Mit Civilization 7 erlebte die große Strategie-Reihe einen richtigen Katastrophen-Release. Mehr als ein halbes Jahr nach Release lässt sich eine erste Schadensbilanz ziehen. Der kürzliche Steam-Sale sorgte immerhin für einen kürzlichen Peak von 12.617 zeitgleichen Spielern auf Steam (5. Oktober 2025), dem höchsten Wert seit April. Zugleich liegt der Vorgänger Civization 6 (Release 2016) bei 54.675 Aufrufen und sogar Civilization 5 (2010) versammelte mit 20.046 fast doppelt so vielen Spieler. Ist das schon ein Zeichen, sich nach den besten Civilization 7-Alternativen umzuschauen?
Zumindest machen auch die nur 47 Prozent positiven Bewertungen auf Steam die Lage für Firaxis Games nicht besser. Hinzu kommt, dass trotz mehrerer Updates die kürzlichen Rezensionen sogar noch schlechter ausfallen.
Ungewöhnlich ist es nicht, dass die Civilization-Spiele zum Release noch viel Kritik einstecken. Auch die Vorgänger brauchten Updates und Erweiterungen, ehe sie endgültig die Herzen der Spieler erreichten. Bei Civilization 7 sieht es aber etwas verzwickter aus. Werfen wir darauf einen ersten Blick und schauen dann über den Tellerrand, welche Alternativen es zum neuesten Ableger der Kultreihe gibt.
Weil Civilization 7 ein nicht vorhandenes Problem lösen wollte
Als Civilization 7 erschien, ging die Kritik noch eher an den nur drei Zeitaltern und dem erzwungenen Fraktionswechsel. Mir gefiel aber zumindest grundlegend die Idee jedes Zeitalter mit eigenen Mechaniken auszugestalten, sodass mir ein viertes Zeitalter bis in die Zukunft nicht wirklich fehlte. Auch der Wechsel der Nationen war nicht unbedingt mein favorisiertes Feature, aber ich mochte die Idee der Anpassbarkeit.
Das eigentliche Problem liegt mehr in der Umsetzung der neuen Mechaniken. Hintergrund der großen Gameplay-Änderungen war nämlich, dass Entwickler Firaxis Games aus Analyse-Daten herausgelesen hat, dass die meisten Partien nicht bis zum Ende durchgespielt werden und manche Spieler nicht einmal einen einzigen Spielstand abschließen. Auch das gute Spieler schneeballhaft einen uneinholbaren Vorsprung erspielen, wollten sie etwa durch die neue Gestaltung der Zeitalter eingrenzen. Um das zu unterbinden hat man ganz neue Probleme geschaffen.
Der Reset nach jedem Zeitalter lässt einen nicht nur Vorsprung verlieren, sondern auch Bezug zum Reich, dass viele Jahre überspringt um im neuen Zeitalter als neues Reich wieder zu erblühen. Ein komplett neuer Forschungsbaum macht die letzten Forschungen des vorigen Zeitalters nahezu irrelevant und überhaupt fühlt es sich nicht belohnend an, wenn einem so viel Vorsprung wieder abgenommen und Kriege mit Ende des Zeitalters zwangsbeendet werden.
Die Zeitalter sind nun aber auch in einem sehr engen Korsett vorgegebener Ziele für den eigentlichen Fortschritt. Dadurch läuft jede Partie nach einem sehr ähnlichen Muster ab, weil es nur darum geht, die immergleichen Ziele zu erfüllen. Am schlimmsten ist dabei das letzte Zeitalter, bei dem man auf eine von 4 Siegesbedingung zuarbeitet. Man muss sich zwar nicht mehr auf alle Ziele konzentrieren wie bei den vorigen Zeitaltern, aber dafür ist es eigentlich der Sargnagel für eine Erweiterung der Zeitalter. Für ein neues Zeitalter müsste man das dritte Zeitalter ebenfalls komplett umbauen. Durch die erst spätere Freischaltung der „Neuen Welt“ ist das Spiel zudem deutlich schlechter für Multiplayer-Partien geeignet.
Influencer und Tester mit unglücklichem Anfangs-Hype
Gerade in Deutschland waren Let’s Player und Tester aber auch Architekten der eigenen Ernüchterung. Hier gab es einfach viel zu viel Begeisterung und wenig Herausarbeitung potentieller Probleme.
Zur Ehrenrettung: Die Globalstrategie ist ein denkbar undankbares Genre zum Testen. Ein einzelner Durchgang kann schon so lange dauern, wie bei anderen Spielen die Zeit für einen Test ausreicht. Trotzdem hat man dann nur einen Herrscher gespielt, wenig verschiedene Pfade erlebt und kann noch lange nicht darüber urteilen, wie stark sich das Prinzip abnutzt. Währendessen wartet bereits eine hungrige Fanbase, die man möglichst vor den anderen füttern möchte.
Trotzdem merke ich immer mehr wie im Strategiesektor die eigentlich sehr kompetenten und unaufgeregten Let’s Player kommende Spiele vorab ein bisschen zu stark pushen. Es ist toll, dass viele Entwickler mittlerweile stärker mit diesen oft vergleichsweise kleineren Creatorn zusammenarbeiten, aber ich habe das Gefühl, dass es die Objektivität stört. Auch Anno 117 könnte das nächste Opfer eines vorschnellen Hypes der Bubble werden, da auch dort bislang wenig auf die möglichen Stolpersteinen der geplanten Zugänglichkeit eingegangen wird.
Die besten Civilization 7-Alternativen
Ara: History Untold
Bei Ara: History Untold bin auch ich dem Fehler unterlegen vor Release etwas zu euphorisch den potentiellen Civ-Killer auszurufen. Im Test stellte sich dann heraus, dass auch Ara sich zu den vielen Spielen gesellt, denen ein weiteres Jahr Entwicklung gutgetan hätte.
Auch Ara unterteilt das Spiel in 3 Akte, die allerdings jeweils mehrere Zeitalteralter enthalten. Dabei erzeugt es jedoch keinen Bruch im Spiel. Das je nach Einstellungen die schwächsten Zivilisationen am Ende eines Aktes rausfliegen, sorgt aber mitunter für radikale Maßnahmen, um Dinge zu unternehmen, um den eigenen Kopf auf Kosten eines anderen aus der Schlinge zu ziehen.
Am prominentesten ist aber wohl das unanständig kompliziert/komplexe Crafting-System. Jede Stadt besteht breitet sich mit ihrem Wachstum auf etliche Regionen aus, die wieder in 5 Zonen unterteilt sind die ihr mit je einem Gebäude bebauen könnt. Neben Rohstofflieferanten gibt es noch zahlreiche produzierende Gebäude, die es auf über 100 Zwischen- und Endprodukte bringen, teils auch sogenannte „Vorräte“ mit denen ihr andere Gebäude boosten könnt.
Aber nicht nur das Crafting hinderte Ara: History Untold am Erfolg. Die UI? Potthässlich und trotzdem sperrig und kontraproduktiv, um beim Crafting die Übersicht zu bewahren. Der technische Zustand zum Release? Grauenhaft. Vor Release fehlte dann aber auch der Mut, das Spiel sichtbar zu bewerben.
Umso erstaunlicher, dass Ara: History Untold trotz geringer Spielerzahlen einige Updates bekommen hat, um das Spieler-Feedback umzusetzen. Besonders prall war das kürzliche Update 2.0, welche das Crafting deutlich vereinfacht, eine Kultur- und Einflussmechanik für friedvolle Eroberung hinzufügt und den Anführern endlich Spezialeinheiten und besondere Eigenschaften hinzufügt. Sogar die Mapgenerierung hat eine komplette Überarbeitung spendiert bekommen.
Massentauglich ist Ara vielleicht noch nicht, aber eindeutig eine der besten Civilization 7-Alternativen.
Age of Wonders 4
Wie sähe wohl das Kind zwischen Civilization und Heroes of Might and Magic aus? Vermutlich genau wie Age of Wonders, das mittlerweile 4 Haupttitel und ein Science Fictio- Spinoff hervorbrachte. Die globale Ebene erinnert dabei trotz der Fantasy-Elemente sehr stark an Civilization. Im Kampf steuern wir die Truppen dagegen wie in Heroes of Might & Magic auf einer rundenbasierten Battlemap.
Stärke wie Schwäche liegt dabei am Individualisierungsgrad des eigenen Volkes. Wir dürfen aus einer Vielzahl von Fantasyvölkern wählen, können aber die vorgegebenen Eigenschaften beliebig ändern. Naturverbundene Magie-Zwerge sind ebenso möglich wie blutrünstige Halblings-Krieger. Das kann sowohl optisch als auch spielerisch starke Unterschiede machen.
Die Anpassbarkeit lädt direkt zum spielen im Zivilisations-Baukasten ein. Auf der anderen Seite sind bewusst designte Fraktionen mit einzigartigen Vorteilen und Einheiten aber auch spannender als die etwas generischeren Baukasten-Fraktionen.
Zum Glück wirft das Spiel mehrere Progressionssysteme in den Ring. Helden dürft ihr aufleveln, skillen und mit Ausrüstung ausstatten, während ihr in einem anderen Baum Fähigkeiten für euer Reich freischaltet. Statt Technologien forscht ihr zudem Magie, die euch neue Kampfzauber, Weltkartenzauber oder aber auch viele neue Kampfeinheiten geben. Da ihr immer wieder die möglichen erforschbaren Zauber durch neue „Bücher“ erweitert, ergibt sich hier eine schöne Abwechslung.
Die Kämpfe lassen sich zwar auch automatisch führen, aber können ziemlich Spaß machen. Tüftler freuen sich über viele mögliche Synergien durch Statuseffekte von Zaubern. Wer jeden Kampf selbst führt, muss allerdings mit einer deutlich höheren Spielzeit pro Partie rechnen.
Old World
In Old World sind Jahre nur die Zähleinheit für Runden und nicht die Jahreszahl selbst. Das liegt daran, dass wir unsere Zivilisation nicht durch verschiedene Epochen hindurch entwickeln. Getreu dem Titel des Spiels, dreht sich alles um die großen Zivilisationen der Antike. Davon gibt es zwar nur 7 (mit dem DLC 8), aber mit Rom, Griechenland, Ägypten und Co ist vieles dabei. Außerdem gibt es noch Stämme wie die Vandalen, die euch das Leben zusätzlich schwermachen.
Spielerisch schlägt Old World eine Brücke zwischen Civilization und Crusader Kings 3. Weltkarte und die generelle Gameplay-Loop erinnern schon optisch direkt an Civilization. Statt eines einzelnen Herrschers spielen wir allerdings eine ganze Herrscherdynastie. Damit kommen auch dreckige Ränkespiele um die Thronfolge und Ratspositionen mit in den Mix. Ähnlich wie in Crusader Kings 3 sorgen zudem eine Vielzahl von Ereignissen für Rollenspiel-Elemente.
Was Old World ebenfalls zu einer der besten Civilization 7-Alternativen macht sind die Ideen, um in jedem Durchgang für etwas Abwechslung zu sorgen. Statt starrer Siegesbedingungen erhalten wir immer wieder „Bestrebungen“, Ziele mit steigender Komplexität, die es zu erfüllen gilt. Wir müssen 10 dieser Bestrebungen erfüllen, um zu gewinnen. Ähnlich wie bei Age of Wonders 4 stehen uns erforschbare Technologien zudem aus einem größeren Pool zufällig gezogen.
Abstriche müsst ihr vor allem an der Optik machen. Diese macht dem Titel alle Ehre und kann sich nicht mit ähnlich jungen Konkurrenten messen. Wegen der Ereignisse solltet ihr zudem keine Textbox-Phobie haben.
Alte Civilization-Teile als Alternative
Das schöne an Civilization ist, dass sie sich sehr ähneln, aber jeder Teil dann doch auch seine Eigenheiten hat. Das ist auch der Grund dafür, dass sich Civilization 6 sogar Civilization 5 noch sehr viel gespielt wird. Gegenüber dem aktuellsten Teil haben sie den großen Vorteil, durch Updates und DLCs ein sehr rundes Gesamterlebnis zu sein. Die schiffbaren Flüsse von Teil 7 vermisst man dann allerdings schon.
Die größte Alternative in der eigenen Reihe ist natürlich Civilization 6. Eines der größten Stärken dieses Ablegers ist die Bebauung der Karte abseits der Stadtzentren. Durch die neu eingeführten Bezirke konkurriert die Stadtentwicklung nun um Baufläche mit Wundern und Modernisierungen. Bestimmte Nachbarschaften oder geographische Merkmale geben dabei sogar noch Boni. Da Bauernhöfe sich zudem gegenseitig durch Nachbarschaft verstärken ergibt sich ein angenehmes Puzzlespiel um die Hexfelder. Die DLCs erweiterten das Spiel sinnvoll um Gouverneure, Zeitalter, Umweltfolgen und einen Weltkongress.
Civilization 4 ist dagegen sehr spannend in der Spezialisierung der Städte. Die Gebäude liefern hier vor allem Prozentwerte auf Erträge. Hier lohnt es sich umso mehr, die Städte auf eine Kernkompetenz zu optimieren, die sich oft auch aus den vorhandenen Resourcen ergibt.
Ein besonderes Kleinod ist auch das 1999 erschienene Sid Meiers Alpha Centauri. Das Spiel beginnt quasi dort wo ein Civ-Spiel gerne aufhört: Mit der Besiedlung des Planeten Alpha Centauri. Viel Anpassungsfähigkeit, tolle Events und ein überraschend gutes Diplomatiesystem machen es zu einem der besten Civilization-Teile. Bei dem über 25 Jahre alten Spiel müsst ihr aber mit der nicht ganz zeitgemäßen Optik leben. Spielerisch ist es dem 2014 erschienenen Ableger Civilization: Beyond Earth aber noch immer deutlich überlegen.
Civilization 7 hat viele Alternativen
Die hier genannten Spiele sind lediglich eine handverlesene Auswahl der besten Civilization 7-Alternativen. Es gibt auch noch Spiele wie das leider kürzlich eingestellte Millenia oder das allmählich heranreifende Humankind. Blicken wir weiter in die 4X-Ecke, kommt man auch um Spiele wie das Science Fiction-Umfangmonster Stellaris oder die historische Rollenspiel-Sandbox Crusader Kings 3 herum.
Die von uns vorgestellten Alternativen sind zwar alle etwas näher an der Civilization-Formel dran, haben aber trotzdem jeweils einen eigenen Twist. Ara: History Untold bringt das Ressourcen-Management in wahnwitzige Dimensionen, The Old World zeigt, wie spannend sich auch eine einzelne Zeitepoche in diesem Genre spielen lässt und Age of Wonders 4 ist ein Fantasy-Civ, das großen Wert auf Individualisierung der eigenen Zivilisation legt.
Auch die alten Civ-Spiele haben weiter ihre Daseinsberechtigung, unabhängig davon, ob Civilization 7 noch die Kurve kriegt. Ich hoffe, dass Firaxis das Spiel doch noch zu einem Erfolg macht. Die Probleme scheinen hier aber bereits tief im grundlegenden Gameplay-Design zu legen. Vielleicht überraschen die Entwickler trotzdem noch mit einem Langzeit-Plan, der die vorhandenen Mechaniken sinnvoll weiterentwickelt.
Image via ChatGPT (KI-generiert)
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