Vom Hobbyprojekt zur erfolgreichen Kickstarter-Kampagne – Omno Entwickler Jonas Manke im Interview

Es gibt manchmal  Spiele, die brauchen nicht viel – Keine abgefahrenen Mechaniken, riesige Welten oder High-End-Grafik. Manchmal kommt es darauf an, alle Aspekte gut aufeinander abzustimmen, ein stimmiges Gesamtbild zu erzeugen und schlussendlich genau das Gefühl bei uns Spieler*innen auszulösen, das ausgelöst werden sollte. Omno ist so ein Spiel, das genau das geschafft hat. Am 31.03.2022 wurde Omno dann mit dem Deutschen Computerspielpreis (DCP) in der Kategorie „bestes Familienspiel“ ausgezeichnet! Ich hatte das Indie-Spiel bereits vor einigen Monaten auf TikTok gesehen und tatsächlich spielen Soziale Medien, wie ihr in diesem Interview erfahrt, in der spannenden Geschichte des Spiels eine große Rolle. Über Twitter habe ich mich mit dem Solo-Entwickler Jonas Manke direkt zum Interview verabredet. Der Gründer des Studios Inkyfox erzählt uns von der Entstehung von Omno und gibt Tipps für andere Quereinsteiger und Indie-Entwickler, die wirklich Mut machen. 

Moin Jonas, du hast am 31.03.2022 den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie “Bestes Familienspiel” für dein Spiel Omno gewonnen, Herzlichen Glückwunsch! Dabei ist die Geschichte hinter Omno sehr spannend und das Spiel natürlich ein echter Hingucker. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, mit uns über Omno und dessen Entwicklung zu sprechen!

Wie ist es dazu gekommen, dass du Spieleentwickler geworden bist?

Schon während der Schulzeit habe ich mich für 3D-Kunst und -Design interessiert, habe neben dem Abi in Werbeagenturen gejobbt und mich auch für Software-Entwicklung begeistern können. Ein Studium der “kognitiven Informatik” war mir dann aber doch zu trocken und mir war klar, ich muss kreativ arbeiten! 2007 habe ich dann ein Online-Studium an einer Animations-Schule abgeschlossen und mich direkt selbstständig gemacht. Als Freiberufler war ich dann rund 10 Jahre für Film und Fernsehen als Animator tätig (Mullewapp, Petterson und Findus, Oops! Die Arche ist weg, uvm). Ich habe in vielen Kinderfilmen die “Puppen tanzen lassen” und sozusagen als Schauspieler durch die animierte Figur agiert.

Zwischen den großen Film-Engagements habe ich, um die Auftragslöcher zu füllen, oft auch für Werbung und Games animiert. So kam es, dass ich mir, um die Technik zu verstehen, die Unreal Engine herunterlud, welche mein damaliger Auftraggeber (UndeadLabs, State of Decay) nutzte. Aus den anfänglichen Lernambitionen wurde ein Hobby-Projekt, was ich neben drei Kindern und Vollzeit-Selbstständigkeit oft bis spät in die Nacht ausübte. Entstanden ist dabei ein Spiel-Prototyp, der auf SocialMedia zu meiner großen Überraschung (für meine Verhältnisse) viral ging. Nach einigen Monaten entschied ich mich, keine neuen Aufträge als Animator anzunehmen. Ich setzte alles auf eine Karte, nutzte meine Rücklagen und produzierte eine Demo für eine Kickstarter-Kampagne, um zu sehen, ob ich wirklich an etwas dran war, oder nicht.

Die Kampagne war ein großer Erfolg und mir ist das Geschäft rund um das Spiel förmlich um die Ohren geflogen. Ich habe die rasanten Entwicklungen oft gar nicht realisieren können, bevor die nächsten wichtigen Entscheidungen getroffen werden mussten. Die ganze Entwicklung war ein ziemlicher Rollercoaster und die größte Herausforderung, die ich in meinem Leben bisher meistern musste. Heute ist das Spiel, ich kann es selbst noch kaum glauben, fertig, auf allen Plattformen verfügbar, mein 1-Mann-Studio ist verpartnert mit Microsoft, Sony, Nintendo und Epic und ich versuche die Weichen in eine Zukunft zu stellen, die es mir ermöglicht, weiterhin Spiele erstellen zu dürfen.

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Wieso ist Omno entstanden?

Es gibt keine klare Antwort auf diese Frage: Aus einem Lernprojekt ist ein Experiment geworden – und daraus hat sich ein handfester neuer Job, ein Business, für mich entwickelt.
Omno ist ein Spiel, wie ich es spielen wollen würde, durch und durch. Es gab keine Vermarktungsstrategie, keine Marktanalyse und all die geschäftlichen Überlegungen, die große Studios machen, bevor sie in Produktion gehen. Daher ist Omno für mich wirklich ein Herzensprojekt.

Was ist Omno für ein Spiel?

Omno ist ein Third-Person-Adventure mit Puzzle-Platformer-Elementen. Das Spiel ist gänzlich gewaltfrei und hat einen starken Fokus auf Exploration und Entschleunigung.
Man spielt eine Figur, die auf den Spuren einer alten Zivilisation durch eine fantasievolle Welt wandert. Dabei begegnet man unzähligen Kreaturen, mit denen man interagiert und nutzt magische Fähigkeiten wie Teleportation oder das Stabreiten. Dabei findet der Spieler nach und nach mehr über die Hintergründe der vergangenen Kultur und schlussendlich auch über sich selbst heraus.

Du hast das Spiel größtenteils in der Pandemie fertiggestellt, was war die größte Herausforderung dabei?

Als Vater von drei Kindern war das Haus in Pandemiezeiten naturgemäß mit einem gewissen Geräuschpegel behaftet. Das hat das Konzentrieren nicht immer leicht gemacht, hat aber geholfen mich daran zu erinnern, wofür ich das Spiel erstelle. Ansonsten hat die Pandemie für uns glücklicherweise eher für angenehme Entschleunigung und schöne familiäre Momente gesorgt. Da waren andere Menschen sicher viel mehr betroffen.

Welche Bedeutung hat für dich der DCP in der Kategorie „bestes Familienspiel“?

Bei so vielen Einreichungen überhaupt nominiert zu sein, als Solo-Entwickler, mit dem ersten Spiel… das war schon ziemlich unglaublich. Dann auch noch einen Preis zu gewinnen, hat mich dann doch etwas umgehauen. Die Ehrung beim Deutschen Entwicklerpreis für das “Beste Indie-Game”, und nun sogar der Deutsche Computerspielpreis, das stärkt natürlich ungemein das Selbstvertrauen und die Motivation, an der Zukunft des Studios, also an neuen Spielen zu arbeiten.

War Omno als Familienspiel gedacht?

Nicht explizit. Omno war als Spiel gedacht, was einfach “schön” ist und hoffentlich viele Spieler anspricht. Da ist tatsächlich für viele was dabei – und wenn daraus resultiert, dass das Spiel im Rahmen der Familie von den Kindern UND den Erwachsenen gespielt wird, dann freue ich mich natürlich umso mehr.

Was würdest du Indie-Entwicklern raten, die Ähnliches planen, wie du?

Mein Rat wäre: Zeige dein Spiel früh einem unabhängigen Publikum. Es gibt nichts, was das Spiel so sehr positiv verändern kann, wie Feedback. Dazu natürlich: Keep it simple. Arbeite immer in kleinstmöglichen Einheiten und behalte stets eine spielbare Version in der Hand, die in vielen Durchgängen bloß immer besser wird.

Welche Tools hast du verwendet?

Diverse. Unreal Engine, 3D-Pakete wie Blender, Photoshop und viele kleine Tools und Helferlein, die für meine individuellen Produktionsbedürfnisse hilfreich waren.

Wie ist der stimmige Art Style in Omno zustande gekommen? 

Die Notwendigkeit, alles minimalistisch zu halten, um das Projekt als Ganzes überhaupt realisierbar zu machen, war sicher eine treibende Kraft. Ich habe sozusagen versucht aus der Schwäche eine Stärke zu machen. Die Stilfindung selbst unterliegt, wie alle Prozesse in der Entwicklung, vielen Iterationen und hat sich über den gesamten Produktionszeitrum stets entwickelt. Wirklich stilsicher bin ich, gefühlt, erst am Ende der Produktion gewesen.

Konntest du coden, bevor du das Projekt gestartet hast?

Ich hatte wenige, hobby-bedingte, Vorerfahrungen. Ich wusste wie Programmiersprachen funktionieren, wie eine Maschine “denkt” und wie Syntax in der Regel aufgebaut ist, um einer Maschine logische Befehle zu geben. Während ich an Omno gearbeitet habe, verging nicht ein Tag, an dem ich nicht Tutorials geschaut und Dokumentationen gelesen habe.
Ich bin heute noch nicht sicher, ob ich behaupten würde, programmieren zu können.

Was hast du im Verlauf der Entwicklung gelernt, was du vorher noch nicht konntest?

Alles, außer 3D-Animation, das war schließlich mein Job. Ansonsten musste ich alle selbst lernen – von Geschäftsführung, über Programmierung, Sound-Design, Game-Design, Level-Design, etc. etc.. Das war alles Neuland. Man muss einfach anfangen, und weniger darüber nachdenken, was man alles nicht kann. Sonst verliert man den Mut.

Der Art Style in Omno ist super stimmig und Beeindruckend. Besonders, wenn man bedenkt, dass du das Spiel komplett alleine entwickelt hast. Wie hast du es geschafft, trotz simpler Low-Poly-Assets eine so natürliche Atmosphäre zu kreieren?

Vielen Dank für die netten Worte. Ich habe von vornherein den Fokus auf die “Wirkung” gelegt, nicht die Details. Simple Kernaspekte machen dabei die Atmosphäre aus: Tiefenunschärfe für die cineastischen Look, ein bewusstes Farbschema durch Color Grading, eine sehr simple aber einheitliche Beleuchtung, GodRays, exponentieller Höhennebel (auf den stärkeren Plattformen auch volumetrisch), etwas Vignette – und schon fühlt sich das gröbste Low-Poly-Setting ganz anders an.

liebt seit jeher Sprache, Kommunikation und Mathematik. Heute ist er Software-Entwickler für Mixed Reality und moderiert den Netzpiloten-Podcast Tech und Trara. Die (digitale) Welt ist für ihn ein Ort voller Möglichkeiten und spannender Technologien, die man ausprobieren, bearbeiten und hinterfragen kann.


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