Bits & Bäume: Gemeinsam zur sozial-gerechten Digitalisierung

Digitalisierung bedeutet nicht immer, dass auch alles nachhaltiger wird. Auch genutzte Geräte müssen erst produziert werden und Rechenzentren sind für einen stetig wachsenden Anteil des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich. Umso wichtiger ist es, auch bei den Digitalthemen ein bewusstes Auge auf die Nachhaltigkeit zu legen. Um die nachhaltige und sozial-gerechte Digitalisierung voranzubringen haben sich 13 Organisationen zum gemeinsamen Trägerkreis „Bits & Bäume“ vereint. Dazu zählen unter anderem das global aktive Entwicklungswerk „Brot für die Welt“, sowie der Chaos Computer Club, der zu den wichtigsten NGOs in Sachen Computersicherheit gehört.

Die Community von Bits und Bäume geht aber über die 13 Organisationen hinaus. Wir verraten euch die wichtigsten Ziele und wie Bits & Bäume an deren Umsetzung arbeiten. Am Ende stellen wir euch noch alle Trägerorganisationen vor.

Was macht Bits & Bäume? 

Die Initiative Bits & Bäume entstand 2017/2018 aus der Überzeugung, dass Digitalisierung und ökologischen Wandel miteinander vereinbart werden können. Anfangs vereinten sich dafür sieben NGOs aus dem Nachhaltigkeitsbereich mit drei Akteuren aus der Netzpolitik. Seither wuchs der Trägerkreis auf inzwischen 13 Organisationen.

Im November 2018 fand an der TU Berlin unter dem Motto „Wir bringen Communities zusammen!“ die erste große Bits & Bäume-Konferenz statt. Mehr als 2.000 Teilnehmer*innen präsentierten über 120 Sessions, verteilt auf mehrere Bühnen, Workshops und Salons. Ziel war es, Tech‑Communities und Nachhaltigkeitsbewegungen zu vernetzen und gemeinsam Ideen für eine sozial-ökologische Transformation der Digitalisierung zu entwickeln. Im Anschluss erschien 2019 das Buch „Was Bits und Bäume verbindet“, das 40 Beiträge aus der Konferenz reflektiert und konkrete Forderungen formuliert.

In den folgenden Jahren etablierte sich Bits & Bäume als dynamisches Netzwerk: Die Forum‑Reihe führte die Diskussion fort, der Dachverband war bei CCC‑Veranstaltungen wie dem jährlichen Congress und dem Chaos Communication Camp präsent, und in vielen Regionen Deutschlands bildeten sich lokale Gruppen, beispielsweise ab 2023 in NRW und 2024 im Saarland.

Vom 30. September bis 2. Oktober 2022 kehrte das Bündnis mit einer zweiten Großkonferenz an die TU Berlin zurück. Rund 2.500 Menschen besuchten etwa 200 Workshops, Vorträge und Podien. Ziel war diesmal eine stärkere Verankerung in der Politik und Internationalisierung: Start‑ups, politische Entscheidende und zivilgesellschaftliche Akteur*innen wurden eingeladen, um über konkrete politische Strategien für nachhaltige Digitalisierung zu beraten. Im Vorfeld entwickelte der Trägerkreis mehr als 60 politische Forderungen an Bundesregierung, EU und globale Institutionen.

Organisatorisch wird Bits & Bäume seither vom Trägerkreis gemeinsam mit einem ehrenamtlichen Konferenzbüro geführt. Mittlerweile diskutiert und plant die Bewegung in Arbeitsgruppen, die Themen wie Programmgestaltung, Kommunikation oder Nachhaltigkeit behandeln. Das IÖW bringt dabei wissenschaftliche Expertise ein, und zunehmend erfolgt auch strategische Förderung, z. B. durch die Stiftung Mercator.

Aktuelle Forderungen von Bits & Bäume

Zur Bundestagswahl 2025 hat Bits & Bäume Forderungen an  die neue Regierung zusammengestellt. Diese bestehen aus 7 Kernthemen mit mehrere Unterpunkten. Wir fassen sie hier nur als Überblick für euch zusammen. Auf der Seite von Bits & Bäume ist die Langfassung der Forderungen aber als PDF verfügbar.

Wirtschaftliche Chancen durch energie- und ressourcenarme Digitalisierung

Der erste Punkt dürfte am tiefsten in Bits & Bäume verwurzelt sein, da schon der Name der Trägerschaft den Umweltaspekt beinhaltet. Kernproblem sind die bereits 2,1 bis 4 Prozent weltweiter Treibhausgastemissionen aus dem Informations- und Kommunikationssektor. Auch die enorme Zunahme von Elektroschrott spielt eine große Rolle.  Kernforderungen sind daher die Umsetzung einer nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie, sowie gezielte Förderung und Verpflichtungen für nachhaltigere Konzepte. Dies umfasst neben zirkuläre Geschäftsmodelle auch Ökodesign-Verordnungen und Abwärmenutzung

Nachhaltiger Wettbewerb und datenbasierte Politik durch transparente Digitalisierung

Transparenz wird zunehmend auch durch EU-Verordnungen wie dem Digital Markets Act eingefordert. Trotzdem mangelt es noch an umfangreichen Daten zu Energie- und Ressourcenverbrauch. Insbesondere wird der Ressourcenverbrauch von künstlicher Intelligenz über ihren gesamten Lebenszyklus genannt. Das umfasst nicht nur die produktive Nutzung, sondern auch das Training und die Nachnutzung der Hardware. Zudem gehören auch Daten zu den Menschenrechtsauswirkungen digitaler  Produkte und Dienstleistungen zu den Forderungen.

Sozial gerechte Digitalisierung durch gute Arbeit

Insbesondere auf digitalen Plattformen sorgt digitale Arbeit auch für Arbeitsverdichtung und Entgrenzung. Richtlinien zur Plattformarbeit sollen die Plattformarbeit fairer machen. Dabei geht es insbesondere um Scheinselbstständigkeit und prekäre Aufgaben. Für die Einführung von KI-Systemen soll zudem Mittbestimmung und Beteiligung der Beschäftigten bestärkt werden. Ebenso stehen bindende Regeln zur Datennutzung am Arbeitsplatz in den Forderungen.

Verantwortung übernehmen durch eine global gerechte digitale Wirtschaftsordnung

Dieser Punkt setzt an der Plattformarbeit an, bezieht sich aber insbesondere auf die Ausbeutung billiger und weniger reglementierter Arbeitskraft aus den globalen Süden. Bits & Bäume nennt dafür unter anderem EU-Richtlinien, die höhere Sicherheitsstandards festlegen sowie Lieferketten-Richtlinien für eine fairere Bezahlung. Auch eigenständige Digitalwirtschaftsräume im globalen Süden sind durch Wirtschafts- und Handelsabkommen zu fördern, damit sich dort auch eine lokale Wirtschaft etabliert. Wissens- und Technologietransfer sind dabei ohne Verstärkungen von Abhängigkeiten einzuführen.

Innovationsanreize durch nachhaltige öffentliche Förderung, Vergabe und Beschaffung von digitalen Technologien

Da öffentliche Aufträge einen nicht unwesentlichen Teil am Brutto-Inlandsprodukt beitragen, möchte Bits & Bäume diese stärker in die Pflicht nehmen. Dafür gilt eine priorisierte Förderung ressourcensparender Projekte. Dazu zählen etwa spezifische KI-Modelle für spezielle Aufgaben oder freie Software. Umweltschädliche Technologien wie Proof-of-Work basierte Kryptowährunge (wie Bitcoin) stehen dagegen im Widerspruch zur nachhaltige Digitalisierung. Bits & Bäume spricht sich dennoch für die Förderung freier, dezentraler und datenschutzfreundlicher Bezahlsysteme aus.

Öffentliches Geld – Öffentliches Gut! Innovation und gesellschaftlicher Fortschritt durch den freien Zugang zu öffentlichen Gütern

In der Kritik steht in diesem Punkt, dass viele durch öffentliche Gelder finanzierte Software, Datensätze oder Bildungsinhalte nicht langfristig zugänglich, im schlimmsten Fall auch nicht frei zugänglich sind. Bits & Bäume fordert neue Grundsätze die durch öffentliche Mittel finanzierte Mittel auch der Öffentlichkeit uneingeschränkt zugänglich sind. Dazu ist es wichtig, dass die Entwicklung unter freier Software-Lizenz erfolgt und eine Copyleft-Regelung auch eine nachträgliche Änderung des Copyrights verhindert. Teil der Forderung sind auch einklagbare Open-Data-Regelungen und dass Behörden staatliche Informationen aktiv statt erst auf Antrag veröffentlichen.

Souveräne digitale Infrastrukturen durch demokratische Kontrolle und Open Source / Freie Software

Der letzte große Punkt adressiert das Problem, dass 80 Prozent der zum digitalen Wandel Europas nötigen Technologien und Dienstleistungen von außerhalb Europas kommen. Hinzu kommt der Einfluss autoritärer Staaten auf viele der Akteure. Die Forderung beinhaltet eine eigene, gemeinwohlorientierte Digital-Infrastruktur. Dafür bestärkt Bits & Bäume auch die Zusammenarbeit auf EU-Ebene, etwa durch den Interoperable Europe Act.  

Die Trägerorganisationen von Bits & Bäume

Die 13 Trägerorganisationen von Bits und Bäume kommen aus sehr unterschiedlichen Bereichen. Sie beschäftigen sich mit Umweltschutz, Digitalpolitik, Entwicklungspolitik und Wissenschaft. Teils sind dies unabhängige Organisationen, aber sie kommen auch aus Universitäten, der evangelischen Kirche oder dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das sorgt nicht nur für eine sehr breitgefächerte Expertise, sondern auch für unterschiedliche Zugänge um die Ziele der gemeinsamen Trägerschaft zu vermitteln.

Berlin Ethics Lab

Beim Berlin Ethics Lab handelt es sich um ein interdisziplinäres Labor der TU Berlin. Es beschäftigt sich mit den Herausforderungen durch KI und Robotik, mit Fokus auf verantwortungsvolle KI und Mensch-Maschine-Interaktion.

Brot für die Welt

Das bekannte Entwicklungswerk der evangelischen Kirche leistet „Hilfe zur Selbsthilfe“ durch Entwicklungsarbeit auf der ganzen Welt, aber auch Aufklärung über Hunger, Armut und Gewalt im globalen Süden.

Die BUNDjugend

Der Jugendverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V (BUND) engagiert sich mit vielen Kampagnen und Veranstaltungen für Umweltschutz und Gerechtigkeit.

Chaos Computer Club

Der 1981 gegründete Hacker-Verein ist eine der wichtigsten deutschen NGOs, die sich für Computersicherheit und Informationsfreiheit einsetzen. Der CCC deckt viele Sicherheitslücken auf und hilft Bildungsinstitutionen bei der Vermittlung von Medienkompetenz.

Deutscher Naturschutzring

Der aus knapp 100 Mitgliedsorganisationen bestehende Dachverband vernetzt nicht nur, sondern bringt sich auch in politische Debatten ein, um eine vielfältigere und nachhaltigere Welt mitzugestalten.

Deutscher Gewerkschaftsbund

Der deutsche Gewerkschaftsbund setzt sich bei der Digitalisierung insbesondere für eine gerechte Gestaltung der digitalisierten Arbeitswelt ein.   

Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V.

Unter dem FIfF haben sich Fachleute aus Wissenschaft und Praxis der Informationstechnik zusammengeschlossen. Mit kritischem Blick geben sie konstruktive Vorschläge für kritische Themen, beraten Politik und Medien und veranstalten eigene Formate.

Free Software Foundation Europe

Freie Software steht im Fokus des gemeinnützigen Vereins. Mit der Stärkung freier Software sieht die Free Software Foundation Europe auch eine Stärkung der Grundrechte, da diese den fairen Zugang zu elementarer Software in vielen Bereichen ermöglicht.

Germanwatch e.V

Hinsehen. Analysieren. Einmischen. Als unabhängige Umwelt- und Entwicklungsorganisation setzt sich Germanwatch für eine sozial gerechte und zukunftsfähige globale Entwicklung ein, etwa durch die Rettung des Lieferkettengesetzes.

Insitut für ökologische Wirtschaftsforschung

Das wissenschaftliche Institut für praxisorientierte Nachhaltigkeitsforschung arbeitet eng mit Unternehmen, Verbänden Stiftungen, aber auch der Europäischen Union zusammen. Das IÖW initierte 2018 die erste Bits & Bäume-Konferenz mit.

Konzeptwerk Neue Ökonomie

Das Konzeptwerk erarbeitet Alternativen für eine ökologische und sozial gerechte Wirtschaft, entwickeln gemeinsame Projekte und leisten Bildungsarbeit bei der Jugend. Der noch recht junge Verein erhielt 2023 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen UNESCO-Kommission die Nationale Auszeichnung für Bildung und nachhaltige Entwicklung.

Weizenbaum-Institut

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Verbundprojekt steht für grundlagenorientierte Digitalisierungsforschung, die aber auch nachhaltig, selbstbestimmt und verantwortungsvoll gestaltet wird. Getragern wird es von einem Forschungsbund mehrerer Universitäten, aber auch dem Fraunhofer Insitut und dem Wissenschaftszentrum Berlin.

Wikimedia Deutschland – Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e.V.

Der Förderverein für die deutsche Wikipedia unterstützt die Ehrenamtlichen, die für die Wikipedia-Projekte aktiv sind, setzt sich aber auch sonst stark für den freien Zugang uzu Wissen und Bildung ein.

Selbst aktiv werden

Um euch in der Community von Bits & Bäume einzubringen müsst ihr nicht erst zu den Trägerorganisationen gehören. Auf der Community-Seite gibt es viele Möglichkeiten mitzuwirken. Dazu zählen neben Diskussionsforum, Newsletter, Chats und Onlinelisten auch regelmäßige Communitytreffen und regionale Zweige, die ihr auch selbst gründen könnt.


Image by Bits & Bäume

Das Internet ist sein Zuhause, die Gaming-Welt sein Wohnzimmer. Der Multifunktions-Nerd machte eine Ausbildung zum Programmierer, schreibt nun aber lieber Artikel als Code.


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