Springer und Qwant – Einstieg in den Suchmarkt

Der Axel Springer Verlag ist bei der französischen Suchmaschine Qwant eingestiegen – ein Schritt zum Suchmarkt. Nein, Freunde werden Google und der Axel Springer Verlag sicher nicht mehr. Leistungsschutzrecht, Snippets und Kampagnenjournalismus – zu viel ist passiert. Der jüngste Streich von Döpfner und Co.: Der Einstieg in Google-Konkurrent Qwant.

„Der Verkäufer“ kauft ein

Wir haben Angst vor Google. Ich muss das einmal so klar und ehrlich sagen, denn es traut sich kaum einer meiner Kollegen, dies öffentlich zu tun. Und als Größter unter den Kleinen müssen wir vielleicht auch in dieser Debatte als Erste Klartext reden.“ Das hat Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE vor wenigen Tagen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in einem offenen Brief an Google-Chef Eric Schmidt geschrieben. In dem Brief ging es um die Marktmacht von Google und die – so die Zeitung in der Einleitung – „totale Abhängigkeit“ der Verlage von dem Suchmaschinenkonzern, der ihnen tagtäglich Besucher in Scharen auf ihre Websits leitet.

Aber auch von dem Konzern, den die Verlage, allen voran die Axel Springer SE und ihr Mathias Döpfner, mit dem Leistungsschutzrecht versuchen, von der Verwendung kurzer Snippets im News-Bereich abzuhalten. Spätestens, seitdem sich der Verlag dafür stark gemacht hat, ist das Verhältnis zwischen den beiden Parteien stark angeschlagen. „Wie Sie wissen, bin ich ein großer Bewunderer des unternehmerischen Erfolgs von Google„, schreibt Döpfner, dem der unternehmerische Erfolg seines Konzerns vor das Erbe von Axel Springer geht. „Es ist ein chirurgischer Schnitt ins Portfolio. Eine Operation, wie ihn Unternehmensberater und Aktionäre lieben„, schrieben wir vergangenes Jahr im „SPIEGEL“ über den Deal mit der Funke-Mediengruppe, bei dem Döpfner – „Der Verkäufer“ – den Großteil des Springer-Zeitungsmarktes an die Essener Gruppe (unter anderem „WAZ“) vermachte.

Springer kauft 20 Prozent von Qwant

Unter anderem „Hörzu“, „Hamburger Abendblatt“, „Berliner Morgenpost“ und 900 Mitarbeiter verkaufte Döpfner für eine knappe Milliarde Euro an Funke. Was auch sonst tun mit Zeitungen, die sich meist nur noch durch Quersubventionierung finanzieren lassen? Und seither: Da vergeht kaum eine Woche, an dem man nicht von irgendwelchen Übernahmen, Zukäufen oder Anteilserwerben von Springer liest. Erst gestern wieder konnte man beim Branchendienst „turi2.de“ lesen: „Springer plant laut „Kontakter“, den Telekom-Digitalvermarkter Interactive Media zu übernehmen. Auch das Web-Portal T-Online.de und AutoScout24 stehen demnach auf dem Einkaufszettel.“ Und auch sonst nimmt Döpfners Einstieg in den technologischen Fortschritt des Konzerns langsam aber sicher Züge von Marissa Mayers Shoppingtouren bei Yahoo an.

Die neuste Errungenschaft des Konzerns: 20 Prozent an Qwant. Qwant ist im März in Deutschland gestartet, kommt ursprünglich aus Frankreich und will die etwas andere Suchmaschine werden. Eine Alternative zu Google soll es mal werden, nur mit mehr Datenschutz und ohne „Cookies und Tracking„. Funktioniert leider nicht ganz so, wie man versucht, es werbewirksam zu vermarkten, aber grundsätzlich erinnert der Ansatz an ein anders angeordnetes DuckDuckGo.

„Technologieverständnis“ und „Ausbau digitaler Geschäftsmodelle“

Die 20 Prozent übernimmt nun die Axel Springer Digital Ventures, eine Tochter vom Hauptkonzern. In PR-Sprech vermarktet man den Einkauf wie folgt: „Auf dem Suchmarkt gibt es zahlreiche Innovationen. Um daran teilzuhaben und zu lernen, beteiligen wir uns an einem jungen Unternehmen, das hier Vielfalt und neue Impulse einbringt.“ Das schreibt Springer-Mann Ulrich Schmitz in einer Pressemitteilung. Bei Qwant liest sich das so: „Axel Springer Digital Ventures ist der ideale Partner für uns: Er verfügt über Technologieverständnis, hat Erfahrung im Ausbau digitaler Geschäftsmodelle und eine klare Vision. Wir sind begeistert von der Zusammenarbeit und freuen uns auf einen gemeinsamen Wissensaustausch.“

Klingt kitschig? Vielleicht. Aber für den Axel Springer Verlag eine ideale Möglichkeit, die kleine große Auseinandersetzung mit Google voranzutreiben. Oder anders: Um einen Google-Konkurrenten mit starkem Wachstumspotenzial voranzutreiben – und daran fein mitzuverdienen sowie ihn nach den eigenen Vorstellungen zu formen. Fraglich ist, was passiert, wenn ein Verlag eine Suchmaschine kontrolliert. Bei einem Anteil von 20 Prozent sicher nicht möglich, aber was ist der nächste Schritt von Döpfner und seinen Mannen?

Zumindest muss man Qwant in einem Punkt recht geben: Springer hat, in Person von Döpfner, ein rafiniertes Technologieverständnis aufgebaut. Erfahrung im Ausbau von digitalen Geschäftsmodellen sowieso. Das zeigen auch die Zahlen von „Bild+“, dem Paid-Content-Modell der Zeitung: 200.000 zahlende Abonnenten hat man schon überzeugt, bei der „Welt“ kommt man immerhin auf knapp über 52.000 Abonnenten. Die Zusammenarbeit mit und die Zukunft von Qwant lassen aber noch einige Fragen offen – Antworten gibt es hoffentlich bald.


 

 


 

war von 2012 bis 2015 Autor der Netzpiloten. Seither arbeitet er als Geschäftsführer von BASIC thinking, schreibt Bücher und pflanzt dadurch Bäume. Zudem hat er das Online-Magazin Finanzentdecker.de gegründet. Am besten ist er über Facebook, Twitter und Instagram zu erreichen.


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1 comment

  1. Haben sie denn inzwischen eigene Suchtechnologie? Es wäre ja wünschenswert für den Markt! Vor ein paar Wochen kamen Qwants Suchergebnisse ganz offensichtlich noch von Bing, was Qwant aber nie zugegeben hat, sondern immer von eigener Technologie redete.

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