Netzkolleg Lektion 1: Social Media trotz Experten

Vor zehn Jahren begann ich in der Welt des Wissensmanagements die ersten Sporen zu verdienen. Das Thema war gerade dabei, sich vom ewigen Fokus auf Dokumenten-Archive und Wissensdatenbanken zu erholen. Aber schon damals hatten sogenannte Experten, die weitgehend keine Ahnung von Erkenntnistheorie, Kognitionspsychologie oder gar Wissenschaftsheorie hatte, Kreisläufe und Treppenmodelle des Wissens in allerlei dicke Bücher gepinselt, die Doktoranden und Studenten noch heute abzeichnen und die immer wieder auf Präsentationsfolien auftauchen. Das Schlimme daran ist, dass diese Experten und ihre Methoden kostbare Zeit vergeuden. Denn es geht um viel.
Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, also im weitesten Sinne Change Management ist nicht trivial. Und die Welt ändert ständig ihre Richtung. Wer sein Augenmerk zu stark nach außen verlagert verliert Leistungsfähigkeit – wer zu stark auf das Innen fokussiert, der verliert den Kontakt zu Markt und damit Kunden.

Heute, wo Social Media Experten Bücher schreiben über aufgepeppte Presswebsites namens Social Media Newsroom oder den Einsatz von internen Blogs und Wikis preisen und begleiten, beschleicht mich wieder das Gefühl, dass allerlei Ratgeber-Literatur den Markt und die Vortragssäle überschwemmt, ohne das man den Firmen die Chance läßt, das Wesentliche selbst zu erarbeiten. Wer 20 Minuten erübrigt, der möge sich dieses Video von Lee Bryant aufmerksam ansehen und anhören. Dort fasst er das zusammen, was einige Berater im Bereich professioneller Einsatz von Social Media schon länger praktizieren. Leider taucht es nicht in den Sonntagsreden der hiesigen PR 2.0-Berater, der Enterprise 2.0 Experten und in der zweiten Reihe der Besserwisser auf. Hier also eine Lesung für Firmen, die sich die Selbst-Marketing-Orgien der selbsternannten Experten für 800 EUR am Tag sparen wollen.

Video via smartens

  ist seit 1999 als Freier Autor und Freier Journalist tätig für nationale und internationale Zeitungen und Magazine, Online-Publikationen sowie Radio- und TV-Sender. (Redaktionsleiter Netzpiloten.de von 2009 bis 2012)


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , , ,

2 comments

  1. Naja, es ist ja ein beinahe antikes Topos, dass diejenigen, die es verstanden haben, es anwenden, diejenigen, die dabei sind, es zu verstehen, es den anderen beibringen, die keine Lust haben, sich eine eigene Sicht auf die Dinge zu verschaffen. Man kann darin ein graduelle Abstufung der Frustrationstoleranz deuten. Manche Zeitgenossen würden es sogar als eine Abstufung der Adaptationsfähigkeit sehen. Aber das wäre evolutionär gedacht. Solche Zeiträume, oder gar nur historische Rahmen will ja heute keiner mehr im Zeitalter des frei flottierenden offenen Systems, wo man die Zeit so schön in Dynamik umdichtet.
    ;-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert