“Bestes Deutsches Spiel” des DCP 2019 – Trüberbrook im Test

In Sachen Entertainment bin ich leicht gestrickt – wenn man mir sagt, eine Serie, Film oder Spiel seien “xyz-esque” – erinnert also an ein anderes Stück Medium, das mir gefällt – dann zögere ich nicht lange, mir selbst eine Meinung zu bilden. Als ich hörte, dass das Science-Fiction-Adventure Trüberbrook von Headup Games und dem deutschen Produktionsstudio btf als ein Mix aus Twin Peaks und Stranger Things beschrieben wird, weckte das direkt mein Interesse. Das wohl bekannteste Projekt von btf, welches 2012 von einer Gruppe Kunststudenten gegründet wurde, sind die TV-Formate Neo Magazin Royale und Schulz & Böhmermann.

2017 erreichte die Kickstarter-Kampagne des Studios für Trüberbrook – damals noch mit dem Untertitel “A Nerd Saves the World” – in 30 Stunden fast 200.000 Euro von über 5.000 Unterstützern. Da überrascht es auch nicht, dass so prominente Stimmen wie Nora Tschirner, Dirk von Lowtzow, Henning May, Katjana Gerz und Jan Böhmermann im Spiel vertreten sind. Anfang April wurde das Point & Click außerdem erst als “Bestes Deutsches Spiel” beim Deutschen Computerspielpreis 2019 ausgezeichnet. Was kann das kleine Story-Adventure also?

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Twin Peaks trifft in Trüberbrook auf Heimatfilm

In Trüberbrook schlüpft man in die Rolle des Quantenphysikers Hans Tannhauser. Dieser findet sich durch den mysteriösen Sieg bei einem Gewinnspiel im Urlaub im fiktiven Luftkurörtchen Trüberbrook im Norddeutschland der 1960er Jahre wieder. Der verschlafene Ort wirkt zunächst unscheinbar, aber bald merkt Hans, dass dort seltsame Dinge vor sich gehen und er schließlich sogar die Welt retten muss.

Das storybasierte Adventure-Game versprüht einen ganz besonderen Charme. Grund dafür sind der Mix aus Science Fiction, Twin Peaks und Heimatfilm, die skurillen Charaktere und die handgebauten Kulissen. Letztere wurden übrigens aufwendig mit Photogrammetrie-Technik digitalisiert. Neben der exzellenten deutschen Sprachausgabe, lohnt es sich aber auch Trüberbrook auf Englisch umzustellen. Bis auf Tannhauser bleiben die Synchronsprecher der Charaktere die gleichen. So kann man sich darüber amüsieren, wie Nora Tschirner, Jan Böhmermann und Co. ihre deutschen Klischee-Akzente zum Besten geben.

Beim Gameplay greift das Spiel auf klassische Point & Click Mechanik zurück – das ist auf der Nintendo Switch leider oft ein bisschen holprig. Das anvisieren und wählen von Gegenständen und Charakteren mit dem Joystick ist dadurch ruckelig und unbeholfen. Das Genre eignet sich zwar ideal für das kurzweilige On/Off-Spielen in der Bahn, aber bei der Steuerung hatte ich es mir dann doch gewünscht, eine Maus in der Hand zu haben.

In Sachen Rätsel hätte Trüberbrook auch einen höheren Schwierigkeitsgrad vertragen können. Als Hans sammelt der Spieler in den verschiedenen Schauplätzen allerhand skurriler Gegenstände ein. Das reicht von einem Glas Glühwürmchen, über eine Krähenpfeife bis hin zu einem Meteor. Der Lösungsweg ist allerdings beinahe nonexistent. Anstatt dass man sich selbst darüber den Kopf zerbrechen muss, wie man die Gegenstände im Inventar kombinieren muss, macht das Spiel das ganz einfach von selbst. Dem Spieler ein wenig autonomes Denken zuzutrauen, hätte dem Spielspaß ein wenig mehr auf die Sprünge geholfen.

 

Fazit

Trüberbrook ist ein kurzweiliger und skurriler, wenn auch ein wenig zu leichter Spaß. Bei den rund 5 bis 10 Spielstunden ist die UVP von 29,99 Euro außerdem ein wenig happig. Die Story hätte ebenfalls ein wenig mehr Tiefe vertragen können. Man merkt aber, dass das Spiel mit viel Liebe gestaltet wurde: der Soundtrack besticht, die Hintergründe transportieren das urdeutsche Kleinod und kleine Hinweise auf Inspirationen wie Twin Peaks – Hans spricht per Memo mit einer “Beverly” so wie Special Agent Dale Cooper mit seiner “Diane” – sind tolle Referenzen für Genre-Fans.

Auch die Kickstarter-Unterstützer werden an diversen Stellen im Spiel gebührend in Szene gesetzt. Wer aber Fan von Stranger Things, Doctor Who und Co. ist, darf dennoch nicht zu viel in Sachen Komplexität erwarten. Dafür wird man aber mit angepassten Erwartungen definitiv Gefallen an seinem Aufenthalt im beschaulichen Luftkurörtchen Trüberbrook finden. Schnappt euch das Spiel am besten im Sale, denn spielenswert ist es allemal.

Trüberbrook ist für PC, Mac, Linux, PlayStation 4, Xbox One und die Nintendo Switch verfügbar. Auch ein Port auf mobile Geräte wird nicht ausgeschlossen. Getestet wurde für diesen Test die Nintendo Switch Version, die freundlicherweise von Headup Games zur Verfügung gestellt wurde.

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Images by Headup Games

ist Spezialistin für Videospiele. Nach ihrem Bachelor in Medienwissenschaft in Erlangen und ihrer Zeit als Redakteurin bei den Netzpiloten in Hamburg ist sie jetzt freie Autorin. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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