„Es war einmal, vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis…“ – Star Wars ist seit 1977 nicht mehr aus der Popkultur wegzudenken. Obwohl die jüngste Trilogie bei vielen Fans für Unmut sorgte, ist das Science Fiction (eigentlich eher Fantasy)-Franchise aktuell auf einem Höhenflug. Grund dafür sind allerdings weniger die Filme, als die Serien, allen voran The Mandalorian. Der schweigsame Protagonist und „Baby Yoda“ Grogu haben die Herzen der Fans im Sturm erobert. Disney schießt daher aus vollen Rohren und kündigt einen neuen Serienableger nach dem anderen an. Ist das nicht etwas zu viel Star Wars auf Disney Plus?
Wir erklären den jüngsten Erfolg und seine Väter, schauen auf die kommenden Serien und stellen uns der wichtigen Frage: Kommt es zum großen Star Wars Overkill?
Eine neue Hoffnung – Wie Dave Filoni und Jon Favreau retteten Star Wars
Für viele langjährige Fans war Star Wars fast schon gestorben. Teils kopierte die Trilogie sehr ungeniert aus den alten Filmen, teils kam sie mit Storytwists und Logiklöchern, die einfach nicht zu dem passten, was sich viele Fans unter Star Wars vorstellen. Dazu kamen noch Differenzen zwischen den beiden Regisseuren der drei Filme, die unterschiedliche Vorstellungen zum Verlauf der Geschichte hatten. Dabei gab es auch Lichtblicke. Der Stand-Alone-Film „Rogue One“ sorgte für viel Begeisterung, auch weil ein wenig mit dem klaren gut und böse aufgebrochen wurde. Unterm Strich blieb aber Enttäuschung bei den neuen Filmen.
„Eine neue Hoffnung“ ist nicht nur der Untertitel des ersten Star Wars-Films, sondern keimte auch auf, als das Disney-Imperium die Star Wars-Republik fast zerstört hatte. The Mandalorian brachte wieder das Star Wars zurück, das ältere Fans lieben lernten und fesselte gleichzeitig neue Fans vor den Bildschirmen. Die Story war dabei eher gemächlich und ging mehr im Zickzack als geradewegs auf Ziel zu. Doch der Spirit stimmte einfach. Dafür sorgten vor allem die beiden wichtigsten Köpfe: Dave Filoni und Jon Favreau.
Unter ihnen versprüht das Star Wars-Universum endlich wieder seinen alten Charme. The Mandalorian erzählt nicht nur die Geschichte, sondern macht auch das fantastische und reichhaltige Universum greifbar. Dabei greifen die Masterminds mitunter sogar Randerwähnungen über die Sandleute aus den ersten Filmen auf und bringen auch einiges aus den Star Wars-Büchern in das neue Cinematic Universe zurück. Stilistisch machen sie sich wie damals bei der ersten Trilogie Elemente aus Western und Samurai-Filmen von Kurosawa zu eigen und gießen es gekonnt in die Weltraum-Fantasy.
Alte Bekannte
Sowohl Filoni als auch Favreau sind dabei alles andere Neulinge im Star Wars-Universum. So war Filoni bereits für die Serie „Star Wars: The Clone Wars“ verantwortlich. Ich kann jedem empfehlen diese Serie anzuschauen, selbst wenn einem die Animation anfangs nicht zu Star Wars passen mag. Die Serie ist verdammt gut. Mehr dazu in unserer Liste der besten Star Wars-Serien.
Dort zeigte Filoni seine Qualitäten, eine Serie mit der Zeit reifen zu lassen. The Clone Wars führte beispielsweise Ahsoka Tano als Padawan von Anakin Skywalker ein. Ahsoka musste anfangs starke Kritik der Fans einstecken. Viel zu vorlaut, impulsiv und unangemessen bekleidet. Bereits in Staffel 2 fand dann der Wandel zum Fan-Liebling statt. Ahsoka traf falsche Entscheidungen, scheiterte und wuchs als Person wie kaum ein anderer Charakter. Die Serie schaffte es aber auch die Klone menschlich und greifbar zu machen und zeigte, dass selbst die Republik nicht immer korrekt handelte.
Auch Star Wars Rebels fing als erste Serie unter Disney verhalten an, konnte sich über die Zeit aber steigern und knüpfte irgendwann clevere Verbindungen zur Clone Wars-Serie. Auch in aktuellen Serien tauchen immer wieder bekannte Lieblinge auf, ohne dabei aber den Fluss der Serie zu stören oder die eigentlichen Protagonisten zu ersetzen. Mehr und mehr entsteht ein Kosmos, ähnlich dem Marvel Cinematic Universe, in der alle Serien sich gegenseitig die Bälle zuwerfen.
Auch das verwundert wenig. Jon Favreau war nämlich eine wichtige kreative Kraft im MCU und als Director und Executive Producer für die ersten beiden Iron Man-Filme verantwortlich. Zusammen bilden Filoni und Favreau ein starkes Gespann, das Star Wars quasi im Alleingang aus der Krise gezogen hat. Zurecht ist Filoni kürzlich auch offiziell Verantwortlicher für das Star Wars Franchise.

Die dunkle Bedrohung – Zu viele Serien zugleich?
Ich bin selbst ein riesiger Star Wars-Fan und konnte auch vielen Dingen etwas abgewinnen, die unter Star Wars-Fans mindestens umstritten waren. JarJar Binks war für mich weniger schlimm als die Ewoks und die generelle Story von Episode 8 gefiel mir echt gut – hätte aber besser eine ganze Serienstaffel gefüllt als einen einzelnen Film. Mehr Star Wars ist für mich also eigentlich ein Grund zur Freude.
Ich freute mich über die Ankündigung, dass Ewan McGregor wieder als Obi Wan zurückkehrt und auch die ersten Gerüchte über ein Ahsoka-Spinoff. Mittlerweile werden es mir aber fast schon zu viele Star Wars Serien auf Disney Plus – vor allem weil die meisten Serien Verbindungspunkte untereinander haben. Hier einmal eine Auflistung der Live Action-Serien, die in Zukunft kommen.
The Book of Boba Fett: Dezember 2021
Obi-Wan Kenobi: 2022
Andor: 2022
The Mandalorian, Staffel 3: 2022 oder 2023
Lando-Serie: Unbekannt
Ahsoka-Serie: Unbekannt
The Acolyte: Unbekannt
Neben diesen Live Action-Serien kommen auch noch diverse Animationsserien, wie etwa die aktuell laufende Serie Bad Batch. Darüber hinaus gibt es aber auch noch Star Wars: Visions in dem jede Folge ein anderes Anime-Studio inszeniert. Auch R2D2 und C3PO bekommen noch ihre eigene Serie. Ob animiert oder nicht ist in dem frühen Stadium noch unbekannt. Außerdem sind eine neue Filmtrilogie, sowie mehrere Einzelfilme geplant – einer sogar von Marvel Studios-Präsident Kevin Feige.
Marvel ist auch der Grund für meine Angst. Schon die Marvel-Filme erdrückten mich irgendwann mit ihrer Schlagzahl. Auch wenn ich sie noch immer gut finde, locken sie mich von Film zu Film immer weniger. Sie dominierten die Kinos zu sehr und sind manchmal dann auch zu gleichförmig. Nun droht auch Star Wars der große Overkill – der für manchen sicherlich weniger schlimm ist als für andere.
Zeit für ein neues Kapitel?
Die nächste Trilogie gibt zumindest Grund zur Hoffnung, dass man sich zumindest an ein frisches Setting innerhalb des Star Wars Universums traut. Über mehrere Jahrzehnte standen alle Filme und Serien mehr oder weniger mit der Skywalker-Saga in Verbindung. Dabei ist das Star Wars-Universum riesig und verfügt über eine sehr umfassende Historie. Es wäre ein leichtes, weiter in der Vergangenheit liegende Ereignisse als Aufhänger neuer Geschichten zu machen oder ein Stück in die Zukunft zu springen für eine gänzlich freie Leinwand, die man mit neuen Charakteren bepinseln darf.
Das Star Wars auch abseits der Skywalker-Saga funktioniert, zeigte bereits die alte Republik. In ihr spielten die „Knights of the Old Republic“-Rollenspiele sowie das MMORPG „The Old Republic“. Die alte Republic ist ein Setting über einen Zeitraum von mehreren Tausend Jahren und ist eine Zeit, in der der Kampf Sith gegen Jedi nochmal eine größere Dimension hatte. Genug Möglichkeiten also, vor allem für Filme mächtig Action zu inszenieren. Neben Jedi und Sith gibt es aber auch ein großes Verbrechersyndikat, das eine nicht unwichtige Rolle spielen könnte. Je nach Zeitperiode in dieser Ära gibt es zudem auch bereits beliebte Charaktere, die man auftauchen lassen könnte.
Für mich persönlich würde ein Tapetenwechsel dem Franchise jedenfalls guttun. Ich liebe Ahsoka, Obi-Wan und Co, aber ein paar frische Akzente können verhindern, dass sich diese Liebe durch die schiere Masse irgendwann abnutzt. Star Wars ist seit über 40 Jahren ein ungebrochen starkes Franchise und Disney sollte gut darauf achten, dieses Erbe nicht innerhalb weniger Jahre zu verheizen – so gut die aktuellen Serien auch sind. Denn um Stan Lee zu zitieren: Aus großer Macht folgt große Verantwortung.
Image by Lucas Films / Disney
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