Two Point Hospital (+DLCs) im Test – Doktorspiele wie damals

Two Point Hospital tritt in große Fußstapfen. Im Prinzip handelt es sich dabei nämlich um den spirituellen Nachfolger des Spiels Theme Hospital. Wie im 20 Jahre älteren Vorgänger bauen wir im Spiel Krankenhäuser auf. Statt einer bierernsten Simulation bekommen wir es allerdings mit den absurdesten Krankheiten zu tun. 

Das erste Spiel der neugegründeten Two Point Studios verfügt dabei über erfahrene Köpfe. Neben Producer Mark Webley, der auch schon für Theme Hospital zuständig war, gehören ebenso Lead Artist Gary Carr und Komponist Russell Shaw zur alten und neuen Garde. Doch ist Two Point Hospital nur eine alte Medizin in neuer Verpackung oder wurde die Formel sinnvoll erweitert?

Im Two Point Hospital Test schauen wir nicht nur auf das Spiel, sondern zeigen auch, was durch Updates nachträglich verbessert wurde und in wie weit sich die Two Point Hospital DLCs lohnen.

Die Krankenhaus-Simulation ist zwar zuerst exklusiv auf PC, später aber auch für alle aktuellen Konsolen erschienen. Auf Amazon gibt es die Jumbo Edition inklusive 4 Erweiterungen und 2 Gegenstand-DLCs (Provisionslink)

Willkommen in Two Point County

Two Point Hospital fängt sehr unspektakulär mit unserem ersten Krankenhaus im Hinterland an. In diesem lernen wir die Grundlagen des Spiels durch Tutorial-Aufträge, ehe wir die Ziele erfüllen, um das Krankenhaus mit bis zu 3 Sternen abzuschließen. Der erste Stern reicht allerdings bereits aus, um zum nächsten Krankenhaus fortzuschreiten.

Ja, wir führen mehrere Krankenhäuser an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Umständen. Sie alle liegen jedoch im Two Point County. „County“ ist hier aber ein bisschen untertrieben, da dieses kleine County mehr als abwechslungsreich ist. So gibt es neben dem abgelegenen Hinterland sowohl in kalte Regionen, als auch an den Strand oder in die Stadt. Mit den DLCs (dazu später noch mehr) geht es sogar direkt in Schneeregionen, Wüsten und vielem mehr. Insgesamt sind es 15 Krankenhäuser verteilt auf 5 Regionen.

Two Point County ist dabei ein sehr gelungener Kniff der Entwickler. Sie erschaffen so ihren eigenen verrückten Kosmos, der nicht nur Bühne für die Krankenhäuser, sondern auch für spätere Aufbausimulationen wie dem kommenden Two Point Campus ist. Ich habe mir schon damals vorgestellt, dass sich künftige Spiele gut auf einer gemeinsamen Karte verbinden ließen tatsächlich soll es wohl Wechselbeziehungen zwischen den beiden Spielen geben.

Spielt sich fast wie Theme Hospital

Doch wichtiger als die Welt ist natürlich das Spiel selbst. Und das ist sowohl spielerisch als auch vom Humor sehr nah bei Theme Hospital geblieben. Im ersten Krankenhaus stehen uns nur eine Hand voll Räume zur Verfügung. Diese dienen teils zur Diagnose der Krankheiten, teils aber auch zur Behandlung. Besetzt werden diese von Ärzt*innen und Pfleger*innen, deren Ausbildungen Einfluss darauf haben, wie gut sie für den jeweiligen Raum geeignet sind.

Desweiteren gibt es Assistent*innen, die entweder an der Rezeption oder an Verkaufsständen arbeiten oder später in der Marketingabteilung die nächste große Werbekampagne für das Krankenhaus planen. Damit der Laden läuft, braucht ihr aber auch Hausmeister*innen. Diese halten das Krankenhaus sauber, füllen Automaten nach, halten Geräte instand oder verpassen ihnen sogar ein nützliches Upgrade. Mit dem Staubsauger kümmern sie sich außerdem um Geister, die nach ihrem unglücklichen Ableben den Frust an anderen Patienten auslassen.

Krankheiten wie „Monobraue“ oder „Jazzhände“ gehören noch zu den normaleren Krankheiten, die in sehr normalen Abteilungen wie der Apotheke geheilt werden. Es gibt aber auch eine ganze Reihe größerer Krankheiten, die eigene Behandlungsräume mit großen Apperaturen brauchen. Clowns müssen im „Deprimator“ wieder normal werden, andere Patienten entpixelt werden oder von einem eingezogenen Schildkrötenkopf befreit werden.

Das sorgt für immer mehr Behandlungsräume, die im Verlauf des Spiels nötig sind und teils erst in einem Forschungslabor freigeschaltet werden müssen. Mittels Forschung schaltet ihr auch Upgrades frei, die später von Hausmeister*innen durchgeführt werden können.

Insgesamt spielt es sich weitgehend wie damals Theme Hospital, auch wenn es mehr Möglichkeiten gibt, die Räume und Gänge auszustatten. Viele Items schaltet ihr dabei mit Kudosh frei, eine Währung, die ihr für abgeschlossene Sterne, Herausforderungen und Karriereziele erhaltet.

Einen kleinen Einblick in die verrückten Krankheiten gibt auch dieser Trailer:

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Alle Wege führen zum Allgemeinmedziner

Im Verlauf des Spiels bekommen wir immer wieder neue Räume zur Diagnose und Behandlung. Einen Raum werdet ihr jedoch deutlich öfter bauen, als alle anderen: Die Allgemeinmedizin. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt in jedem eurer Krankenhäuser. Die Allgemeinmedizin ist die erste Anlaufstelle für neue Patienten, da der Allgemeinmediziner sie an die (hoffentlich) passendste Diagnose-Einrichtung verweist. Nach der Diagnose landen die Patienten erneut in der Allgemeinmedizin, von wo sie im Optimalfall direkt zur Behandlung geschickt werden. Es können aber auch noch weitere Diagnosen nötig sein.

Die Allgemeinmedizin stellt sich im Two Point Hospital Test als die größte Herausforderung heraus. Wir müssen ständig im Blick behalten, ob die aktuellen Räumlichkeiten noch ausreichen und möglichst genug Ärzte mit Fähigkeiten in Allgemeinmedizin bereit haben. Je erfahrener der Arzt, umso besser seine Diagnosen und umso weniger oft müssen die Patienten ihn im Verlauf ihres Aufenthaltes besuchen.

Das kann im späteren Verlauf auch schon stressig werden. Für ein möglichst effizientes Krankenhaus müssen wir nämlich nicht nur das richtige Personal haben, sondern auch den Flow zwischen den einzelnen Abteilungen beachten. Um die Wege kurz zu halten müssen Allgemeinmedizin und Diagnoseabteilungen möglichst nah beieinander sein. Die eigentliche Behandlung kann dagegen ruhig weiter abseits stattfinden, da es für Patienten die letzte Anlaufstelle ihres Besuchs ist.

An sich eine interessante Herausforderung an die Infrastruktur, wenn da nicht das Schneeballsystem wäre. Irgendwann kommt man kaum hinterher, weil jedes neue Zimmer und jedes neue Personal das Krankenhauslevel erhöht und noch mehr Besucher anlockt. Ab einer bestimmten Krankenhausgröße ist es fast unmöglich, ein tadellosen Betrieb beizubehalten. Allerdings hat man so auch später noch alle Hände voll zu tun.

Ein Krankenhaus in Two Point Hospital, bei dem die Allgemeinmedizin langsam längere Warteschlangen bekommt
Wenn es zu langen Warteschlangen bei der Allgemeinmedizin kommt, muss man entweder mehr Allgemeinmedizin bauen oder die Abläufe im Krankenhaus optimieren. Screenshot by Stefan Reismann.

Und täglich grüßt die Gameplay-Loop

Im Two Point Hospital Test zeigt sich, dass nicht alle Probleme von Theme Hospital gelöst werden konnten. Zum einen sind da die Türen als einschränkender Faktor für manche Räume. In der Theorie können wir unsere Stationen nämlich mit einer Unmenge an Betten und Pflegepersonal bestücken. Die Art und Weise wie Kapazität und das Kommen und Gehen durch die Türen funktionieren, sorgt dafür, dass Stationen mit mehr als 6 Betten eine Verschwendung sind. Das ist aber nicht das einzige Problem.

Auf Dauer wiederholt sich das Spiel sehr – vor allem, wenn man schon nach dem ersten Stern das nächste Krankenhaus angeht. Der Grundaufbau ist nämlich meist der gleiche. Ich baue eine Aufnahme, einen Allgemeinmediziner, eine Allgemeindiagnose und eventuell auch schon eine Apotheke, weil das meist die erste Behandlungseinrichtung ist.

Zumindest im Detail gibt es dann doch Unterschiede. Die unterschiedlichen Layouts sorgen dafür, dass man die Räume immer mal wieder etwas anders plant und mal baue ich schneller mal langsamer aus. Durch Kredite kann man sich dabei durchaus auch einige Fehler leisten. Eine sehr spezielle Herausforderung ist das Krankenhaus Duckworth-upon-Bilge, bei dem man kein Geld durch seine krankenhäuslichen Leistungen verdient. Stattdessen müssen wir Aufgaben für unseren Gönner erfüllen, um neue finanzielle Mittel zu erhalten. Das Level war für mich eine kleine Hassliebe, da man das Krankenhaus anfangs nur so weit ausbaut wie nötig, um die Kosten klein zu halten.

Durch das generelle Wiederholungselement sehe ich Two Point Hospital eher als ein Spiel, dass man immer mal wieder hervorholt und einem dann nicht stört, dass man wieder ähnlich beginnt wie beim letzten Krankenhaus. Intensiveres Spielen über längere Zeit sorgt dann aber für ein paar Abnutzungerscheinungen.

Eine Maschine im Krankenhaus explodiert
Unsere teuerste Maschine explodiert, nachdem einschlagende Lavabrocken des nahen Vulkans sie in Brand gesetzt hat. Auch sonst ist das Krankenhaus nicht im besten Zustand. Aber es könnte schlimmer sein – zum Beispiel wenn man selbst Patient dort wäre. Screenshot by Stefan Reismann

Updates & DLCs – Mehrwert für Two Point Hospital?

Mittlerweile ist die humorvolle Simulation bald 3 Jahre auf dem Markt. Für alle, die das Spiel bereits besitzen lohnt sich also auch ein Blick darauf, was sich im Nachhinein alles getan hat. In der Zeit sind nämlich sechs größere DLCs sowie ein paar kleinere Erschienen. Außerdem gab es durch Updates auch immer wieder kostenlose Verbesserungen am Hauptspiel.

Das wurde kostenlos durch Updates nachgebessert

Ursprünglich mussten wir jeden einzelnen Raum in unserem Krankenhaus einzeln ausstatten. Da das gerade im späteren Verlauf zu viel Zeit beanspruchte, gab es bereits kurz nach Release ein Copy & Paste-Feature, um Räume zu duplizieren. Seit Juli 2020 dürfen wir Räume außerdem als Template speichern. Diese lassen sich dann auch in einem neuen Krankenhaus nutzen.

Durch den Sandboxmodus könnt ihr das Spiel außerdem nach eigenem Gusto spielen. Ihr könnt dabei alle Krankenhäuser des Spiels als Layout nehmen und die Rahmenbedingungen nach eigenen Wünschen anpassen. Ihr bestimmt das Set an Krankheiten und legt sogar auf Wunsch den Multiplikator für Besucher oder Einkommen fest. Auch ob ihr Räume erst erforschen müsst oder von Beginn an zur Verfügung habt, dürft ihr selbst bestimmen.

Mehr optische Abwechslung bietet die Möglichkeit, die Kleidung des Personals anzupassen und der Interior-Designer mit dem ihr Böden und Wände eurer Räume anpassen könnt. Passend dazu kam auch die Anbindung an den Steam Workshop. Über diesen gibt es Böden, Wände, Bilder und Teppiche aus der Community.

Darüber hinaus veröffentlichte Two Point Studios R.E.M.I.X-Versionen der ersten 6 Krankenhäusern mit völlig anderen Zielen und Rahmenbedingungen. Zwischendurch gab es auch immer wieder kostenlose neue Items und sogar eine deutsche Sprachausgabe, etwa für das Krankenhausradio und die Durchsagen. Lustiges Detail: Mit dabei ist auch die deutsche Synchronstimme von Dr. Cox aus der Krankenhausserie Scrubs – die Anfänger. Ich musste selbst zur Sicherheit aber nachschauen, ob ich richtig gehört habe, weil er einen weder mit „Flachzange“, noch einer reichhaltigen Auswahl Mädchennamen anspricht.

Das bieten die DLCs

Man kann nicht behaupten, dass es den Entwicklern an skurillen Ideen mangelt. Two Point County zeigte sich schon im Hauptspiel als eine sehr vielfältige Gegend. Mit den sechs großen DLCs wird diese Vielfalt noch weiter ausgeschöpft.

Das Bigfoot-DLC führt uns in abgelegene Schneeregionen, Pebberly Island dagegen auf eine tropische Insel um einem exzentrischen Millionär zu unterstützen. In Culture Shock retten wir dagegen die Kulturszene, in Close Encounters bekommen wir es mit außerirdischen zu tun, in Off The Grid müssen wir umweltfreundlich denken und A Stitch in Time schickt uns mal eben auf Zeitreise.

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Jedes DLC umfasst wie die Regionen des Hauptspiels jeweils 3 neue Krankenhäuser. Außerdem fügen die Erweiterungen jeweils über 30 neue Krankheiten hinzu, von denen aber nur 9-13 wirklich visuell an der Figur sichtbar sind. Dazu kommen jeweils 3 neue Behandlungsräume für die komplexeren Krankheiten.

Insgesamt ergibt das einen üppigen Umfang, der die 15 Krankenhäuser des Hauptspiels um weitere 18 Krankenhäuser und rund 200 Krankheiten erweitert – inklusive entsprechend neuer Gegenstände. Wer jedoch vom Hauptspiel schon leichte Ermüdungserscheinungen hat, bekommt mit den Erweiterungen nicht den größten Anreiz. Zwar haben die neuen Krankenhäuser teils einen sehr eigenen Twist, aber die generelle Gameplay-Loop ist die gleiche, wie auch schon im Hauptspiel. Für den Preis von 8,99 Euro pro DLC kann man aber sehr gut mal ein einzelnes DLC kaufen, wenn man wieder Lust auf das Spiel bekommt. Ansonsten rate ich hier auch zum nächsten Steam-Sale um bei den Erweiterungen zuzuschlagen.

 Die Mini-DLCs stehen dagegen in einem weniger guten Preis-Leistungsverhältnis. Zusätzliche Items oder Kostüme lohnen sich nur, wenn ihr wirklich genau diese Items unbedingt in euren Krankenhäusern wollt oder das kleine Studio einfach zusätzlich unterstützen wollt.

Fazit – Two Point Hospital bringt endlich wieder Spaß ins Krankenhaus

Krankenhausbesuche sind eigentlich selten angenehm. Auch Corona hat nicht unbedingt dafür gesorgt, dass wir uns gerne mit dem Thema umgeben. Gerade deswegen ist Two Point Hospital aber so schön. Wie damals Theme Hospital, nimmt es mit seinen absurden Krankheiten und der Comicgrafik die Ernsthaftigkeit aus dem Thema. Dazu tragen auch die lustigen Durchsagen und das Krankenhausradio bei.

Trotzdem verbirgt sich dahinter auch eine tolle Simulation. Da es ohne Mod jedoch keine einstellbare Schwierigkeit gibt, werden Sim-Veteranen hier kaum an ihre Grenzen kommen. Im Endgame ist es vor allem die Wechselwirkung zwischen Allgemeinmedizin und Diagnoseräumen, die euch ziemlich rotieren lässt, aber so schnell auch kein „Jetzt läuft alles, ich hab nichts mehr zu tun“-Gefühl aufkommen lässt. Zumindest im Sandbox-Modus haben wir dann aber doch ein paar Stellschrauben, um uns das Spiel anzupassen.

Wer generell Aufbausimulationen mag, oder noch besser Fan vom alten Theme Hospital war, kann ich Two Point Hospital wärmstens ans Herz legen. Es hat zwar seine Schwächen in der Wiederholung des immergleichen Ablaufs, aber es ist auch ein Spiel, in dem neben dem Humor auch ganz viel Liebe steckt. Das merkt man auch in den Verbesserungen, die Stück für Stück ins Spiel gefunden haben. 

Wer mit dem Genre bislang wenig Berührung hatte, sollte sich zumindest ein paar Videos auf YouTube anschauen, um sich dann zu entscheiden. Vom Schwierigkeitsgrad bietet Two Point Hospital jedenfalls einen guten Einstiegspunkt.

Das Internet ist sein Zuhause, die Gaming-Welt sein Wohnzimmer. Der Multifunktions-Nerd machte eine Ausbildung zum Programmierer, schreibt nun aber lieber Artikel als Code.


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