um SpongeBob und andere Lieblingsfiguren im Fernsehen.

Meine Söhne (6 und 8 Jahre) dürfen sich ihr Fernsehprogramm selbst zusammenstellen, so lange sie sich ans Kinderprogramm halten. Ich schlage immer wieder Sendungen vor, die mir gefallen, aber am Ende gucken wir doch meist SpongeBob. Ich begreife dieses Entzücken einfach nicht und würde gern auch mal etwas anderes schauen. Sollte ich – als geschmacksbildende Maßnahme – auch mal eine Sendung durchsetzen?

Antwort:

Es ist vorbildlich, dass Sie mit den Kindern gemeinsam fernsehen, obwohl Ihnen das gewählte Programm noch nicht einmal gefällt. Und auch dass Sie darauf achten, dass die Kinder nur für ihr Alter geeignete Sendungen schauen, verdient höchstes Lob.

Bevor Sie nun aber den Kindern ihren Spaß verderben, indem sie mit zusammengebissenen Zähnen SpongeBob ertragen oder sich sogar mit abfälligen Bemerkungen mal Luft machen müssen, überlegen Sie, warum ausgerechnet SpongeBob Ihren Söhnen so viel Spaß macht – und ja nicht nur denen: Schon seit zehn Jahren ist der gelbe Schwamm in Unterhosen bei Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren die beliebteste TV-Figur (hier geht’s zu den Ergebnissen der im Februar 2012 veröffentlichten Untersuchung des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen über die beliebtesten Fernsehfiguren), auch gestandene Feuilletonistinnen lieben ihn. Medienforscher haben Kinder dazu befragt und herausgefunden, dass SpongeBob gerade bei Jungen so beliebt ist, weil er sich nur an einem einzigen Ziel orientiert: Durchkommen, egal wie peinlich es wird. Er agiert, ohne viel nachzudenken, er bleibt immer humorvoll, auch in schwierigen Situationen, die er meist noch nicht einmal als solche erkennt. Er beansprucht ein Recht auf Spaß, bricht Regeln mit großer Freude und kommt so ganz gut durchs Leben. Klar, dass Kinder dieses Kontrastprogramm – nicht zuletzt zu elterlichen Ansprüchen – ganz herrlich finden.

Um Ihre Frage zu beantworten: Nein, ich finde nicht, dass sie andere Sendungen durchsetzen sollten. Wenn Ihnen SpongeBob keinen Spaß (mehr) macht, sollten Sie mit Ihren Kindern in Ruhe darüber reden, möglichst nicht gerade vor dem Fernseher. Schlagen Sie doch ein Rotationsmodell vor: An jedem Tag, an dem ferngesehen wird, darf einer von ihnen dreien die Sendung aussuchen – so wären Sie immerhin jedes dritte Mal an der Reihe. Oder es gibt einmal im Monat einen Spielfilmnachmittag, für den einer – am besten wieder reihum – den Film aussucht. So könnten die gewohnten TV-Freuden der Kinder bestehen bleiben, aber Sie ihnen auch mal etwas zeigen, das Ihnen gefällt.

ist promovierte Kommunikationswissenschaftlerin, arbeitete viele Jahre als Journalistin für gedruckte und Online-Medien sowie für das Fernsehen, hauptsächlich zu Medienthemen, bis sie ihre neue Berufung fand. Seitdem berät und informiert sie als Medienlotse.com (http://www.medienlotse.com) Eltern, die sich fragen: Was machen unsere Kinder mit digitalen Medien? Und wie sollen wir damit umgehen?


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