Virtuelle Mitarbeiter bei IKEA in Roblox – Ein innovativer Schritt in die digitale Arbeitswelt

Die Digitalisierung hat längst alle Lebensbereiche erfasst – auch die Arbeitswelt. Ein besonders innovatives Beispiel liefert der schwedische Möbelriese IKEA mit seinem jüngsten Projekt: Virtuelle Mitarbeiter in der Online-Spieleplattform Roblox. Was zunächst nach einer kuriosen Marketingidee klingt, ist in Wahrheit ein interessanter Versuch, neue Wege im Employer Branding, Recruiting und der Markenbindung zu gehen. Der Einsatz virtueller Mitarbeiter in einem digitalen Spieluniversum wie Roblox zeigt, wie Unternehmen neue Zielgruppen erreichen, ihre Marke spielerisch inszenieren und sogar zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ansprechen können.

IKEA und Roblox – zwei Welten treffen sich

Roblox ist eine Online-Plattform, die es Nutzerinnen und Nutzern ermöglicht, eigene Spielewelten zu erschaffen und diese mit Millionen anderer Spieler weltweit zu teilen. Besonders bei jüngeren Zielgruppen – also der sogenannten Generation Z – erfreut sich Roblox großer Beliebtheit. Die Plattform verbindet Gaming mit sozialer Interaktion und kreativer Entfaltung. Genau hier setzt IKEA an.

Anfang 2024 kündigte IKEA ein besonderes Projekt an: In einer eigens gestalteten Roblox-Welt – dem „The Co-Worker Game“ – können Spieler in die Rolle von IKEA-Mitarbeitern schlüpfen. Die virtuelle Umgebung ist einer IKEA-Filiale nachempfunden, mit Showrooms, Lagerhallen und einem Restaurant. Ziel ist es, Aufgaben zu erfüllen, Kunden zu helfen und gemeinsam mit anderen Spielern den Alltag in einem IKEA-Store zu meistern. Am 24. Juni eröffnete der virtuelle Standort des Möbelriesen.

Virtuelle Mitarbeiter – echtes Geld?

Was dieses Projekt von klassischen Werbespielen unterscheidet, ist der reale Bezug zur Arbeitswelt: IKEA hat für das Roblox-Projekt tatsächlich virtuelle Stellen ausgeschrieben – inklusive Bewerbungsprozess, Auswahlverfahren und Bezahlung. Die Bewerber mussten sich wie bei einem echten Job bewerben, inklusive Lebenslauf, Motivationsschreiben und einem digitalen Vorstellungsgespräch – allerdings für eine Tätigkeit innerhalb der digitalen Spielwelt. Die ausgewählten „virtuellen Mitarbeiter“ werden für ihre Zeit sogar bezahlt, was einen Brückenschlag zwischen der realen Arbeitswelt und der digitalen Freizeitgestaltung darstellt.

Die Anforderungen an die Bewerber orientierten sich an realen Soft Skills: Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke, Serviceorientierung und die Fähigkeit, auch in einem virtuellen Raum kooperativ zu handeln. Technisches Know-how oder Gaming-Erfahrung waren hilfreich, aber keine zwingende Voraussetzung. Vielmehr wollte IKEA Menschen gewinnen, die Freude am Umgang mit anderen haben, selbst in einem digitalen Kontext.

Besonders bemerkenswert ist, dass IKEA diesen virtuellen Job nicht als unbezahltes Spiel ansieht, sondern als echte Arbeit mit fairer Vergütung. Der Stundenlohn betrug rund 13,15 britische Pfund (etwa 15 Euro) – vergleichbar mit einem Einstiegsgehalt in Teilzeitstellen im Einzelhandel. Die virtuelle Arbeit wurde damit auf eine Weise honoriert, die sie deutlich von bloßem „Gamen“ unterscheidet und den ernsthaften Anspruch des Projekts unterstreicht.

Mit dieser Aktion möchte IKEA zeigen, wie Arbeitsplätze der Zukunft aussehen könnten: flexibel, digital, spielerisch – aber dennoch mit klaren Strukturen, Anforderungen und sozialen Interaktionen. Gleichzeitig wird deutlich, dass Unternehmen bereit sind, sich dort zu positionieren, wo sich ihre Zielgruppen ohnehin aufhalten: in virtuellen Welten.

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Employer Branding der Zukunft

Der Schritt von IKEA lässt sich vor allem aus Perspektive des Employer Branding betrachten. Arbeitgeber müssen sich heute deutlich mehr anstrengen, um junge Talente zu gewinnen. Klassische Karrieremessen oder Anzeigen in Jobportalen reichen nicht mehr aus, um die Generation Z zu erreichen. Diese wünscht sich nicht nur gute Arbeitsbedingungen, sondern auch eine sinnstiftende, transparente und moderne Unternehmenskultur.

Durch den Auftritt in Roblox gelingt es IKEA, diese Zielgruppe direkt in ihrem digitalen Lebensraum anzusprechen. Gleichzeitig vermittelt das Unternehmen Werte wie Teamarbeit, Kundenzufriedenheit und Nachhaltigkeit auf spielerische Weise – und kann damit ein authentisches und positives Arbeitgeberimage aufbauen.

Spiel und Realität verschwimmen

Das Besondere an diesem Projekt ist die bewusste Verschränkung von Spiel und Realität. Spieler, die als virtuelle IKEA-Mitarbeiter agieren, übernehmen tatsächlich Aufgaben, die auch reale Angestellte erledigen würden – etwa das Einräumen von Regalen, das Zubereiten von Köttbullar oder die Kundenberatung. Die virtuelle Arbeit ist dabei nicht nur Unterhaltung, sondern vermittelt auch einen Einblick in den Alltag bei IKEA.

Diese Art der „Gamification“ von Arbeit hat Potenzial: Sie kann dazu beitragen, Berufsbilder verständlicher zu machen, Berührungsängste abzubauen und Interesse an bestimmten Branchen zu wecken. Gleichzeitig entsteht ein neues Verständnis von Arbeit, das stärker auf Flexibilität, Kollaboration und digitale Kompetenzen ausgerichtet ist.

Die Verträge auch befristet ausgelegt. Sie sollen den virtuellen Angestellten mitunter ein Gefühl dafür vermitteln, wie sich die Arbeit im echten IKEA anfühlt. Zugleich dürfte dem Unternehmen für das Spiel auch daran gelegen sein, dass für die virtuellen Showrooms auch immer wieder neuer kreativer Input entsteht.  

Risiken und Kritik

So innovativ das Projekt auch ist, es bleibt nicht ohne Kritik. Einige Beobachter befürchten, dass hier Arbeit und Spiel zu sehr vermischt werden – und dass Kinder und Jugendliche den Unterschied zwischen Unterhaltung und echter Erwerbstätigkeit nicht klar erkennen. Auch die Frage, wie fair virtuelle Arbeitsbedingungen vergütet werden und wie ernst solche Erfahrungen im Lebenslauf zu bewerten sind, ist bislang ungeklärt.

Zudem ist der kommerzielle Charakter des Spiels nicht zu übersehen. Zwar wird den Spielern ein authentischer Eindruck vom IKEA-Arbeitsalltag vermittelt, gleichzeitig bleibt die Plattform ein Ort, an dem die Marke IKEA inszeniert wird – mit all ihren Produkten, Logos und Slogans. Kritiker sprechen deshalb auch von einer subtilen Form des Marketings, das gezielt auf junge Nutzer zielt.

Andere Unternehmen in virtuellen Welten – Kreative Vorreiter

IKEA ist nicht das erste Unternehmen, das virtuelle Welten nutzt, um sich innovativ zu präsentieren. In den letzten Jahren haben mehrere Marken mit kreativen Ansätzen in digitalen Umgebungen experimentiert – sei es aus Marketinggründen, zur Zielgruppenansprache oder zur Markeninszenierung.

Ein prominentes Beispiel ist Nike, das mit „Nikeland“ auf Roblox eine eigene Erlebniswelt geschaffen hat. Spielerinnen und Spieler können dort virtuelle Nike-Produkte tragen, Sportspiele absolvieren und sich mit Freunden messen – ganz im Sinne der Markenbotschaft „Just Do It“. Nikeland dient nicht nur der Unterhaltung, sondern fördert auch die Identifikation mit der Marke in einer jüngeren Zielgruppe.

Ein weiteres Beispiel liefert Gucci mit dem „Gucci Garden Experience“ – ebenfalls auf Roblox. Diese virtuelle Ausstellung ermöglichte es Nutzern, durch immersive Räume zu wandeln, die von realen Gucci-Kollektionen inspiriert waren. Auch digitale Gucci-Produkte konnten für Avatare erworben werden – zum Teil zu erstaunlich hohen Preisen, was das Potenzial digitaler Güter im Metaverse verdeutlicht.

Auch Wendy’s, eine amerikanische Fast-Food-Kette, machte Schlagzeilen, als sie in „Fortnite“ eine Anti-Werbeaktion startete. In einem eigens eingerichteten Spielmodus zerstörte ein Avatar im Stil von Wendy’s alle Tiefkühltruhen – eine Anspielung auf den Werbeslogan, dass Wendy’s nie tiefgekühltes Fleisch verwendet. Die Aktion war Teil einer viralen Marketingkampagne, die enorm viel Aufmerksamkeit auf Social Media generierte.

Diese Beispiele zeigen: Virtuelle Welten sind längst kein Nischenphänomen mehr, sondern ein wachsender Raum für Markenkommunikation, der Kreativität, Storytelling und digitale Nähe miteinander verbindet. IKEA reiht sich hier mit seinem Projekt auf Roblox in eine Reihe von Pionieren ein – und erweitert das Spielfeld um eine besonders originelle Komponente: virtuelle Arbeit als spielerisches, aber ernst gemeintes Element der digitalen Arbeitswelt.

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Mehr als ein PR-Gag

Ob virtuelle Mitarbeiter in Roblox ein nachhaltiges Modell für die Zukunft sind, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch: IKEA hat mit diesem Projekt einen Nerv getroffen. Die Verbindung von Arbeit, Spiel und digitaler Interaktion eröffnet neue Wege der Kommunikation, des Recruitings und der Markenbildung. Dabei zeigt das Unternehmen Mut, neue Formate zu testen – und liefert damit einen spannenden Impuls für andere Unternehmen.

Langfristig könnte sich zeigen, dass solche virtuellen Welten mehr sind als nur Spielerei: Sie könnten ein Testfeld für innovative Arbeitsmodelle, für digitale Schulungen und für kreative Formen der Mitarbeitergewinnung werden. IKEA ist hier Vorreiter – und könnte mit seinen virtuellen Mitarbeitern in Roblox die Arbeitswelt von morgen schon heute erlebbar machen.


image via IKEA / Roblox


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