Künstliche Intelligenz in Spielen – KI als Tester und Weltenbauer

In Videospielen spricht man schon lange von KI. Dabei gibt es eigentlich kaum richtigen Künstliche Intelligenz in Spielen. Stattdessen sind computergesteuerte Gegner in Spielen meist ziemlich fest programmierte Verhaltensregeln. Gerade bei Strategiespielen darf die KI sogar gerne mal etwas cheaten, wenn sie stärker erscheinen soll.

Die Schwelle zur Nutzung richtiger Künstlicher Intelligenz in Spielen ist mittlerweile jedoch deutlich geringer als noch vor einigen Jahren. Doch wie sinnvoll ist es, tatsächlich KI zu verwenden? Die bisherigen Methoden haben durch ihre simplere Abläufe nämlich auch deutliche Vorteile. Es gibt jedoch auch Bereiche, in denen Spiele durch den Einsatz von KI tatsächlich stark profitieren.

Perfekte KI-Gegner sind auch nicht gut

Die bekannte Strategie-Reihe „Total War“ hat ein großes Problem. Sie kündigen immer wieder verbesserte Schlachten-KI an, doch am Ende merkt man davon nicht viel. Am Ende sind es oft bestimmte Schlachten, die Tester in frühen Preview-Versionen anspielen dürfen und in denen einige KI-Taktiken geschickt geskriptet sind. Im fertigen Spiel stellen sich die Gegenspieler dann aber als taktisch weniger versiert heraus.

Dabei zeigen Modder der Spielereihe schon seit langem, wie man es besser macht. Und ja, der Entwickler könnte sich davon gerne eine Scheibe abschneiden oder theoretisch auch eine echte Künstliche Intelligenz ranlassen. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht.

Ein Großteil der Spieler möchte nämlich keine ganz so großen Herausforderungen, sondern eher sich selbst überlegen fühlen. Eine zu gute KI wäre also für einen Großteil der Spieler nicht unterhaltsam und eine perfekte KI wäre quasi unspielbar.

Entsprechend setzt man für die KI einen Normal-Standard fest, der für einen großen Teil der Spieler zu bezwingen ist. Zum Skalieren in mehrere Schwierigkeitsgrade muss diese KI sich mit einfachen Stellschrauben anpassen lassen. Einige dieser Stellschrauben sind:

  • Mehr oder weniger Geld oder Truppen
  • Abweichung von der Ideallinie in Rennspielen
  • Trefferwahrscheinlichkeit in Shootern
  • Häufigkeit, dass die KI Spezialfähigkeiten nutzt.
  • Mehr oder weniger Lebenspunkte

Und ja, das führt auch dazu, dass eine KI gegenüber dem Spieler oft cheatet. Für den Spieler ist es unangenehm, wenn er merkt, dass die KI trotz brachliegender Wirtschaft im Strategiespiel munter neue Truppen aushebt. Für Entwickler lässt sich das Spiel so viel gezielter ausbalancieren, als wenn man den KI-Gegnern die Nutzung der vorhandenen Mechaniken in unterschiedlichsten Spielniveaus eintrichtern muss.

Beispiel für Künstliche Intelligenz in Spielen: Fahrer-KI in Forza Horizon 5

Ein relativ gutes Beispiel für den Einsatz tatsächlicher künstlicher Intelligenz in Spielen ist die Fahrer-KI im Spiel Forza Horizon 5 (hier geht es zum Test). Diese verwendet nämlich tatsächlich ein neuronales Netzwerk um Fahrdaten von Spielern auszuwerten. Während ihr spielt, sammelt das Spiel Daten über euer Fahrverhalten und eine KI wird trainiert, euer Fahrverhalten in neuen Situationen richtig vorherzusehen. 

Euer eigener Drivatar erscheint so auch in Rennen anderer Spieler, vor allem aber befreundeter Spieler, die so gegen euch fahren können. Dabei simuliert die KI euer Verhalten in bestimmten Kurventypen und bildet dabei auch eure Stärken und Schwächen ab. Wenn ihr regelmäßig zu spät in Haarnadelkurven bremst, kann das auch der KI entsprechend passieren. So kam es auch zu einer emotionalen Story, wo ein Spieler Dank des Drivatars quasi mit seinem verstorbenen Freund fahren konnte.

Die Drivatars haben aber auch bewusst gesetzte Grenzen. Ein zu aggressives Fahrverhalten der KI würde beispielsweise das Spielvergnügen stark trüben, ebenso wie zu wilde Fahrlinien im allgemeinen. Die Drivatar-KI erhält also Vorgaben, in dessen Rahmen sie agiert und passt sich dadurch auch dem ausgewählten Schwierigkeitsgrad an. Auch verfügt Forza Horizon 5 über das umstrittene Rubberbanding. Jenachdem ob ihr deutlich in Führung seid oder dem Feld hinterher hängt, modifiziert das Spiel einige Leistungsmerkmale der gegnerischen Autos, um die Abstände nicht zu groß werden zu lassen. So kann es sein, dass ihr das Rennen deutlich dominiert, die schnellste Runde einiger Gegner jedoch besser ist, weil sie mehr Power bekommen haben, um nicht zu weit zurückzufallen.

Das hat wenig mit der KI selbst zu tun. Diese kann sich dank der Drivatars selbst auf von Spielern gebauten Strecken auf künstlichen Streckenelementen überraschend gut zurechtfinden, auch wenn ihr natürliche Straßenverläufe oder Offroad-Situation noch besser liegen.

Künstliche Intelligenz in Spielen als Tester

Muss eine Künstliche Intelligenz in Spielen immer in Form von KI-gesteuerter Gegnern auftauchen? Nicht zwingend! Für mich hat eine richtige KI in Zukunft eher eine ganz andere Aufgabe: Das Spiel testen.

Wie oft haben wir das Problem, dass zum Release eines Spiels sich zeigt, dass bestimmte Fahrzeuge, Einheiten, Gebäude, Waffen oder Skills übermächtig sind, während andere nur genutzt werden, wenn einem die Effektivität völlig egal ist? Das liegt oft daran, dass bis zum Release die Testgruppe eher überschaubar ist. Die ultimativen Strategien ergeben sich oft erst, wenn eine große Menge Spieler die Mechaniken immer weiter ausreizt.

Hier setzt die KI ein. KI-Spieler können eingesetzt werden mit dem Ziel immer besser zu werden, bei Multiplayerspielen sogar gegeneinander spielen, um sich gegenseitig immer zu verbessern, da jede KI besser als die andere sein will und sich so immer wieder auf die Strategien der anderen KI einstellen muss.

Fällt dabei auf, dass die KI dabei am Ende nur auf einen Bruchteil der im Spiel verfügbaren Mittel zurückgreift und andere komplett liegen lässt, haben die Entwickler Schwachstellen identifiziert, in denen sie das Spiel nachbessern müssen. Auch nachträgliche Änderungen ließen sich so testen, noch bevor sie an die Spieler rausgehen.

Es gilt aber auch Ergebnisse zu interpretieren und die Künstliche Intelligenz gegebenenfalls einzuschränken, um ihr Verhalten menschlicher erscheinen zu lassen. Bei einem Strategiespiel hat eine KI theoretisch immer die ganze Karte im Blick und kann an allen Fronten zeitgleich agieren. In einem Shooter ist für die perfekte KI dafür der Waffenrückstoß oder Zoom kein wirklicher Faktor. Ein Abgleich im Test mit menschlichen Spielern setzt die Ergebnisse dann in ein deutlich realistischeres Verhältnis. Andersrum können KIs übrigens auch Spieldaten der Spieler auswerten, um Schwachstellen zu ermitteln.

Künstliche Intelligenz in der Erschaffung von Spielwelten

Eine Künstliche Intelligenz in Spielen kann nicht nur das Gameplay voranbringen, sondern auch die Spielwelt. Gerade weil Spiele oft mit immer größeren und dabei trotzdem hübscheren Spielwelten locken, lässt sich dabei nicht immer alles von Hand selbst erzeugen. Eine KI kann gerade für einen ersten Entwurf viel Zeit sparen.

Ein Beispiel in die Richtung ist No Man’s Sky (hier geht es zum Test), wo die gut 18 Trillionen Planeten natürlich nicht per Hand gemacht sind, sondern prozedural durch ein Programm generiert – ebenso wie die vielfältigen Lebensformen und sogar die Musik des Spiels. KI kann aber auch für Teilaufgaben genutzt werden, wie beispielsweise die Erschaffung realistischer Wälder in einem vordefinierten Bereich der Spielwelt. Im Anschluss können dann noch per Hand Highlights gesetzt werden, etwa für storyrelevante Orte.

Der aktuelle Flight Simulator erweckte zudem Aufsehen, weil er mittels KI aus Satellitenbildern eine zu großen Teilen echt beeindruckende Visualisierung unseres Planeten erschafft. Bei der Größe gab es natürlich auch kuriose Zwischenfälle, wie die Darstellung eines Amphittheaters als Art Einkaufszentrum oder das Washington Monument als schmales Hochhaus zum Release. Trotzdem beeindruckt der Detailgrad, der bei der Größe der Welt nur durch Künstliche Intelligenz in Spielen möglich ist.

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Künstliche Intelligenz in Spielen – in die Zukunft gedacht

Dank Deep Learning hat Künstliche Intelligenz in den letzten Jahren einen riesigen Schritt nach vorn gemacht. Erst kürzlich kam sogar die Frage auf, ob die Google-KI LaMDA eine Art Bewusstsein entwickelt hat. In Videospielen wird das Potential aber noch nicht ganz ausgeschöpft. Erste Spiele nutzen Deep Learning bereits, um die KI-Gegner zu verbessern, aber den größeren Einfluss dürfte es zunächst auf die im Bereich der Automatisierung oder der Tests während der Entwicklung haben. 

Doch denken wir einfach mal ganz offen weiter. Was KÖNNTE in Zukunft noch mit Künstlicher Intelligenz in Spielen möglich sein? Vor meinen Augen entstehen dabei Nichtspieler-Charaktere in Rollenspielen die deutlich lebensnäher agieren. Statt vorgeschriebener Dialogmöglichkeiten rede ich dann direkt mit meinen eigenen Worten. Die Figuren antworten selbstständig durch ihr Persönlichkeitsprofil, dass sich durch die eigenen Taten des Spielers auch ändern kann. Die Sprach-Antworten würden während der Laufzeit ebenso über eine  KI realisiert werden.

Klar, auch diese Vision ist nicht optimal. Vorgegebene Antworten erlauben mehr Storytelling und zwingen den Spieler nicht, selbst kreativ zu sein. Trotzdem öffnet so ein System ganz neue Freiheiten. Zusammen mit einer VR-Brille nähert man sich damit auch wieder stark dem Metaverse.

Es können aber auch Kleinigkeiten sein wie Hilfsfunktionen, die zuverlässig erkennen, wenn ein Spieler Probleme mit einem bestimmten Teil des Spiels hat. Man bekäme die Hilfe entweder aktiv im Spiel angeboten oder subtiler, etwa in Form von Tipps im Ladebildschirm oder Highlighting. Gezielte Hilfe für Spieler, die sie brauchen und weniger Generve für Spieler, die sich im Spiel bereits wohlfühlen.

Ich freue mich schon darauf, was Künstliche Intelligenz in Spielen künftig bewirkt. In den meisten Fällen wird der Einsatz wohl eher subtil im Hintergrund sein, doch es gibt auch immer Visionäre. Somit gibt es bestimmt noch einige Spiele, die vielleicht nicht als Gesamtpaket perfekt sind, aber Künstliche Intelligenz auf ganz neue Art nutzen.


Image by Skórzewiak via Adobe Stock


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